Mit einem wilden Mix aus Satire, Comedy, Musik, Radio und Video hat das Kollektiv Luksan Wunder am Samstag den Pavillon in Sindelfingen aufgemischt.
Sie stammen aus Berlin und treiben ihr Spiel mit allen Medien: In einer Parodie von Fernsehsendungen, Musikvideos, Werbung und Podcasts machen Luksan Wunder auf ihrem Youtube-Kanal das Internet und seit einigen Jahren auch die Bühnen unsicher. Die beiden Hauptautoren sind Sandro De Lorenzo Gardinal und Charlotte Hübsch, die 2015 den Videokanal ins Leben gerufen hatten und um die sich in wechselnder Formation andere Comedians gruppieren. Nach Sindelfingen sind sie nun mit Jan Geuer (Satire und Keyboard) und Martin Kölker (Tontechnik) gekommen.
Und das ist ihre Mission: „Wir wollen Dinge einfach machen und kommen aus dem Internet.“ Etwas einfacher zu machen ist dringend geboten, denn wie sie zur Begrüßung temporeich mit dem Song „Schon ’n bisschen weird“ beweisen, ist die Lebensrealität und mehr noch die mediale und potenzielle Wirklichkeit mit Leguanen als Haustieren und Hackern für hybride Kriegsführung vor dem Militärgericht reichlich verwirrend. Und mit Luksan Wunder wird es dann noch konfuser und abgedrehter.
Wenn die drei ihre Wundertüte öffnen, die prall mit Nonsens, Gags und schwarzem Humor gefüllt ist, sollte man am besten erst gar nicht versuchen, einen roten Faden zu finden. Ob es Radiosendungen des fiktiven Senders „WTFM 100, null“ für die „intellektuelle Elite“ sind oder das „Most Unsatisfying Video ever made“, ihre Auftritte sind kunterbunt und verfangen rasch beim Publikum. Das müssen sie auch, denn so schnell sie begonnen haben, sind sie wieder vorbei, denn sie sind für die kurze Aufmerksamkeitsspanne der Internetuser gedacht.
Ihr wildes, humoreskes Potpourri hat Luksan Wunder 2020 den Kleinkunstpreis Baden-Württemberg und 2023 den Förderpreis des Deutschen Kleinkunstpreises der Stadt Mainz eingebracht. In der „Tagesshow Yolo“ mimt Luksan Wunder die hilflosen Versuche von Fernsehsendern, das junge Publikum auf Augenhöhe mit Tiktok-Challenges und reichlich Internetsprech zu begeistern. Ein weiteres ihrer irrwitzigen Formate sind die „Literal Videos“, in denen Luksan Wunder Musikvideos neu vertonen und kommentieren, was dabei eigentlich zu sehen ist – von protzenden Hip-Hoppern, die vor der einzigen Palme Dresdens posieren, bis hin zu den Amigos, die als „Super-Creeps“ eine Meerjungfrau stalken.
Ebenfalls ein Internet-Renner von Luksan Wunder: ihre Youtube-Tutorials und „Lifehacks“, die unter anderem auch im Satire-Online-Magazin „Postillon“ zu sehen sind. Da werden dann fachgerecht Tomaten und Eier zermatscht, dank Internet ist schließlich jeder ein Sternekoch. Lebensratschläge zum Kringeln gibt auch Charlotte Hübsch als schwäbische Meditations-Youtuberin Moniker. Ein Beispiel: „Das Wort ‚unglücklich’ kann man nicht schreiben ohne ‚ich’.“ Immer wieder gibt es außerdem Kostproben des punkig-rockigen musikalischen Könnens von Luksan Wunder. Schließlich haben sie beim Independent-Label „Rummelplatzmusik“ vier Alben veröffentlicht. In Sindelfingen bringen sie mit einem ehrlichen Trennungslied und einem Song über Katzenallergie die Lachmuskeln der Zuschauer zum Beben. Wie jedes ordentliche Medium bestehen Luksan Wunder aber auch auf einem Bildungsauftrag und werden diesem zum Beispiel mit kruden Videoclips gerecht, in denen sie Literaturklassiker wie „Robinson Crusoe“ in Leichter Sprache präsentieren, bitterböse Seitenhiebe auf den Kolonialismus mit inbegriffen.
Ebenfalls politisch wendet sich Sandro De Lorenzo Gardinal als „Dr. Wahrheit“ in einem zwerchfellerschütterndem Auftritt des „Forums für kritisches Denken“ mit Pestmaske und Bademantel an die Querdenker. Aus der Phrase „cui bono“ wird kurzerhand „Queen Bonobo“, mit Windkraft beschleunigte Chemtrail-Störche treiben ihr Unwesen, und selbst Impfbienen lässt die Regierung auf die Bevölkerung los.
Schon lange ein viraler Hit von Luksan Wunder ist außerdem ihre Videoreihe „Korrekte Aussprache“, die sie dann auch mit dem Sindelfinger Publikum zelebrieren. Charlotte Hübsch spricht deutsche Wörter mit schwieriger Aussprache vor, und das Publikum darf sie wiederholen. Da wird dann mit großem Gelächter der Zuschauer der „Synthesizer“ zum „Sünsississer“ und die „Lasagne“ zu „Lasonsche“. Logisch, dass man da noch eine Zugabe will.
