Nach dem Ende des Café Scholz und der Verkleinerung von Spielwaren Kurtz zieht sich ein weiterer Traditionsbetrieb teilweise vom Marktplatz zurück: Der Schreibwarenhändler Haufler gibt eine seiner beiden Erdgeschossflächen auf. Einen neuen Mieter soll es schon geben.

Stuttgart - Der Marktplatz kommt nicht zur Ruhe. Nachdem sich die Kulisse vor dem Rathaus mit dem Ende des Café Scholz und der Abkehr von Spielwaren Kurtz bereits deutlich verändert hat, geht der Wandel weiter. Der traditionsreiche Schreibwarenhändler Haufler gibt nach Informationen der Stuttgarter Zeitung eine der Flächen im Erdgeschoss auf.

 

Eigentlich war der Auszug aus dem Erdgeschoss des Gebäudes Marktplatz 6 – angrenzend an das Einrichtungshaus Tritschler – für Ende des Jahres geplant. Doch nun soll dieser doch früher über die Bühne gehen. Grund für die Eile soll die Zusage eines neuen Mieters für die heiß begehrte Fläche sein. Wer die Fensterfront mit Blick zum Rathaus künftig mit Leben füllen wird, ist derzeit noch nicht öffentlich bekannt. Die Verträge sollen jedoch bereits in der kommenden Woche unterzeichnet werden.

Gastronomie am Marktplatz unwahrscheinlich

Die Geschäftsführerin des Schreibwarenhändlers, Christiane Haufler-Becker, bestätigt die Pläne. „Die Aktion geht von uns aus“, sagt sie. Die Flächen im Erdgeschoss sind die teuersten und durch die Veränderung spare man deutlich bei der Miete. Das Geschäft werde weitergeführt. Der Schreibwarenhändler ist eines der traditionsreichsten Geschäfte und eines der letzten Familienunternehmen der Innenstadt. „Am 6. Mai 1895 eröffnete Gustav Haufler im ehemaligen gräflichen Rathaus der Stadt Stuttgart sein Papier- und Schreibwarengeschäft“, heißt es auf der Internetseite des Unternehmens. Und: „Bis auf wenige Jahre in der Nachkriegszeit war die Firma Haufler immer am Stuttgarter Marktplatz präsent.“ Nach eigenen Angaben sind derzeit 50 Mitarbeiter in den Gebäuden Marktplatz 5 und 6 beschäftigt. Noch existieren auf vier Etagen rund 800 Quadratmeter Verkaufsfläche.

In Handelskreisen wird über die Identität des künftigen Mieters heftig spekuliert. „Mir liegen im Moment noch keine Informationen vor“, sagt die City-Managerin, Bettina Fuchs. „Wenn es tatsächlich einen Wechsel am Marktplatz geben sollte, würde ich mich freuen, wenn nach dem Ende des Café Scholz ein Gastronom diese Lücke schließen würde“, erklärt Fuchs.

Ein Gastronomie-Experte, der Anteile an einigen Stuttgarter Lokalen hält, sieht für ein Café am Marktplatz jedoch keine Zukunft. Bei den Pachthöhen sei es schlicht unmöglich, Geld zu verdienen. Selbst für eine Systemgastronomie würden sich die aufgerufenen Quadratmeterpreise nicht rechnen. „Wenn überhaupt macht das einer, der ein Egoproblem hat, aus Imagegründen, aber nicht aus wirtschaftlichem Interesse“, so der Gastronom. Erfahrene Makler bestätigen das. „Für die Gastronomie sind die Mieten am Platz zu hoch“, erklärt Sirin Ates, die Teamleiterin für den Bereich Gewerbe beim Maklerbüro Jones Lang Lasalle.

Mieten weit jenseits der Schmerzgrenze

„Die Schmerzgrenze für einen Gastrobetrieb liegt bei etwa 50 Euro“, erklärt Ates. „Pro Quadratmeter werden auf dem Marktplatz jedoch zwischen 120 und 160 Euro Kaltmiete aufgerufen“, sagt Ates. Die Differenz sei abhängig von der Frequenz. „Die Ecklagen hin zur Kirch- und Schulstraße sind belebter als der Raum nahe am Breuninger und somit teurer“, so die Maklerin. Haufler liegt also in der kostspieligsten Zone des Platzes. Der Nachfolger könnte nach Meinung der Maklerin eher aus dem hochwertigen Modebereich stammen.

Rund um den Marktplatz hat sich in der jüngsten Vergangenheit einiges verändert – meist hatten Traditionsbetriebe dabei das Nachsehen. Im November vergangenen Jahres hatte Spielwaren Kurtz sein verkleinertes Haus eröffnet und ist seither nicht mehr über den Marktplatz sondern nur noch von der Sporerstraße aus erreichbar. Dass sich der Spielzeughändler am Platz halten konnte, hatte mit dessen Vermieter zu tun. Das Haus befindet sich im Besitz der Piëch Holding und wurde in zwei Bereiche unterteilt. In die Fläche mit Blick Richtung Rathaus zieht die Kaffeekette Nespresso ein. Rückläufige Umsätze wurden als Grund für die Verkleinerung benannt.

Und: vor wenigen Tagen hat das Café Scholz geschlossen. Die Betreiber hatten die hohen Mieten in der Innenstadt für das Aus ihres Cafés verantwortlich gemacht. Sicher scheint, auf das Scholz folgt eine Boutique des Schmuckherstellers Thomas Sabo – es wird also kaum noch Gastronomie am Marktplatz geben. Der Eigentümer, Günther Beelitz, der Regisseur, Dramaturg und Intendant an mehreren Theatern war, hat sich nach bekanntwerden der Scholz-Schließung mehrfach gegen Vorwürfe zur Wehr gesetzt, er habe die Café-Betreiber verprellt oder deren Miete erhöhen wollen.