Händeringend hat die Regionale Kliniken Holding nach Fachkräften gesucht. In Spanien wurde man im Sommer fündig. Am Donnerstag treten die neuen Pfleger ihren Dienst an – zuerst in einem Deutschkurs.

Ludwigsburg - Das „cordial bienvenida“ zur herzlichen Begrüßung ist den 30 jungen Spaniern vertraut. Heute werden sie wohl mit einem Grüß Gott beim Sprachkurs willkommen geheißen. Alle sind sie examinierte Fachpflegekräfte und haben in ihrer Heimat Intensivpatienten gepflegt oder bei Operationen assistiert. Trotzdem müssen sie bis zum nächsten Frühjahr noch einmal die Schulbank drücken und Deutsch lernen.

 

An sechs Tagen pro Woche werden sie sechshundert Unterrichtseinheiten pauken – um am Ende, das ist das Ziel, die Niveaustufe B 2 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprache (GER) zu erreichen. Dann wird von ihnen erwartet, dass sie fließend Deutsch sprechen und das medizinische Spezialvokabular sicher beherrschen. Parallel dazu sollen sie von Januar an tageweise im Klinikum mitarbeiten. Im März soll dann beantragt werden, dass die spanischen Examen anerkannt werden. Dann könnten die iberischen Krankenpfleger in den regulären Klinikbetrieb einsteigen.

30 Spanier werden auf vier Standorte verteilt

Elisa Vièitez Costa (32) und ihr Partner David Garcia Jimènez (35) zum Beispiel. Sie gehören zu den 30 Spaniern, die künftig an vier Standorten der Regionalen Kliniken Holding GmbH (RKH) in Ludwigsburg, Bietigheim, Neuenbürg (Enzkreis) sowie Bruchsal (Kreis Karlsruhe) eingesetzt werden sollen. Das Paar, das zuvor noch nie in Deutschland war, hat sich entschlossen, hier ein neues Leben aufzubauen, obwohl sie Arbeit hatten, obwohl sie eigenen Angaben zufolge zuhause nicht wesentlich schlechter verdient hätten und trotz des Häuschens, das sie sich im Nordwesten Spaniens an der Grenze zu Portugal gekauft haben. „Wir suchen eine bessere Zukunft für unser Leben“, sagt Jimènez. Besser, das bedeutet für die beiden vor allem: sicherer.

Und die anhaltenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten lassen für die iberische Halbinsel eben eine eher unsichere Zukunft erwarten.

Vor allem in der Intensivpflege und im OP-Bereich suchen die Krankenhäuser bundesweit dringend nach Fachkräften. Die RKH entschloss sich schließlich, die Suche auszuweiten. Im September war der Personalleiter der RKH, Wolfgang Stahl, zusammen mit Klaus Pachl, dem Pflegedienstleiter OP/Anästhesie/Intensiv, nach Spanien geflogen. In Madrid, in Valencia und in Malaga führten sie während einer knappen Woche etwa 60 Vorstellungsgespräche; einige der jungen Leute waren gar eigens von Teneriffa aus aufs Festland geflogen. Insgesamt waren 100 Bewerbungen auf die RKH-Annoncen in Spanien eingegangen.

Zunächst bekommen sie 1500 Euro brutto

Wenn alles nach Plan läuft, sind mit den spanischen Fachkräften die Lücken im Intensiv- und im OP-Bereich gestopft. Dann bekommen sie ein Tarifgehalt. Bis dahin erhalten sie 1500 Euro brutto pro Monat, von denen sie ihre Unterkunft in den Wohnheimen und ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen.

Die RKH ist nicht der erste Klinikverbund, der im Ausland wirbt. Die Uniklinik Erlangen hat im Juli spanische Helfer eingestellt. Der Klinikverbund Südwest, zu dem unter anderem die Krankenhäuser in Sindelfingen-Böblingen, Herrenberg und Leonberg gehören, hat im Juni 21 Fachkräfte aus Süditalien und Portugal angestellt.

Göppingen rekrutieren ihr Personal selbst

Die Rems-Murr-Kliniken gehen nach Angaben ihrer Sprecherin Valerie Müller im November in Neapel auf die Suche nach Intensivpflegern. Die Alb-Fils-Kliniken in Göppingen sind zwar nach Angaben ihres Geschäftsführers Jörg Martin ständig auf der Suche nach Fachkräften für die Operationsäle oder die Intensivstationen. Da die Göppinger aber die zweijährige Fachweiterbildung für den OP- und Anästhesiebereich anbieten, habe man bisher darüber Personal rekrutieren können.

Elisa Viètez Costa und David Garcia Jimènez sollen später die Ludwigsburger Operateure unterstützen. Bis es soweit ist, haben sie noch einiges vor sich an deutscher Bürokratie und an deutschen Vokabeln. Und sie werden erfahren, ob die Deutschen wirklich so geradlinig, so distanziert, so verantwortungsbewusst und verlässlich sind, wie man bei ihnen daheim glaubt.