In ihrer neuen Samstagabendshow auf Pro Sieben quälen Joko und Klaas zur Abwechslung die Kandidaten und nicht einander. Aber das alte Prinzip des Ärgerns gilt weiterhin.

Stuttgart - Diese Show ist ihnen einfach so passiert. Sie heißt „Mein bester Feind“. Sie zeigt, was dabei herauskommt, wenn das Fernsehen Kandidaten überrumpelt und ihnen dann dabei zu sieht, wie sie im Scheinwerferlicht wahnsinnige Mutproben bestehen müssen. Die Show entstand zufällig, wie fast alles, was Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf produzieren. Das ist noch immer ihr Erfolgsrezept. Aus Nichts Etwas machen. Keine Angst vor bekloppten Ideen zu haben. Wenn es schiefgeht, geht es schief. Auch kein Drama. Shit happens. Hauptsache, die Zuschauer haben sich amüsiert.

 

Es ist ein Kalkül, das in der Zielgruppe der 14- 49-Jährigen aufgeht. Für Experimente ist im Fernsehen heutzutage kaum noch Platz. Alles ist durchformatiert. Und genau das schreckt junge Zuschauer am Fernsehen ab. Was ihnen fehlt, ist der kleine Funke Wahnsinn.

Joko & Klaas bringen ihn mit. Das „leptosome Kind „und der „kleine, auf den ersten Blick nicht herzliche Unmensch“, so nennen sie sich gegenseitig. Vollkommen irre finden sie ihre Kritiker, doch mit ihrer Masche haben es die beiden Berufsjugendlichen weit gebracht, von den Anarchos beim Musiksender MTV („MTV Home“) bis zu den Aushängeschildern von Pro Sieben. Ihre Samstagabendshow „Joko und Klaas - das Duell um die Welt“, das ist großes Kino in der Tradition von „Schlag den Raab“. Eine Art „Jackass“ für Arme, mit dem Unterschied, dass sie dieses Duell an exotische Schauplätze um die ganze Welt führt.

Selfies mit der Seekuh

Alligatoren zähmen in den Everglades, Kniffel spielen mit Kannibalen in Papua Neuguinea, Selfie-Schießen mit einer Seekuh im Roten Meer. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. In der letzten Folge rückte tatsächlich der Notarzt aus. Eine Abrissbirne hatte Joko zu Boden gerissen und an der Schulter verletzt.

Und jetzt also „Der beste Feind“. Man kennt das Konzept schon aus „Circus Halli Galli“, der Show, mit der die beiden ungleichen Moderatoren 2013 bei Pro Sieben angedockt sind. Eine Late Night-Show für Zuschauer, die beim Fernsehgucken nebenbei twittern, facebooken oder whatsappen. Wenn sie wollen, können sie sich die Clips hinterher noch einmal anschauen. Steht ja alles im Netz. Die Clips aus der Rubrik „Mein bester Feind“ erreichten besonders hohe Klickzahlen. Und das, sagt Klaas Heufer-Umlauf bei einer Pressekonferenz zur neuen Show in Berlin, habe ihn und Joko auf die Idee gebracht, daraus eine eigene Samstagabend-Show zu stricken.

Produziert haben sie sie wie immer selber, mit ihrer eigenen Firma Florida TV. Mit 49 Prozent sind sie daran beteiligt, den Rest hält die Firma Endemol. Zwei Jahre lang hätten sie Pro Sieben mit der Idee in den Ohren gelegen, so lange, bis der Sender endlich ja gesagt habe, verriete Heufer-Umlauf nicht ohne Stolz.

Die beste Freundin ist schuld

Das „Abfallprodukt“ einer Late Night als Gerüst für eine neue Samstagabendshow? In Zeiten, da TV-Sender den Markt auf der ganzen Welt verzweifelt nach neuen Ideen abgrasen, ist das ein schöner Coup. Von einem Glücksgriff spricht der Pro-Sieben-Sprecher Christoph Körfer. Zwei Sendungen sind schon im Kasten. Wenn die Show gut ankommt, sind weitere Ausgaben geplant.

Die Chancen stehen gut. das zeigten erste Aufnahmen in Berlin. Gedreht wurde auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof. In einer Szene sieht man, wie Selina Calvin, 21, mit 200 Kilometern pro Stunde mit einem Formel-1-Flitzer über die Piste rast, festgeschnallt auf dem Autodach.

Zu verdanken hat sie das ihrer besten Freundin Lena Damaschke, 19. Sie hat Selina ohne ihr Wissen als Kandidatin angemeldet, und fragt man Selina heute, was ihr durch den Kopf ging, als sie sich auf dem Autodach wiederfand, sagt die Kosmetikerin: „In dem Moment war’s schlimm. Ich dachte, so ein Arsch.“

Rappen mit Kollegah

Aber so sieht es das Konzept der Show vor. Als Belastungsprobe für jede Freundschaft, so deklariert Pro Sieben diesen neuen Versuch des Fernsehens, Grenzen auszuloten. Die Kandidaten müssen ähnlich wahnwitzige Mutproben bestehen wie die, denen sich Joko und Klaas im Duell um die Welt ausliefern. Halbnackt als Galionsfigur an einem Eisbrecher im Polarmeer posieren, zum Beispiel. Oder bei einem Konzept des Gangster-Rappers Kollegah gangsterrapper-feindliche Songtexte rappen. Wer will schon als Spielverderber dastehen?

Lieber gehen die Kandidaten vor der Kamera durch die Hölle, um für ihre Freunde einen Preis zu gewinnen, einen ultra-flachen Fernseher oder einen alten Porsche. Es ist ein bisschen wie „Verstehen Sie Spaß?“, bloß mit Ansage.

Die Kandidaten müssen das nicht, sie können auch nein sagen, versichert Joko Winterscheidt. Aber das sei bei den Vorbereitungen zur neuen Show nur ein einziges Mal passiert. „Es war ein 28-jähriger Unternehmensberater, der um sein Image in der Firma fürchtete. Er sagte, „wenn ich’s mir versaue, werde ich hauptberuflich Fernsehkandidat.“

Mitfiebern als neues Gefühl

Das Prinzip Schadenfreude, es könnte diese Show tatsächlich tragen. Man sieht es den beiden Moderatoren an, wie froh sie sind, dass zur Abwechslung mal andere leiden müssen. Zugeben würden sie das natürlich nicht. „Als Moderator fieberst Du richtig mit denen mit. Also, im Kampf gegen Joko hatte ich dieses Gefühl nie“, sagt Klaas Heufer-Umlauf. Aber der, räumt er nach einer Pause ein, sei ja auch kein Freund, sondern eher wie ein Bruder. „Und den kann man sich auch nicht aussuchen.“