Luise Aschenbrenner in „Disko 76“ Tanz die Rebellion!

Luise Aschenbrenner als Doro in „Disko 76“ Foto: RTL

Die Schauspielerin Luise Aschenbrenner ist die Entdeckung in der RTL+-Serie „Disko 76“: Im Interview erklärt sie, wie Tanzen auch zur Befreiung der Frauen beigetragen hat – und verrät ihre Lieblings-Discohits aus den 1970er Jahren.

Freizeit & Unterhaltung : Gunther Reinhardt (gun)

Die TV-Serie „Disko 76“ (RTL+/Nitro) ist die Ruhrpottversion von „Saturday Night Fever“. Mittendrin: Luise Aschenbrenner, die als Doro auf der Tanzfläche dem tristen Alltag im Bochum der 1970er Jahre entflieht. Wir haben die großartige Schauspielerin zum Interview in Berlin getroffen.

 

Frau Aschenbrenner, wie ist Ihr Verhältnis zu den 1970er Jahren?

Natürlich hat man erst einmal die Musik und die Filme aus der Zeit im Kopf. Doch auch in Sachen Frauenrechte ist in den 1970ern viel passiert. Das fand ich spannend an meiner Rolle in der Serie. Doros Geschichte ist eine Befreiungsgeschichte. Durch das Tanzen und dadurch, dass sie mit ihrem Bruder eine Disco eröffnet, versucht sie vor allem einen Weg zu mehr Eigenständigkeit zu finden.

Luise Aschenbrenner mit Jannik Schümann Foto: RTL

In einer der ersten Szenen verliert Doro ihren Job im Kindergarten, weil ihr Mann Matthias ihr die Erlaubnis entzogen hat, arbeiten zu gehen.

Ja, in den 70ern mussten Frauen zum Beispiel auch noch ihren Mann fragen, ob sie einen Führerschein machen dürfen. Das hat man nicht so auf dem Schirm, wenn man an die 70er denkt, weil einem da eher die Musik und die Hippiezeit einfallen. Es gibt ja auch eine Szene, in der Matthias Doro schlägt. Wenn man bedenkt, dass Vergewaltigung in der Ehe erst seit 1997 strafbar ist, merkt man, was für einen langen Weg man da als Frau noch zurücklegen musste.

@rtlplus Wir haben lange genug darauf gewartet, dass diese Serie erscheint. Nun ist es endlich soweit: „Disko 76“, eine Serie über die wilden 70er Jahre im Ruhrpott und wie die erste Disko in Bochum eröffnet wird, ist jetzt auf RTL+ zu sehen. Es gibt noch so viel mehr über diese Serie zu erzählen, zum Beispiel wie ungerecht Frauen damals behandelt wurden, aber am besten schaut ihr selbst rein. #Disko76 #Fiction #Serie #Bochum #RTLPlus #RTLPW #GMGIWAHAFU #DiskoBochum ♬ Originalton - rtlplus

Und wie wichtig ist der Discosound für Doros Selbstbefreiung?

Ich glaube, dass es für junge Menschen immer eine Befreiung war, tanzen gehen zu können. Während Corona hat man ja gemerkt, wie sehr es der Jugend gefehlt hat, in Clubs zu gehen. Es hat etwas Befreiendes sich auszudrücken, zu tanzen. Zum Beispiel war damals schon in der Discoszene der Umgang mit Homosexualität unverkrampfter. Du durftest dich viel freier fühlen und einfach du selbst sein. Das ist ja genau das, was Doro sucht: dass sie mal nicht bewertet oder in Kategorien gesteckt wird. Ich glaube, dass die Disco-Szene damals den Ort geboten hat, an dem man vor den konservativen gesellschaftlichen Normen fliehen konnte.

Luise Aschenbrenner als Doro Foto: RTL

Würden Sie sagen knapp 40 Jahre später sind wir – vor allem, was die Rechte von Frauen angeht – viel weiter?

