Viele Menschen möchten mit ihrem Handeln die Welt ein Stück weit besser machen. Wie kaum eine andere Branche bietet das Handwerk die Chance, das weltweit zu tun. Die 21-jährige Celina Kirschmann hatte schon früh den Wunsch, ihre Fähigkeiten zum Wohle anderer einzusetzen. Seit September unterrichtet die Maßschneiderin aus Holzmaden Sambierinnen in einer Bildungseinrichtung und bringt ihnen die nötigen Fertigkeiten bei, um für ihren Lebensunterhalt sorgen können.
Corona bremste zunächst den Tatendrang
Schon als Kind entdeckte Kirschmann ihre Leidenschaft für das Nähen. Über eine Freundin wurde sie auf die Kerschensteinerschule in Stuttgart aufmerksam. „Für mich war das die Gelegenheit, mein Hobby zum Beruf zu machen“, erklärt die Handwerkerin. Innerhalb von drei Jahren absolvierte sie die Ausbildungen zur Damenschneiderin und zur staatlich geprüften Modedesignerin und hatte hinterher zusätzlich die Fachhochschulreife in der Tasche. Der Wunsch, im Ausland zu arbeiten, war bereits nach der Lehre da. Doch die Pandemie verhinderte die Reise zunächst. Kirschmann machte das Beste aus der Situation und wurde belohnt: Im Herbst 2021 wurde sie als Bestmeisterin im Maßschneider-Handwerk ausgezeichnet.
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Celina Kirschmann hatte schon immer Freude daran, ihr Wissen an andere weiterzugeben. „Ich wollte unbedingt mit meinen Fähigkeiten Menschen helfen und informierte mich, in welchen Ländern das möglich ist.“ Bei der Missionsorganisation Operation Mobilisation wurde sie fündig: Im Rahmen eines Projekts erlernen Frauen in Sambia das Schneiderhandwerk. Das Projekt verfolgt das Ziel, dass sich die Frauen selbstständig machen können, indem sie Kleider auf Märkten oder an Freunde verkaufen. „Sie sollen auch Mut und Wertschätzung erhalten, denn noch immer werden viele von Männern unterdrückt.“
Die Schülerinnen sind zwischen 18 und 60 Jahren alt
Am 1. September reiste die Handwerkerin in den Süden Afrikas. Drei Sambierinnen leiten die Schule, in der Kirschmann als Lehrerin arbeitet. Die Voraussetzungen der Schülerinnen sind so verschieden wie die Altersspanne, die von 18 bis Ende 50 reicht. „Einige wissen beispielsweise gar nicht, wie mit einem Lineal umgegangen wird.“
Das Projekt möchte bewusst alle Frauen aufnehmen und ihnen die Möglichkeit geben, das Nähen zu lernen. „Nachdem die Lehrerinnen gesehen haben, dass ich vom Fach bin, habe ich viel Verantwortung bekommen und durfte gleich die erste Unterrichtsstunde allein durchführen“, schwärmt Kirschmann. Anfangs sei der Unterricht herausfordernd gewesen, doch je öfter sie vor der Klasse stand, desto besser verstand sie, welche Themen für die Frauen wichtig sind.
Zum Abschluss bekommen die Frauen ein Zertifikat
In den ersten Stunden brachte Kirschmann den Schülerinnen einfache Handnähte bei, denn nicht alle Frauen besitzen eine Nähmaschine. Im Unterricht behandelt sie auch verschiedene Stiche für Kleidungsstücke. „Wir sind aber auch tiefer in die Schnittherstellung eingestiegen und haben Röcke, Blusen und zum Schluss ein Kleid geschneidert.“ Zum Abschluss der Ausbildung bekommen die Frauen ein Zertifikat.
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„Die Frauen, die in dem Projekt arbeiten, investieren unglaublich viel Liebe und Zeit – und machen einen tollen Job“, sagt die Bestmeisterin. Besonders berührt habe sie die Freude und die Wertschätzung der Schülerinnen für ihre Arbeit. „Mir wird definitiv die große Dankbarkeit in Erinnerung bleiben. Jeder, der neugierig ist und etwas Neues entdecken will, sollte ins Ausland gehen!“, empfiehlt Kirschmann. Das Handwerk eigne sich dafür gut. Mitte Juli geht es für sie zurück nach Deutschland. Um ihr Wissen zu erweitern, soll dann ein Textiltechnik-Studium mit Schwerpunkt Nachhaltigkeit folgen.
Land und Leute
Das Land
Bekannt ist Sambia für seine vielfältige Tierwelt, atemberaubende Landschaften und die spektakulären Viktoriafälle, aber auch die Armut ist groß. Celina Kirschmann: „Das Land hat zuerst sehr überfordernd auf mich gewirkt: Die Infrastruktur, die bunten Märkte und das Lernen sind ganz anders.“ Wichtig sei die Kleiderordnung: Schultern und Knie müssen bedeckt sein. Getragen werden oft sogenannte Chitengis, lange und farbenfrohe Stoffbahnen, die um die Taille gewickelt werden. Auf dem Speiseplan stehen viele Blätter, dazu Tomaten, Zwiebeln und oft der Maisbrei Nshima, das Nationalgericht.
Einwohner
In Sambia, das flächenmäßig etwa doppelt so groß ist wie Deutschland, leben fast elf Millionen Einwohner. Amtssprache in dem Land ist Englisch, es gibt aber auch eine Reihe von Stammessprachen.