Die Stadt will im Herbst 2017 eine Trinkerstube eröffnen, dass alkoholabhängige Menschen nicht mehr auf der Straße herumlungern.

Mannheim - Alkoholabhängige und Menschen, die auf der Straße und auf Plätzen übermäßig trinken, sorgen in immer mehr Städten für Konflikte und Beschwerden. Denn dadurch wird es oft laut, Müll und Glasscherben sorgen zudem für Unmut in der Nachbarschaft. Auch in der Mannheimer Innenstadt haben in jüngster Zeit die Klagen von Geschäftsleuten und Bewohnern über alkohol- und drogenbedingte Störungen zugenommen.

 

Deshalb hat die Verwaltung jetzt ein Konzept vorgelegt, um abhängige Menschen von der Straße zu bringen. Zentrale Idee ist die Einrichtung eines Trinkerraums. Die bisherigen Maßnahmen hätten nicht ausgereicht, „um eine dauerhafte Verbesserung der Lage“ zu erzielen. Es habe sich gezeigt, dass ein Großteil der Betroffenen aufgrund der Schwere der Abhängigkeit nicht auf den Alkohol verzichten könne. Daher wolle man für sie einen eigenen Raum mit einem entsprechenden Hilfsangebot einrichten.

Für zwei Jahre rechnet man mit Kosten von 350 000 Euro

„Alkoholtolerantes Aufenthalts- und Beratungsangebot“ heißt das Projekt in der Fachsprache. Geplant ist eine Art Café, samt Theke und Raucherecke. Dort sollen sich die Abhängigen an sechs Tagen in der Woche zwischen 10 und 20 Uhr treffen, kleinere Mahlzeiten und in gewissem Umfang auch leichtere Alkoholika wie Bier und Wein konsumieren können. Betreut und beaufsichtigt werden soll die Einrichtung von Sozialarbeitern, die ein Angebot von Hilfen bei Problemen vermitteln können – egal, ob sie medizinischer, rechtlicher oder finanzieller Art sind.

Die Weichen für das Projekt haben die Fachausschüsse des Mannheimer Rats in zwei Sitzungen vor Weihnachten gestellt. Für 2017 und 2018 haben sie erste Personal- und Sachmittel in Höhe von mehr als 350 000 Euro genehmigt. Inzwischen hat die Suche nach einem passenden Haus in der Innenstadt begonnen. Man rechne damit, dass sie eine gewisse Zeit in Anspruch nehme, da man für ein solches Projekt auch die Akzeptanz des Umfelds brauche, sagte ein Sprecher der Stadt. Nach den derzeitigen Planungen wolle man mit dem Betrieb nach Möglichkeit im Herbst 2017 starten.

Der Beschluss für den Trinkerraum, der zunächst zwei Jahre lang als Modell von der Caritas und dem Drogenverein betrieben wird, fiel einstimmig. Die Sprecher der Fraktionen machten deutlich, dass sie von dem neuen Angebot nicht nur mehr Hilfe für Abhängige erwarten, sondern auch weniger Trinkgelage in der Öffentlichkeit.

In anderen Städten sind die Erfahrungen gut

Bisher hat man in Mannheim Alkohol- und Drogenabhängigen zwar einige Plätze im Freien angeboten und auch mit Hilfe eines Streetworkers Kontakt zu ihnen gehalten. Das Konsumverhalten habe man dadurch aber nur geringfügig verändern können, räumte die Verwaltung ein. Zudem sei die Zahl der Abhängigen, die in der Öffentlichkeit ihrer Sucht nachgehen, in den vergangen Jahren weiter gestiegen. „Wir sprechen derzeit von etwa 50 bis 70 Personen, die regelmäßig auffallen. Vor einigen Jahren waren es noch 15 bis 20“, erklärte ein Sprecher der Stadt. Besonders viele Klagen habe es in jüngster Zeit rund um den Paradeplatz gegeben.

Vorbild beim „Betreuten Trinken“ sind Einrichtungen in Bochum, Dortmund und Kiel, wo es solche Trinkerräume schon einige Jahre gibt. An ihnen hat man sich in Mannheim, aber auch in Augsburg orientiert. Dort hat sich der allgemeine Ratsausschuss ebenfalls Mitte Dezember für ein solches Projekt ausgesprochen. Die Initiative dafür hatte Ordnungsreferent Dirk Wurm ergriffen, um Konflikte im öffentlichen Raum einzudämmen und die Betroffenen besser als bisher an die bestehenden Hilfsangebote heranzuführen. „Die bisherigen Beispiele zeigen: das funktioniert, wenn man das nötige Personal bereitstellt und die Abhängigen den Raum als Rückzugsort annehmen“, sagte Wurm.