Die südliche Umgehungsstraße bei Renningen würde den Verkehr in der Innenstadt kaum entlasten. Davon hängt allerdings ab, wer welche Kosten übernimmt – und ob das Projekt überhaupt realisiert wird.

Renningen - Das Projekt Südrandstraße bei Renningen „verschiebt sich immer weiter in die Zukunft“, bedauert die Fraktion der Freien Wähler im Kreistag. Sie hat deshalb vor einiger Zeit den Antrag gestellt, aufzuzeigen, wann und in welchen Schritten die neue Straße realisiert werden kann.

 

Die Stellungnahme vom Landratsamt fällt ernüchternd aus. Einige Renninger Politiker im Gemeinderat betrachten das Projekt ohnehin kritisch oder sogar als überflüssig. Nach aktueller Schätzung kommt das Gesamtprojekt etwa auf 12,6 Millionen Euro.

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Nach Auskunft des Landratsamts ist inzwischen fraglich, ob die südliche Umgehungsstraße, die vom Kindelberg in Richtung Warmbronn führen soll, die Renninger Innenstadt so stark entlasten würde, wie erhofft. Das geht aus einem beauftragten Verkehrsgutachten der Firma Modus Consult hervor. Nicht nur deshalb ist weiterhin unklar, wer bei dem Projekt die Kosten zu welchen Teilen tragen müsste. Und die Realisierung des Projekts hängt stark davon ab, wer die Kosten übernimmt.

Es fehlt noch ein Verkehrsgutachten

Doch wie entscheidet sich, wer was bezahlt? Das ist je nach Streckenabschnitt unterschiedlich. Die Kosten für eine nötige Ertüchtigung der Kreisstraße 1008 zwischen Warmbronn und Renningen (2,8 Millionen Euro) müsste der Kreis finanzieren.

Dafür geht das Landratsamt davon aus, dass den Abschnitt der Südrandstraße zwischen der Magstadter Straße und der Kreisstraße (3,8 Millionen Euro) zu großen Teilen der Bund bezahlen würde. Bei Stadt und Kreis verblieben zusammengenommen rund 300 000 Euro. Voraussetzung für die Kostenübernahme des Bundes ist allerdings, dass ein Verkehrsgutachten die Wirksamkeit dieser Verbindung nachweist. Ein solches liegt noch nicht vor.

Westlicher Abschnitt könnte günstiger werden

Ähnliche Schwierigkeiten bestehen im Hinblick auf den westlichen Abschnitt der Südrandstraße – zwischen der Magstadter Straße und dem Einkaufszentrum Süd. Dieser könnte immerhin um einiges günstiger werden als gedacht. Denn für die Querung der Bahnstrecke Maichingen-Renningen wird inzwischen statt der aufwendigen Unterführung auch eine überirdische Lösung untersucht.

Mit einer Brückenlösung käme dieser Teil der Südrandstraße nur auf rund sechs Millionen statt auf 9,7 Millionen Euro. Die Hälfte davon könnte über das Land förderfähig sein, damit blieben 300 000 Euro beim Landkreis, 2,7 Millionen Euro müsste die Stadt Renningen tragen.

Im Moment jedoch schätzt der Kreis die innerörtliche Entlastungswirkung der Südrandstraße als zu gering ein, um überhaupt förderfähig zu sein. Laut dem Gutachten von Modus Consult würde diese neue Verbindung die Renninger Innenstadt um maximal 900 Fahrzeuge pro Tag entlasten.

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Das Fazit der Kreisverwaltung lautet daher, dass jede endgültige Planung erst dann sinnvoll sei, wenn die Kostenfrage geklärt ist. Entsprechende Untersuchungen wurden vom Regierungspräsidium beauftragt. „Erst danach ist es möglich, den Umsetzungszeitraum und den Umsetzungsumfang festzulegen“, heißt es von der Kreisverwaltung.

Gemeinderäte sehen Ausbau kritisch

Besonders der Renninger Bürgermeister Wolfgang Faißt (Freie Wähler) bedauert die Verzögerungen. Wie viele andere hatte er sich erhofft, dass die fertige Südrandstraße die Stadt während der Großbaustelle des Lückenschlusses verkehrlich entlasten würde.

„Wenn sich das noch weiter verzögert, werden wir als Verwaltung dem Gemeinderat vorschlagen, das Projekt zurückzustellen, denn dann haben wir irgendwann keinen Vorteil mehr davon“, so Faißt. „Langfristig werden wir die komplette Südrandstraße brauchen. Aber bei dieser Verzögerung würde ich bei der Stadt vorerst andere Prioritäten sehen.“

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Ohnehin sind aus dem Gemeinderat seit längerem kritische Stimmen bezüglich der Südrandstraße zu hören, da ihr Bau in direktem Zusammenhang mit einem neuen Gewerbegebiet steht, das entlang der neuen Straße entstehen könnte.

Viele Räte, vor allem von den Freien Wählern und der SPD, lehnen eine zeitnahe Umsetzung dieses Gewerbegebiets ab. Jan Hambach, Mitglied im Kreistag und im Gemeinderat für die SPD, erklärt: „Ich habe im Ausschuss klargemacht, dass ich die Südrandstraße für nicht notwendig erachte.“

Zum einen sei fraglich, ob die im Süden geplanten Wohn- und Gewerbegebiete in den nächsten Jahren überhaupt kommen. „Zum anderen ist auch die Sessler-Mühle nicht mehr da, deren Erreichbarkeit ein Argument für die Straße war.“

Die Zahlen des Landratsamts zeigten, dass die Verkehrsentlastung für die Stadt sehr gering wäre. „Andererseits würde mit der Südrandstraße neuer Verkehr entstehen und Fläche versiegelt.“ Das Geld in Stadt und Landkreis sollte man daher lieber anders einsetzen. „Zumal Warmbronn über die B 295 in derselben Zeit zu erreichen ist.“

Südrandstraße kann Wohngebiet Kindelberg und Warmbronn verbinden

Lückenschluss
Die Südrandstraße bei Renningen ist ein Teilprojekt des Lückenschlusses der B 295 mit der B 464. Nach dessen Fertigstellung wird die Magstadter Straße in Renningen keine direkte Anbindung mehr an die B 295 haben. Dafür könnten mit der neuen Südrandstraße auf der einen Seite das Einkaufszentrum Renningen-Süd und das Wohngebiet Kindelberg mit der Magstadter Straße verbunden werden, auf der anderen Seite die Magstadter Straße mit der Kreisstraße nach Warmbronn.

Aufschub
Nachdem bekannt geworden war, dass der Lückenschluss erst umgesetzt wird, nachdem der Ausbau der Autobahn bei Böblingen und Sindelfingen abgeschlossen ist, äußerten viele Kreispolitiker den Wunsch, dass Teilprojekte des Lückenschlusses, die sich nicht auf die Bundesstraßen auswirken, in ihrer Umsetzung zeitlich vorgezogen werden. Im Kreishaushalt ist der Posten Südrandstraße zwischenzeitlich immer weiter nach hinten gewandert, aktuell bis ins Jahr 2024, was die Freien Wähler zu ihrem Antrag bewogen hat.