Als Schwester des berühmten Astronomen ist über das Wirken und Leben von Margaretha Kepler wenig bekannt. Dabei ist sie poetisch veranlagt gewesen.

Margaretha, die außergewöhnliche Schwester von Johannes Kepler und die württembergische Pfarrersdynastie der Binder, ist ein Vortrag überschrieben, der am Mittwoch, 1. Juni, um 19.30 Uhr in der evangelischen Stadtkirche in Leonberg zu Gehör kommt. Er beleuchtet das Leben und Wirken von Margaretha Kepler. Der Referent Uwe Geiger leitet das Stadtarchiv und Museum in Ebersbach an der Fils.

 

Obwohl sie aufgrund der Berühmtheit ihres Bruders und des Hexenprozesses gegen ihre Mutter Katharina Kepler ebenfalls bekannt war, fand sie bisher wenig Beachtung. Tatsächlich war Margaretha Kepler aber poetisch veranlagt. Ein Gedicht von ihr wurde kürzlich von Dorothee Schmid in den aktuellen Sprachgebrauch übertragen und ist als Video im Vortrag zu sehen. Das Gedicht beginnt mit den Zeilen:

„In meinem Witwenkämmerlein

Schickt Gott im Traum herfür

Ein holdseliges Täubelein

Das schwang sich her zu mir“

Katharina Kepler hat mitgemischt

Die fromme Ausdrucksweise in dem Gedicht überrascht nicht, denn im Jahr 1608 hatte Margaretha Kepler den evangelischen Pfarrer Georg Binder geheiratet. Sie war 14 Jahre lang in seinem Heimatort Roßwälden, heute ein Stadtteil von Ebersbach an der Fils, als Pfarrersfrau tätig. Nach dem gewaltsamen Tod ihres Mannes im Dreißigjährigen Krieg ging sie nach zweijähriger Witwenzeit eine Ehe mit dem Fellbacher Pfarrer Georg Konrad Maickler ein.

Der Referent Uwe Geiger hat anlässlich des 400. Todesjahres von Katharina Kepler die Ausstellung „Der Astronom, die Hexe und die Pfarrersfrau“ konzipiert. Katharina Kepler war am 13. April 1622 in Roßwälden gestorben. Obwohl sie im Prozess freigesprochen wurde, hatte sie Leonberg verbannt. Ihre letzten Monate verbrachte sie im dortigen Pfarrhaus bei Tochter Margaretha und Schwiegersohn Georg Binder.

Der Vortragsort, die Stadtkirche, ist mit Margaretha Kepler eng verbunden. Sie ist der Ort ihrer Taufe und ihrer Hochzeit mit Georg Binder, der zuvor an der Leonberger Lateinschule, gegenüber der Kirche, unterrichtet hatte. Am 17. November 1608 heiratete in Leonberg die 22-jährige Margaretha Kepler den vier Jahre älteren Georg Binder. Bei der Wahl des Ehemanns hatte sicher Katharina Kepler als Brautmutter Einfluss gehabt. „Das Paar muss sich kurz zuvor in Leonberg kennengelernt haben, als Binder dort Lateinschullehrer war“, mutmaßt Uwe Geiger.

Soldaten ermorden den Pfarrer

Georg Binder, 1580 in Roßwälden geboren, stammte aus einer wahren Pfarrerdynastie. In vier Generationen stellten die Binders von 1534 bis 1634 evangelische Pfarrer. Manche bekleideten auch einflussreiche geistliche Ämter und zählten damit zur Ehrbarkeit Württembergs.

Der Name Binder war auch der Familie der Braut gut bekannt. Immerhin war der Großvater des Bräutigams in den Jahren Abt der niederen Klosterschule Adelberg gewesen, als Johannes Kepler dort Schüler war. Die Zukunft der Tochter schien gesichert. Man durfte davon ausgehen, dass Georg Binder, der 1608 noch Präzeptor (Lateinschullehrer) in Dornstetten war, durch die Vernetzung seiner Familie gute Aufstiegschancen hatte. 1609 erhielt er die kleine Pfarrei Heumaden. Als sein 72 Jahre alter Vater im Juni 1620 in Roßwälden starb, übernahm er diese freigewordene Pfarrstelle, die wesentlich größer als seine bisherige war.

Am 2. November 1634 wurde Georg Binder im Roßwälder Pfarrhaus von Soldaten überfallen, die an der Belagerung von Schorndorf beteiligt waren. Er wurde dabei so stark verletzt – „erbärmlich traktiert“ beschrieb es später sein Nachfolger –, dass er nach zwei Tagen im nahe gelegenen Kirchheim starb. Auch wenn Binders Großvater 23 Kinder gezeugt hatte, war die Ehe von Georg Binder mit Margaretha Kepler kinderlos geblieben. Mit ihm endete die 100-jährige Pfarrertradition in der weitverzweigten Familie, die später noch zahlreiche Staatsbeamte, Handwerker und Landwirte hervorbrachte.

Katholischer Geistlicher heiratet Mutter seines Sohnes

Der Begründer der evangelischen Pfarrerdynastie war ein katholischer Priester. Georg Binder, um 1475 in Kirchheim geboren, war seit 1512 Pfarrer in Grötzingen, wo er mit seiner Haushälterin im Konkubinat lebte. Der katholische Geistliche hatte geheimen Briefkontakt mit dem etwa zehn Jahre jüngeren württembergischen Herzog Ulrich, als dieser im Exil lebte.

„Mit Einführung der Reformation im Jahr 1534 trat der katholische Stammvater der Binders wohl auch sofort zum neuen Glauben über und wurde der erste evangelische Pfarrer von Grötzingen“, sagt Uwe Geiger. Nun konnte er auch die Mutter seines bereits 15 Jahre alten Sohnes Christoph heiraten, welcher später einmal evangelischer Abt von Adelberg werden sollte.