Mercedes erneuert nach kaum drei Jahren den Markenauftritt und entfacht damit auch intern lebhafte Debatten.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)
Stuttgart - Kurt Weidemann, immerhin, ist rundum zufrieden mit dem neuen, alten Markenauftritt von Mercedes-Benz. Was hatte der Altmeister des Grafikdesigns gewettert, als der Stern vor zweieinhalb Jahren plattgemacht worden war: "Fulminanter Mist", "absolut jämmerlich" sei die zweidimensionale Darstellung des einst von ihm entworfenen Markenzeichens. Nun, da es wieder räumlich und zudem chromblitzend erscheint, sieht der 87-jährige Weidemann seine Mahnung von einst beherzigt: Der Stern müsse auch in der Werbung möglichst "immer so aussehen wie auf dem Produkt". Zusammen mit dem neuen Slogan ("Das Beste oder nichts") sei das Erscheinungsbild nun wieder "in Ordnung".

Auch Bernd Kreutz hatte bei der letzten Umstellung schwer geschimpft. Wochenlang nahm der Werbeprofi, der für Erwin Teufel Wahlkämpfe konzipierte und für die EnBW den "gelben Strom" erfand, die dafür Verantwortlichen aufs Korn: Pure "Dummschwätzerei" sei es, wie der damalige Vertriebschef Klaus Maier und sein Markenchef Olaf Göttgens ihr Werk begründeten. Doch der neue Auftritt überzeugt Kreutz ebenso wenig. Der Mercedes-Stern erscheine nun "biederer als alle seine Vorgänger - ein markenstrategischer Albtraum". Und die Worthülsen der Nachfolger von Maier und Göttgens überschritten ebenfalls die Grenzwerte für "intellektuelle Schadstoff-Emissionen".

Es sind zwei Einzelstimmen, gewiss. Doch sie markieren die Spannweite der Reaktionen, die der überarbeitete Stern und der neue Slogan innerhalb des Unternehmens, in Fachkreisen und in der Öffentlichkeit ausgelöst haben. Kaum zwei Wochen nach der offiziellen Präsentation durch Vertriebschef Joachim Schmidt und seinen Markenmanager Anders-Sundt Jensen wird der neue Auftritt fast schon wieder so kontrovers diskutiert wie der alte. Dabei sollte die Zeit der Selbstzweifel, die sogar Konzernchef Dieter Zetsche plagten (der platte Stern sei doch "sehr abstrakt geraten"), endlich vorbei sein. Es zeugt von einem erheblichen Leidensdruck, dass die Werbelinie nach nur zweieinhalb Jahren - für die Maßstäbe der Markenpflege geradezu kurzatmig - schon wieder revidiert wird. Da musste die Fortentwicklung möglichst überzeugend ausfallen.

Der Stern wirkt künftig wieder dreidimensional


Alles, was damals noch bejubelt wurde, gilt nun nicht mehr. Das neue Soundlogo - ein dreisekündiger Knabenchor, angeblich für eine Viertelmillion Euro aus mehr als hundert Melodien entwickelt - wurde schon um die Jahreswende diskret aus dem Verkehr gezogen. Man brauche keinen Audio-Effekt, lautete die neue Einsicht, die Marke Mercedes-Benz spreche für sich. Nun kassiert Daimler auch die anderen, eben noch hoch gelobten Veränderungen. Der Stern, der flach und von oben heller erstrahlen sollte, kehrt räumlich zum Firmennamen zurück. Und den eigentlich für überflüssig erklärten Slogan, neudeutsch Claim genannt, gibt es jetzt doch. "Das Beste oder nichts", angeblich die Devise von Gottlieb Daimler selig, folgt auf den Klassiker "Ihr guter Stern auf allen Straßen" und den Flop "Die Zukunft des Automobils". Der Führungsanspruch werde damit wieder selbstbewusster ins Zentrum der Marke gestellt, verkündete der Markenchef Jensen: "Wir waren die Besten, wir sind die Besten, und wir werden die Besten bleiben."