Der Ludwigsburger Gemeinderat hat eine Empfehlung des zuständigen Ausschusses verworfen. Jetzt müssen die Kosten für die Sanierung auf 200 000 Euro gedeckelt werden.

Ludwigsburg - Hatte der Ludwigsburger Bauausschuss in der Vorwoche einer Sanierung des Kindergartens im Marstallcenter noch zugestimmt, so veranlassten CDU, FDP und Freie Wähler in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats eine Kehrtwende: Der Plan der Stadt, die Kita für 770 000 Euro energetisch zu sanieren, wurde abgeschmettert. Stattdessen beschloss eine Mehrheit die Deckelung der Kosten auf 200 000 Euro. Die Arbeiten sollen in einfachster Weise ausgeführt werden, denn in der Innenstadt soll in spätestens zehn Jahren nach einem Platz für einen Neubau gesucht werden.

 

Wertsteigernde Maßnahme

Der Kindergarten im Marstallcenter habe keine Zukunft, sagte der CDU-Sprecher Klaus Herrmann. Darum solle nur das Allernötigste gerichtet und „die Außenspielfläche aufgehübscht“ werden, um dort noch etwa zehn Jahre Kinder betreuen zu können. Der Platzbedarf in der Innenstadt aber wachse weiter, weshalb die Verwaltung im gleichen Zeitraum ein Konzept für einen Neubau entwickeln solle. Bernd Kirnbauer (FW) tat die Pläne des Fachbereichs Hochbau und Gebäudewirtschaft als „Luxussanierung“ ab. Der Kindergarten sei nicht zukunftsfähig, dennoch wolle die Stadt dort einen Betrag investieren, der sich nach seiner Berechnung erst in 140 Jahren amortisiert habe. „Das ist nicht generationengerecht“, schimpfte er. „Wir sehen nicht ein, dass die Eigentümer nicht für die Sanierung zahlen sollen“, sagte Hans Ulrich Jordan (FDP). Zudem sei nicht einzusehen, dass diese Sanierung gerade jetzt in Angriff genommen werde.

Der Zeitpunkt sei günstig, denn die Kinder müssten für ein Jahr ausziehen, weil der Investor ECE die Ladenpassage darunter saniere, sagte der Baubürgermeister Michael Ilk. Der Großinvestor könne nicht an der Sanierung beteiligt werden, weil es sich um eine wertsteigernde Maßnahme handle. Er verwahrte sich gegen den Vorwurf, die Stadt plane einen Luxussanierung. Ilk wiederholte, dass die Suche nach einem Alternativstandort für einen Neubau erfolglos verlaufen sei. „Wir brauchen diesen Standort“ sagte auch der Erste Bürgermeister Konrad Seigfried. „Ich sehe keine Perspektive.“

„Stadt leidet an einem Dämm-Wahn“

Es sei inzwischen hinreichend bekannt, dass es keine Alternativflächen für eine Neubau gebe, sagte Eberhard Daferner (SPD), darum stimme seine Fraktion dem Verwaltungsvorschlag zu. „Wir verkennen die Problematik nicht“, sagte Daferner, „aber wir können auch nicht so tun, als hätten wir in zehn Jahren eine Fläche, die wir aber nicht haben werden.“ Es gehe um die Kinder und die Situation im Marstallcenter insgesamt. Das Konzept sei teuer, meinte die Grünen-Stadträtin Elfriede Steinwand, aber es sei ansprechend und nachhaltig.

Möglicherweise sitze die Stadt einem Dämm-Wahn auf, mutmaßte Kirnbauer und zog die Kostenschätzungen der Verwaltung in Zweifel. Doch die stellvertretende Hochbauamtsleiterin Gabriele Barnert versicherte, für eine Sanierung sei auch in abgespeckter Version mindestens eine halbe Million Euro nötig. Monika Schittenhelm (SPD) fand es „total schade“, dass die Mehrheit für die Sanierung bröckele. „Man lügt sich in die Tasche, wenn man sagt, man hätte in zehn Jahren einen Neubau.“

Augenwischerei

Kommentar - Seit die Sanierung der Kita im Marstallcenter im Dezember auf die Tagesordnung kam, grummelt es in Ludwigsburg. Die Stadt muss viel Geld ausgeben, weil sich sowohl der Großinvestor ECE als auch die Wohnungseigentümer wegducken. Das schmerzt natürlich. Wie schwer sich Verwaltung und Gemeinderat mit dem Projekt tun, zeigt allein das Hin und Her der letzten Tage. Drei verschiedene Gremien haben innerhalb einer Woche darüber beraten – und sind jedes Mal zu einem anderen Schluss gekommen.

Was allerdings nun aus vorgeblicher Rücksicht auf den Geldbeutel der Bürger entschieden wurde, ist nichts als Augenwischerei. Am Ende wird das Projekt die Steuerzahler nur noch teurer kommen. 200 000 Euro sind für Nichtstun zu viel, aber selbst für eine einfache Sanierung zu wenig. Was da beschlossen wurde, entbehrt jeglicher Grundlage. Nach diesem vermeintlichen Kompromiss weiß nun erst recht niemand mehr, wie es mit der Marstall-Kita weitergehen soll.

Man kann es stur nennen, wenn Stadträte sich den Argumenten der Gegenseite verschließen – im Fall der Marstall-Kita aber ist auch Unehrlichkeit im Spiel. Zu behaupten, es gebe in der City genug Platz für einen neuen Kindergarten, kostet ja nichts, solange man nicht den Beweis antreten muss. Mit der Forderung, dass gefälligst die Investoren die Zeche zahlen sollen, lässt sich vortrefflich Empörung schüren. Aber es ist auch unverantwortlich, weil man einer Lösung des Problems keinen Deut näher gekommen ist. Mit diesem Beschluss haben die Stadträte der Wiederbelebung des Marstallcenters und der Unteren Stadt einen Bärendienst erwiesen.