Die Mieten auf Mallorca steigen immer höher – die Einheimischen können sich das Leben auf der Insel kaum mehr leisten. Am Samstag gingen Tausende auf die Straße gegen übermäßigen Tourismus und dessen Folgen.

Tausende Menschen haben in Palma de Mallorca gegen übermäßigen Tourismus auf den Balearen protestiert. Hinter einem Banner mit der Aufschrift „Mallorca ist nicht zu verkaufen“ marschierten die Demonstranten am Samstag durch das Zentrum von Palma. „Tourists go home!“, „Touristen, geht heim!“, schrien die Menschen immer wieder, als sie in Palma an Terrassen voller ausländischer Gäste vorbeizogen.

 

Die Organisatoren des Protests verweisen insbesondere auf den Anstieg der Wohnkosten auf der Mittelmeerinsel mit weniger als einer Million Einwohnern, der durch den Massentourismus verursacht worden sei. Spanien empfing laut offiziellen Statistiken im vergangenen Jahr 85 Millionen ausländische Besucher. Von diesen 85 Millionen landeten 14,4 Millionen auf den Balearen, der Region Spaniens mit der zweithöchsten Touristenzahl. Die Inselgruppe ist besonders bei deutschen, britischen und niederländischen Touristen beliebt.

Einheimische können sich das Leben auf der Insel kaum mehr leisten. Foto: dpa/Clara Margais

Die Demonstration fand zwei Tage nach dem Einsturz eines Strandlokals an der Strandpromenade von Palma de Mallorca statt, bei dem zwei junge deutsche Touristinnen, ein Senegalese und eine spanische Angestellte ums Leben gekommen waren. Nach Polizeischätzung gingen rund 10 000 auf die Straße. Die Organisatoren sprachen von 25 000 Teilnehmern.

Tausende haben gegen den Massentourismus auf Mallorca demonstriert. Foto: dpa/Clara Margais

In einem waren sich aber alle einig: Es war ein „historischer“ Protest, wie die Regionalzeitungen „Diario de Mallorca“ und „Última Hora“ schrieben. Es sei eine der größten Kundgebungen, die es jemals auf Mallorca gegeben habe, hieß es. Dazu aufgerufen hatte die jüngst gegründete Organisation „Banc de Temps de Sencelles“.

Von den Balearen über die Kanarischen Inseln bis hin zu Barcelona und Málaga gibt es in Spanien immer mehr Bewegungen, die sich gegen den Übertourismus richten. Sie macht die immer größer werdende Zahl der Besucher und der Ferienwohnungen für die Wohnungsnot auf Mallorca und für die „Zerstörung“ der spanischen Mittelmeerinsel verantwortlich. Die Sprecher der Gruppe riefen die Behörden in einer Rede zum Abschluss der Demo dazu auf, den Wohnungsnotstand auszurufen.

Zu Recht, sagt Alba Martínez. „Ich bin alleinerziehende Mutter zweier Kinder und bald schmeißt mich mein Vermieter raus. Die Preise kann man nicht mehr bezahlen, man muss handeln“, sagte sie „Diario de Mallorca“. Der Unmut ist groß und wird immer größer. „Wohin man auch schaut, es sind alles Ausländer hier“, skandierten die Protestler.

Für die Insel ist Tourismus zwar überlebenswichtig. Die Branche steht für 45 Prozent der Wirtschaftsleistung Mallorcas. Aber wie auch bei Protesten in anderen Tourismushochburgen des Landes, etwa im April auf den Kanaren, wird beklagt, dass nur eine Minderheit profitiert, während die große Mehrheit im florierenden Sektor schlecht bezahlte Jobs bekommt und unter Wohnungsnot, Staus, Lärm, Schmutz leidet.

Eine Demonstrantin verkleidete sich als reiche Touristin, die einen Einheimischen als Sklaven hinter sich herzog. Foto: AFP/JAIME REINA

Eine Inszenierung der Protestler gab die Stimmung deutlich wieder: Eine als reiche Touristin verkleidete Teilnehmerin schlenderte hochnäsig zwischen den Tischen der Cafés umher - und zog einen „einheimischen Sklaven“ hinter sich her. „Die Balearen sind klein, haben nur knapp 1,2 Millionen Einwohner. Voriges Jahr kletterte die Zahl der Besucher auf fast 18 Millionen, davon 14,4 Millionen aus dem Ausland. Das sind fast zehn Prozent mehr als 2022 und doppelt so viele wie vor 20 Jahren. Inzwischen gibt es kaum jemand, der die Notwendigkeit einer Begrenzung der Besucherzahlen infrage stellt.

Auch Immobilienmakler solidarisieren sich

Sogar Immobilienmakler, die vom Anstieg der Häuserpreise profitieren, schickten den Protestlern eine Solidaritätsbotschaft. Der Druck des Massentourismus sei „unhaltbar“, Wohnraum „unzugänglich“, so der Maklerverband Abini.

Auch die Politik weiß, dass es fünf vor zwölf ist. Wenige Tage vor dem Protest versprach die seit einem Jahr amtierende konservative Regionalpräsident Marga Prohens Maßnahmen. „Das Modell hat seine Grenze erreicht“, sagte sie. „Der Erfolg im Tourismus führt nicht zu Wohlstand für die Bürger.“

Die Verdrossenheit, der Zorn, die Verzweiflung sind vor allem am Ballermann, der deutschen Partyhochburg, groß. Nicht nur die Anwohner schimpfen. Dem Präsidenten der Playa-Hoteliers, Pedro Marín, war voriges Jahr trotz einer Superauslastung von 97 Prozent nicht zum Feiern zumute. Der 47-Jährige klagte, wegen Auswüchse, Sauftourismus und Kriminalität sei es „eine der schlimmsten Saisons aller Zeiten“ gewesen.