An Ostern wird die erneuerte Orgel der evangelischen Stadtkirche in Ludwigsburg erstmals wieder gespielt. Der Umbau hat zwei Jahre gedauert – und 1,1 Millionen Euro gekostet.

Ludwigsburg - Mindestens eine halbe Stunde lang wird es dunkel sein im Gotteshaus, bis dann plötzlich das Licht aufgeht und mit ihm die Musik einsetzt.“ Dem Stadtkirchenpfarrer Wolfgang Baur steht die Szene vom großen Ostergottesdienst schon sehr konkret vor Augen. Während allerdings der Teil mit dem Licht zur bekannten Osternachtsdramaturgie gehört, ruhen in diesem Jahr alle Erwartungen auf der Musik: Nach Jahren der Krise und Entbehrung soll an Ostern erstmals wieder die große Orgel erklingen. Ausnahmsweise wird sie dann auch einmal „hemmungslos laut“ gespielt werden.

 

„Halblebiges Instrument“

Einer, der ganz besonders auf diesen Tag hinfiebert, ist Martin Kaleschke. Der Musiker ist zwar schon seit 13 Jahren Kantor der Evangelischen Stadtkirche, aber er hat die Orgel nie voll ausspielen können. Erst sei es nur „ein halblebiges Instrument“ gewesen, dann sei sie zwei Jahre lang ganz weg gewesen. „Mit der kleinen Orgel, die wir in dieser Zeit als Ersatz hatten, kann man gerade mal 20 Leute führen, für 300 Personen braucht man eine große Orgel“, sagt Kaleschke. Genau dafür sei das riesige Kircheninstrument einmal erfunden worden.

Im Februar 2013 war die Stadtkirchenorgel komplett zerlegt und zur Orgelbaufirma Johannes Klais nach Bonn transportiert worden. Dort wurde alles, was von den Windwerken, Registern, Pfeifen oder Zierelementen erhaltenswert schien, repariert, Schadhaftes ersetzt und Fehlendes wieder hergestellt. Im vergangenen September kamen alle Teile auf zwei 40-Tonnern wieder zurück nach Ludwigsburg. Der ursprüngliche Plan sah vor, dass die Orgel bis Weihnachten spielbar sein würde, doch der Wiederaufbau dauerte sehr viel länger.

Die Gläubigen würden an Ostern ein hervorragendes Instrument hören, sie sollten es aber nicht als historisch in allen Teilen betrachten, sagt Kantor Kaleschke. Eine komplette Sanierung sei schon deshalb nicht möglich gewesen, weil das Instrument bereits im 19. Jahrhundert und auch noch Anfang des 20. Jahrhunderts immer wieder umgebaut worden sei. Allerdings habe man sich darauf geeinigt, dass es eine romantische Klangfarbe erhält – ganz so wie das Gros der Orgeln in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Allerdings angereichert um einige charakteristische Nuancen aus anderen Ländern und Epochen.

Engagierte Spendensammler

Den musikalischen Entbehrungen des Kantors steht ein „Spendenmarathon“ der Gemeinde gegenüber, sagt Pfarrer Baur. Seit 2003 sei es gelungen, praktisch Jahr für Jahr 100 000 Euro einzutreiben. Mit Benefizveranstaltungen, 24-Stunden-Aktionen, Patenschaften, der Unterstützung von Stiftungen und dem Engagement vieler kleiner Einzelspender. Albert Sting habe als Vorsitzender des Fördervereins Stadtkirchenorgel einen wesentlichen Anteil am Erfolg der vielfältigen Aktionen, sagt Baur. Insgesamt kostet die Wiederherstellung 1,1 Millionen Euro; noch ist ein Betrag von etwas mehr als 100 000 Euro offen.

Mit dieser von Walcker gebauten Orgel werde ein Stück Ludwigsburger Geschichte dokumentiert, sagt der Dekan Winfried Speck. Das Instrument runde das Gesamtbild in der ebenfalls wiederhergestellten und jetzt sehr hellen Stadtkirche ab.

Liturgie und Konzerte

Gottesdienst
Die Premiere ist liturgisch: Die Orgel ertönt erstmals wieder in der Osternacht (4. April) und im Festgottesdienst am 5. April, um 10 Uhr, an dem auch Bischof July teilnimmt.

Termine
Im April gibt es eine Reihe von vier Festkonzerten. Den Anfang macht Professor Bernhard Haas am 5. April um 18 Uhr. An den drei darauffolgenden Sonntagen wird der Konzertreigen jeweils um 18 Uhr fortgesetzt.