Die geänderten Pläne der Immovation-AG für die Revitalisierung der historischen Gebäudezeile vor dem Ludwigsburger Schloss stoßen auf heftige Kritik. Die Architektenkammer schlägt der Stadt gar einen Rückkauf des Areals vor

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Es ist nicht lange her, da knallten im Ludwigsburger Rathaus die Sektkorken. Nach langer Suche hatte die Stadt Ende 2013 endlich einen Investor für die marode Gebäudezeile direkt vor dem Residenzschloss gefunden: die Immovation-Immobilien-AG aus Kassel. Das Unternehmen ist unter anderem für die Revitalisierung des Kornwestheimer Salamander-Areals verantwortlich, und deshalb waren alle überzeugt: Die historische Häuserzeile an der Schlossstraße ist in guten Händen.

 

Die Euphorie ist verflogen. Sehr deutlich hat die Ludwigsburger Architektenkammer jetzt die Immovation-AG kritisiert – und der Stadt gar vorgeschlagen, das Grundstück zurückzukaufen. Die Architekten bemängeln, das Unternehmen sei weit von den ersten Plänen abgewichen, um „die Wirtschaftlichkeit weiter zu optimieren“.

Das erste Kaffeehaus der Stadt

Wohnungen, Büros und Läden sollen auf dem 4000 Quadratmeter großen Areal entstehen, das Ensemble besteht aus drei Gebäuden mit Innenhöfen. Der Grafenbau ist ein 1724 errichtetes Rokokopalais, daneben steht der 1719 fertig gestellte Gesandtenbau. Die Kritik der Kammer fokussiert sich vor allem auf das dritte Haus, das ehemalige Hotel Schlosshof – dort hatte der Italiener Lazaro 1722 das erste Kaffeehaus in Ludwigsburg eröffnet.

Das Gebäude steht nicht unter Denkmalschutz, und dennoch hatte Immovation einst angekündigt, die Substanz behutsam zu rekonstruieren. Das Unternehmen hatte dafür eigens einen Ideenwettbewerb ausgelobt. Und der Gewinnerentwurf sei überzeugend gewesen, sagt der Vorstand der Architektenkammer. Die Preisträger seien „auf subtile Art“ mit dem Schlosshof umgegangen, um dem „historisch schönen Haus“den ursprünglichen Wert zurückzugeben. „Ludwigsburg hat in den vergangenen Jahren viel historische Bausubstanz verloren. Dieses Projekt hätte beispielgebend für die Stadt sein können.“

Doch kürzlich stellte die Immovation-AG im Ludwigsburger Gestaltungsbeirat aktuelle Pläne vor, und von dem Preisträgerentwurf ist nur noch wenig übrig. Vorgesehen ist nun offenbar, nur die Fassade des Schlosshofs stehen zu lassen, den hinteren Gebäudeteil abzureißen und neu zu bauen. Von der Idee, dort wieder ein Kaffeehaus unterzubringen, ist man ebenfalls abgerückt. Zudem ist wohl geplant, auf dem gesamtem Areal noch mehr Wohnungen zu bauen. Städtebaulich fragwürdig sei diese Nachverdichtung, klagt die Architektenkammer. „Wir drängen darauf, dass der Wettbewerbsentwurf umgesetzt wird.“

Die Stadt will die Wogen glätten

Die Immovation selbst äußert sich zurückhaltend. „Wir nehmen die Kritik zur Kenntnis“, heißt es aus Kassel. „Der Bewahrung und sensiblen Weiterentwicklung des barocken Stadtbildes messen wir große Bedeutung zu.“ Allerdings sei es für eine abschließende Beurteilung viel zu früh. Die weitere Entwicklung werde mit dem Gestaltungsbeirat sowie der Stadtverwaltung abgestimmt. Noch seien keine Entscheidungen gefallen, alle Äußerungen hätten daher „rein spekulativen Charakter“.

Auch das Rathaus versucht, die Wogen zu glätten. Ein Rückkauf stehe nicht zur Diskussion, betont Martin Kurt, der Leiter des Planungsamts. Man sei mit dem Unternehmen auf einem guten Weg, und dank der Einbindung des Gestaltungsbeirats sei gewährleistet, dass „da Qualität entsteht“. Aber auch bei Kurt lässt sich heraushören, dass es Reibungspunkte gibt. Natürlich könne man überrascht sein, wenn ein Unternehmen von einem Wettbewerbsergebnis abweiche. „Aber das ändert nichts. Es handelt sich um ein privates Vorhaben, und wir haben nichts in der Hand, um den Preisträgerentwurf durchzusetzen.“

Ursprünglich wollte die Immovation-AG in diesem Jahr mit den Bauarbeiten beginnen. Ob dieser Zeitplan gehalten werden kann, ist derzeit unklar.