Wer mal in Lissabon urlaubt oder die Stadt bereits von Herzen liebt, kann sich Luis Sellanos ersten Krimi in den Koffer packen. Sein Schnüffler Henrik Falkner steuert verlässlich alle touristischen Höhepunkte an – häufig auf der Flucht vor bösen Buben.

Nachrichtenzentrale : Lukas Jenkner (loj)

Lissabon - Gelegentlich beschleicht ja den regelmäßigen Krimileser das Gefühl, dass sie in den Verlagen ab und an beisammen stehen, sich über eine Karte beugen und überlegen, für welche mondäne, geschichtsschwangere, aufregende oder sonstwie interessante Stadt es noch keine Krimireihe aus deutscher Feder gibt. Aus dem Heyne-Verlag kommt nun solch ein prototypischer Urlaubskrimi für die portugiesische Hauptstadt Lissabon. Der Autor Luis Sellano lebt eigentlich in Süddeutschland, der Name ist ein Pseudonym. Verfasst hat Sellano einen Krimi, der sich an alle richtet, die demnächst nach Lissabon reisen oder der Stadt bereits verfallen sind, wie es den meisten ergeht, die dort einmal gewesen sind.

 

Beim ehemaligen Polizisten Henrik Falkner ist es allerdings keineswegs Liebe auf den ersten Blick, als er die Erbschaft seines von der Familie geächteten Onkels beäugt: ein weitgehend heruntergekommenes, von eher zahlungsschwacher Klientel bewohntes Haus samt Antiquitätengeschäft. Bald entdeckt Falkner allerdings, dass hinter dem Chaos im angestaubten Antiquariat ein System steckt: offenbar hat sein Onkel über Jahre Hinweise und Spuren zu unaufgeklärten Verbrechen gesammelt. Falkners erster Treffer offenbart ein gruseliges Geheimnis, das sogleich böse Schergen auf den Plan ruft, und schneller als der Ex-Polizist „Bacalhau“ sagen kann, muss er um sein Leben fürchten.

Mischung aus „Wilsberg“ und „Mordkommission Istanbul“

Sellanos „Portugiesisches Erbe“ kommt mit allen Versatzstücken routinierter Krimikost daher: Henrik Falkner umweht ein tragisches Schicksal, das ihn empfänglich macht für die typische Lissaboner Mischung aus Schönheit, Verfall, Melancholie und Lebenslust. Die selbstbewussten Frauen, auf die Falkner trifft, sind ebenso schön wie charakterlich kantig und so temperamentvoll wie liebeshungrig. Verlässlich steuern die Protagonisten auf den gut 360 Seiten die wichtigsten Sehenswürdigkeiten an, angefangen beim Einkaufsviertel Baixa Pombalina über das Café a Brasileira, Lissabons berühmtestes Kaffeehaus, bis zum Castelo de São Jorge und zum Kloster São Vicente de Fora, um nur einige zu nennen. Falkner kostet seltsame portugiesische Spezialitäten und lauscht dem melancholischen Fado, dem berühmten Gesang.

Gekonnt verwebt Luis Sellano Personen, Handlung und Orte miteinander und erschafft einen Krimi, der wohlige Erinnerungen an eine der schönsten Städte Europas auslöst, insgesamt aber wenig Überraschungen bereit hält. „Er konnte hier etwas aufziehen. Antiquariat und Detektei, auch wenn sich das verdammt nach einem deutschen Fernsehkrimi anhörte“, denkt sich Henrik Falkner ziemlich genau in der Mitte des Krimis. Und genauso liest sich er sich auch: Wie eine Mischung aus „Wilsberg“ und „Mordkommission Istanbul“, angesiedelt in Lissabon.

Luis Sellano: „Portugiesisches Erbe. Ein Lissabon-Krimi“. Paperback, Heyne München 2016, 368 Seiten, 14,99 Euro, auch als E-Book, 11,99 Euro, und als Hörbuch, 21,95.