Es ist vieles besser geworden. Aber in einigen Aspekten haben wir immer noch einen weiten Weg vor uns. Zum Beispiel, wenn es um die gleiche Bezahlung von Männern und Frauen geht. In meinem Job würde ich mir zudem wünschen, dass noch mehr Frauen als bisher in aktiveren Positionen tätig sind, sowohl auf der Sender-Ebene als auch bei den Produktionen oder eben auch am Set hinter der Kamera. Daraus erhoffe ich mir vielschichtigere Frauenfiguren jenseits von alten Klischees und mehr weibliche Perspektiven im Film.

Unmittelbar vor „Disko 76“ haben Sie den Film „Luise“ gedreht, der während des Ersten Weltkriegs spielt.

Das war eine Herausforderung, aber auch ein Geschenk für mich. In „Luise““ habe ich eine ganz zurückgezogen lebende Bäuerin gespielt und musste Französisch und Elsässisch lernen. Und dann kam ich zu „Disko 76“ und musste Tanzen lernen. Ich komme zwar vom Theater, da behauptet man zu tanzen, aber ich hatte nie Tanzunterricht. Und diese Choreografien haben mir schon einiges abverlangt. Aber es war total genial, wieder ein Coaching zu bekommen und zu sagen: So, jetzt lerne ich halt mal 70er-Jahre-Tanz.

Ist das das Großartige an ihrem Beruf? Dass man sich innerhalb kürzester Zeit von einer Bäuerin aus den 1920er Jahren in einen Discoqueen in den 70er Jahren verwandeln darf?

Ja, für mein nächstes Kinoprojekt werde ich eine straffällige Person mit starkem Gewaltpotenzial spielen. Ich finde es wahnsinnig schön und bereichernd ständig in unterschiedliche Rollen schlüpfen zu dürfen.

Luise Aschenbrenner mit Jannik Schümann Foto: RTL

Der Soundtrack der Serie ist voller Hits aus den 1970ern. Gibt es einen Song, der Ihnen seither nicht mehr aus dem Kopf geht?

Ich habe mir damals eine Disco-Playlist gemacht, die ich die ganze Zeit gehört habe und die ich immer noch höre, weil ich die Songs einfach gerne mag. Außerdem habe ich über die Serie manchmal auch neue Songs entdeckt. Zum Beispiel „December, 1963“ von den Four Seasons, der in der ersten Folge vorkommt. Ich hatte den Song gar nicht so auf dem Schirm, aber der wird in der Szene so toll eingesetzt. Oder auch das Stück „Don‘t Leave Me This Way“, das in der Serie Julia Jendroßek singt. Das sind megacoole Songs.

Kann man aus „Disko 76“ trotz des 70er-Jahre-Kolorits etwas für das Hier und Jetzt lernen?

Die Serie erzählt ja in einem Momentausschnitt davon, wie Doro und ihre Geschwister erwachsen werden, sich emanzipieren und gegen alte Strukturen rebellieren. Zwar spielt die Geschichte in den 1970ern, aber diese Konflikte gibt es immer noch. Und man kann sehen, wie wichtig die Jugend ist, wenn es darum geht, unsere Zukunft zu gestalten. Damals ging es vielleicht mehr um Emanzipation, etwa wenn Doros Schwester sich vornimmt, die erste Pilotin zu werden. Und heute geht es vielleicht darum, etwas gegen die Klimakrise zu tun oder dem steigenden Rechtsruck keine Chance zu geben.

Luise Aschenbrenner und „Disko 76“

Person
 Die Schauspielerin Luise Aschenbrenner (28) stammt aus München und lebt in Dresden. Neben zahlreichen Theaterengagements spielte sie in einigen „Tatort“-Folgen mit, übernahm die Hauptrolle im Spielfilm „Luise“ und ist zurzeit im Kino in dem Kafka-Film „Die Herrlichkeit des Lebens“ zu sehen.

Serie
 Die Ufa-Fiction-Produktion „Disko 76“ ist ab Donnerstag, 28. März, auf der Streamingplattform RTL+ verfügbar und wird am Ostermontag beim Sender Nitro linear ausgestrahlt. Ab 20:15 Uhr werden dort alle sechs Folgen hintereinander gezeigt.

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