Es ist schon erstaunlich, mit welch einer Vehemenz die Behörden in dem Fall des jungen Tortenwerfers vorgehen. Beim Verfahren gegen den 20-Jährigen glich das Amtsgericht Öhringen einem Hochsicherheitstrakt, in den nur hineinkam, wer sich akribisch filzen und abtasten sowie persönliche Gegenstände von Justizbeamten verwahren ließ.

 

Auch die Staatsanwaltschaft setzt offenbar auf eine harte Hand. Schon die Anklage selbst mit vier teils heftigen Tatvorwürfen, darunter Körperverletzung und Nötigung, erscheint übertrieben in Anbetracht eines Stücks Sahnetorte auf dem Anzug des Innenministers. Sicherlich ist solch eine Attacke nicht die feine Art, seine politischen Ansichten zu kommunizieren. Es wäre auch durchaus nachvollziehbar, wenn sich Reinhold Gall dadurch angegriffen fühlte. Aber der Innenminister twitterte nach dem Vorfall eher Humorvolles in die Welt und stellte noch nicht einmal Strafanzeige.

Umso unverständlicher ist die Verbissenheit, mit der die Staatsanwaltschaft diesen Fall verfolgt – und nun mit der Berufung gegen das Öhringer Urteil noch weiter vorantreibt. Auch bei den Ermittlungen für diese Anklage wurde anscheinend nichts unversucht gelassen: Offenbar waren zig Behörden involviert, vom Landeskriminalamt bis hin zum Verfassungsschutz.

Das mag zwar der Tatsache geschuldet sein, dass der Tortenwurf einem Minister galt. Doch es ist ein kurioser Nebenaspekt, dass ausgerechnet bei dem Thema, für das der Tortenwerfer sensibilisieren wollte – die Aufklärung der Verstrickungen des Südwestens in die Machenschaften des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) – bislang nichts von einer solch akribischen Sorgfalt zu erkennen war.

Verteidigung erwägt ebenfalls Berufung

Allerdings halte er die Verurteilung für die fahrlässige Körperverletzung nicht für sehr plausibel, so Heiming. Denn ihm leuchte nicht ein, warum sein Mandant dafür bestraft werden solle, dass der Personenschützer sich ungeschickt bewegt habe. Deshalb werde er vermutlich ebenfalls Berufung einlegen. Der Personenschützer hatte sich nach eigenen Angaben beim Aufspringen von seinem Platz kurz nach dem Tortenwurf am Stativ eines Lautsprechers das Schienbein aufgekratzt.

Der 20-jährige Angeklagte hatte im Februar bei einer Tagung zum Thema Rechtsterrorismus in Ludwigsburg eine Himbeer-Sahne-Torte auf den Innenminister Gall geworfen. Damit wollte der junge Mann, der offenbar der linken Szene in Heilbronn zuzurechnen ist, auf die Verstrickungen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) hinweisen und gegen die seiner Meinung nach unzureichenden Aufklärungsbemühungen des Landes protestieren. Gegen einen Strafbefehl über 2000 Euro hatte der Angeklagte Widerspruch eingelegt, deshalb kam die Sache vor Gericht.

Die Verhandlung vor dem Öhringer Amtsgericht wurde von einem massiven Polizeiaufgebot und strengen Sicherheitsvorkehrungen begleitet. Schon vor Prozessbeginn hatten sich etwa 20 Demonstranten verschiedener antifaschistischer Gruppen aus Heilbronn vor dem Gericht eingefunden und ihre Solidarität für den Angeklagten bekundet.

Kommentar: Unverhältnismäßig

Es ist schon erstaunlich, mit welch einer Vehemenz die Behörden in dem Fall des jungen Tortenwerfers vorgehen. Beim Verfahren gegen den 20-Jährigen glich das Amtsgericht Öhringen einem Hochsicherheitstrakt, in den nur hineinkam, wer sich akribisch filzen und abtasten sowie persönliche Gegenstände von Justizbeamten verwahren ließ.

Auch die Staatsanwaltschaft setzt offenbar auf eine harte Hand. Schon die Anklage selbst mit vier teils heftigen Tatvorwürfen, darunter Körperverletzung und Nötigung, erscheint übertrieben in Anbetracht eines Stücks Sahnetorte auf dem Anzug des Innenministers. Sicherlich ist solch eine Attacke nicht die feine Art, seine politischen Ansichten zu kommunizieren. Es wäre auch durchaus nachvollziehbar, wenn sich Reinhold Gall dadurch angegriffen fühlte. Aber der Innenminister twitterte nach dem Vorfall eher Humorvolles in die Welt und stellte noch nicht einmal Strafanzeige.

Umso unverständlicher ist die Verbissenheit, mit der die Staatsanwaltschaft diesen Fall verfolgt – und nun mit der Berufung gegen das Öhringer Urteil noch weiter vorantreibt. Auch bei den Ermittlungen für diese Anklage wurde anscheinend nichts unversucht gelassen: Offenbar waren zig Behörden involviert, vom Landeskriminalamt bis hin zum Verfassungsschutz.

Das mag zwar der Tatsache geschuldet sein, dass der Tortenwurf einem Minister galt. Doch es ist ein kurioser Nebenaspekt, dass ausgerechnet bei dem Thema, für das der Tortenwerfer sensibilisieren wollte – die Aufklärung der Verstrickungen des Südwestens in die Machenschaften des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) – bislang nichts von einer solch akribischen Sorgfalt zu erkennen war.