Statt eines Beschlusses gab es Verwirrung und heftige Diskussionen im Sozialausschuss am Mittwoch. Das Gremium ist unzufrieden mit den Plänen der Stadt zur Schulsozialarbeit.

Ludwigsburg - Ludwigsburg ist hintendran. Die meisten umliegenden Kommunen haben an ihren Gymnasien bereits Schulsozialarbeit etabliert, an den anderen weiterführenden Schulen sowieso. Doch in Ludwigsburg geht das Gezerre um die Schulsozialarbeit nun noch weiter: Statt eines Beschlusses über die künftige Verteilung der Hilfsangebote an den Schulen gab es in der Sitzung des Sozialausschusses am Mittwoch heftige Diskussionen. Insbesondere die Pläne für die Gymnasien wurden scharf kritisiert.

 

Bereits seit längerer Zeit fordern die drei Innenstadtgymnasien einen Sozialarbeiter für ihre Schulen. Seit die Grundschulempfehlung weggefallen ist, komme zunehmend schwieriges Klientel in ihre Einrichtungen, das Lehrpersonal stoße damit an seine Grenzen, so das Argument der Schulleiter. Doch mit dem Konzept der Stadt, das am Mittwoch vorgestellt wurde, sind weder die Schulleiter noch Eltern oder Stadträte zufrieden. Es sei unlogisch, ungerecht und ungenügend, so die Kritik.

Vorschlag der Stadt sorgt für Kritik

Die Stadtverwaltung hatte vorgeschlagen, statt bisher zehn künftig insgesamt zwölf volle Stellen Schulsozialarbeit einzurichten, diese aber anders zu verteilen als bisher. So soll künftig jede Grundschule unabhängig von ihrer Größe oder Konstellation eine halbe Stelle Schulsozialarbeit erhalten. Der Förderschule, dem finalen Standort der Werkrealschule und der künftigen Gemeinschaftsschule werden jeweils eine Vollzeitstelle zugeschrieben. Schulzentren, also das Bildungszentrum West und der Innenstadt-Campus, erhalten hingegen nur insgesamt eine volle Stelle.

Vor allem Letzteres sorgte für heftige Kritik – insbesondere bei den Freien Wählern. Die Fraktion stellte den Antrag, insgesamt 1,5 Stellen an den Innenstadt-Gymnasien – eine halbe für jede Schule – von Januar 2015 an einzurichten. Das hatten die Leiter der drei Gymnasien beantragt – und damit die Haltung der Stadt konterkariert, ein Schul-Campus gelte in jeglicher Hinsicht als Einheit. „Es gibt Bereiche, die kann man teilen, andere nicht“, sagt Wolfgang Medinger, Leiter des Goethe-Gymnasiums. Schulsozialarbeit gehöre nicht dazu, denn bei dieser gehe es darum, dass die Schüler eine Vertrauensbeziehung zum Sozialarbeiter aufbauen könnten. Das sei seiner Ansicht nach aber nur möglich, wenn eine Person fest für eine Schule zuständig sei.

Eigentlich sollte an jeder Schule eine volle Stelle Schulsozialarbeit verankert sein, befand Gabriele Moersch (Freie Wähler). Schließlich sei es unumstritten, dass diese Hilfe eine sehr nachhaltige, sinnvolle Arbeit sein. „Es kann ja wohl nicht wahr sein, dass das nur fiskalisch betrachtet wird“, schimpfte Moersch in Richtung Sozialbürgermeister Konrad Seigfried. Der hatte mehrfach betont, dass mehr Sozialarbeit an einer Schule zu weniger an einer anderen führe, weil die Sache sonst zu teuer werde. Ihre Fraktion werde dann eben ein Konzept zur Gegenfinanzierung ihrer Forderung erstellen, kündigte Moersch an.

Auch der Zeitplan passt den Stadträten nicht

Oliver Kube (Linke) betonte, die Richtung der Verwaltung sei richtig, aber auch seine Partei fordere eigentlich eine volle Stelle für jede Schule. „Aber ich fände es fatal, eine Schule gegen die andere auszuspielen“, kommentierte er die Rechnungen von Seigfried. Elfriede Steinwand, selbst Sozialarbeiterin, mahnte, dass zu wenig Personal schnell dazu führen könne, dass nur noch interveniert werden könne: „Prävention kommt dann zu kurz.“ Zudem seien halbe Stellen angesichts der geforderten umfassenden Dokumentation ohnehin schwierig: „Man soll ja auch noch am Kind arbeiten“, so Steinwand. Der Sonderschullehrer Johann Heer (FDP) hingegen glaubt, die Gymnasien hätten alle ähnliche Probleme, daher reiche eine gemeinsame Stelle.

Greifen soll das neue Konzept vom Schuljahr 2015/2016 an. Doch auch das passte den meisten Räten nicht: „Die Dringlichkeit ist unumstritten“, betonte Gabriele Moersch. Damit sprach sie Wolfgang Medinger aus dem Herzen: „Wir wollen die Schulsozialarbeit unbedingt zum Jahresbeginn.“ Es gebe keinen Grund, bis zum Herbst zu warten, die Situation werde bis dahin kaum anders, so der Schulleiter.

Angesichts der massiven Widerstände gegen die Vorschläge der Verwaltung – offenbar hatte auch die Osterholzschule vom Bildungszentrum West noch vor der Sitzung eine zusätzliche Stelle gefordert – hatte Bürgermeister Seigfried schon zu Beginn der Diskussion kundgetan, dass er doch keinen Beschluss in der Sitzung anstrebe. Die Zeit sei noch nicht reif. Immerhin seien nun die Forderungen klar, diese seien bislang eher schwammig kommuniziert worden. Bis zur nächsten Sitzung werde die Stadt nun die Anregungen der Räte prüfen, erst dann werde abgestimmt.

Die Nachbarn sind schon weiter

Vollversorgung:
In Bietigheim-Bissingen wurde schon vor einigen Jahren beschlossen, an allen Schulen jeweils eine volle Stelle Schulsozialarbeit einzurichten – auch an den Gymnasien. Lediglich an der Förderschule gebe es nur eine halbe Stelle, weil die Einrichtung sehr klein sei, berichtet Anette Hochmuth, Sprecherin der Stadt. Das Angebot lohne sich: „Es ist sehr wichtig und wird an allen Schulen dringend benötigt“, so Hochmuth.

Zuwachs:
In Vaihingen/Enz ist seit Jahren Schulsozialarbeit an allen weiterführenden Schulen etabliert. Derzeit wird über die Einführung des Angebots an den Grundschulen diskutiert. In Ditzingen wurde jüngst die Schulsozialarbeit am Schulzentrum Glemsaue auf zwei Vollzeitstellen aufgestockt. Der Rektor des Gymnasiums hatte das im Hinblick auf zunehmend schwierige Situationen gefordert.