Die Rekordvergütung beim Börsenneuling Teamviewer, die dem Vorstandschef mehr als 41 Millionen Euro beschert, ist eine Ausnahme, denn Topgehälter werden künftig gedeckelt.

Göppingen - Die Rekordvergütung für den Vorstandschef des Göppinger Börsenneulings Teamviewer, Oliver Steil, wird in diesem Jahr wohl eine Ausnahme in der deutschen Wirtschaft bleiben. Steil erhielt für das vergangene Jahr gut 41 Millionen Euro, sein Finanzchef Stefan Gaiser rund die Hälfte. Damit werden die zwei Manager mit Abstand die Riege der bestbezahlten Manager börsennotierter Unternehmen in Deutschland in diesem Jahr anführen. Dabei sollte 2020 eigentlich ein Jahr sein, in dem die Börsenkonzerne durch eine gesetzliche Neufassung für eine weitere Deckelung der Managergehälter sorgen sollten.

 

„Die Forderung nach einer betragsmäßigen Obergrenze ist nicht neu. Seit 2013 steht sie im Deutschen Corporate Governance Kodex und wird zwischenzeitlich von nahezu allen Dax-Unternehmen befolgt“, sagt Michael Kramarsch, Partner der auf Vergütungsfragen spezialisierten Beratungsfirma HKP. Viele Unternehmen hätten sich zum Ziel gesetzt, schon in diesem Jahr mit neuen Modellen zur Bezahlung der obersten Führungsriege aufzuwarten. Siemens sei mit gutem Beispiel vorangegangen und habe auf der Hauptversammlung Anfang Februar Änderungen präsentiert, die die neuen Regelungen bereits berücksichtigten.

Finanzinvestor Permira hält 51,5 Prozent

In vielen anderen Unternehmen laufen die Anpassungen noch. Zwar müssen die Unternehmen die Neuregelung zur Deckelung der Vorstandsgehälter erst im kommenden Jahr verbindlich auf die Tagesordnung setzen, doch schon jetzt melden sich die Anteilseigner bei den derzeit (virtuell) laufenden Hauptversammlungen deutlich zu Wort. Sie wollen künftig mitbestimmen dürfen, wie sich die Vergütung der Führungskräfte der Unternehmen zusammensetzt – doch auch die Umsetzung der zweiten EU-Aktionärsrechterichtlinie bleibt davon ein Stück entfernt.

Bei Teamviewer jedoch ticken die Uhren anders. Auch nach dem Börsengang vom vergangenen September besitzt der Finanzinvestor Permira noch 51,5 Prozent des Aktienkapitals – und er hat auch den größten Teil der Prämie an die beiden Spitzenmanager gezahlt. Teamviewer gehört zu den Gewinnern der Corona-Krise. Mit dem Ausbruch der Pandemie habe die Nachfrage nach den Produkten des Fernwartungs- und Homeoffice-Softwareanbieters deutlich zugenommen, betont Vorstandschef Steil. Allein im ersten Quartal 2020 haben sich die Einnahmen um 75 Prozent auf knapp 120 Millionen Euro erhöht – ein Ende ist nicht in Sicht.

Die Krise hat den Erfolg des ehemaligen Manager des Finanzinvestors Permira beschleunigt. Doch schon vorher hatte sich abgezeichnet, dass sich der Umbau, den Steil zusammen mit seinem Finanzchef Gaiser vor dem Börsengang im vergangenen September eingeleitet hatte, für das Unternehmen auszahlen würde. Als Gaiser und Steil Anfang 2018 in das Unternehmen eingestiegen waren, hatten sie Eigenkapital in das Unternehmen investiert und wurden im Gegenzug an der Wertsteigerung der Firma beteiligt. Auch 80 weitere Teamviewer-Führungskräfte wurden von Permira beteiligt. Der erste Jahresabschluss nach dem Börsengang war nun der große Zahltag für die Spitzenmanager. Außerdem erhalten die beiden Manager noch weitere Aktien des im M-Dax gelisteten Unternehmens: Im Oktober 2020 und im Oktober 2021 bekommt Steil jeweils 1,765 Millionen Stück, Gaiser jeweils 885 000 Stück. Nach dem aktuellen Kurs wäre Steils Paket 76 Millionen Euro, Gaisers 38 Millionen Euro wert.

Topmanager bekommen im Schnitt des 52-fache ihrer Mitarbeiter

Bei einem anderen Softwareunternehmen, der Walldorfer SAP, wird die Vergütung des neuen Vorstandschefs auf der anstehenden Hauptversammlung wohl auch ein großes Diskussionsthema werden. Wie aus der Einladung zu dem Aktionärstreffen hervorgeht, soll Christian Klein demnach bis zu 34,5 Millionen Euro pro Jahr verdienen können – wenn es gut läuft. Klein hat aber bereits angekündigt, künftig 20 Prozent seines Festgehaltes an den SAP Solidarity Fund zu spenden.

Experten bezweifeln, dass die Neuregelung der Vorstandsvergütungen tatsächlich dazu führen wird, dass sich die Schere zwischen den Einkommen der Spitzenmanager und der Arbeitnehmer nicht weiter öffnet. Die Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) hat errechnet, dass die Topmanager in Deutschland im Durchschnitt das 52-fache dessen bekommen was ihre Mitarbeiter verdienen. Im internationalen Vergleich ist das allerdings eher moderat: die Chefs großer US-Konzerne bekommen im Jahr im Schnitt 335-mal so viel ihre Angestellten. Das ergab eine Studie des amerikanischen Gewerkschaftsverbandes AFL-CIO. Auch in Großbritannien verdienen Chefs der Unternehmen, die im Leitindex FTSE-100 gelistet sind, durchschnittlich 183-mal mehr als ihre Mitarbeiter.

Große Unterschiede bei Spitzengehältern

Allerdings gibt es auch in Deutschland große Unterschiede. Für Aufsehen sorgte zum Beispiel das Spitzengehalt von VW-Chef Martin Winterkorn, der in einem Jahr 17,5 Millionen Euro verdiente, dann aber wegen des Dieselskandals gehen musste. Auch die Abfindung von Ex-Vorständin Christine Hohmann-Dennhardt sorgte für Empörung: Die ehemalige Verfassungsrichterin und Politikerin, die von Daimler zu VW gewechselt war, erhielt für eine Tätigkeit von nur 13 Monaten 12,5 Millionen Euro. 2018 war Beiersdorf-Vorstandschef Stefan Heidenreich mit einer Gesamtvergütung inklusive Boni, Aktien und Nebenleistungen von 23,45 Millionen Euro der Spitzenreiter unter den Dax-Managern. Das durchschnittliche Jahresgehalt eines Vorstandsmitglieds in einem der 30 Konzerne aus der ersten deutschen Börsenliga lag bei 3,5 Millionen Euro.