Die Esslinger Polizei zerschlägt einen Menschenhändlerring. Eine 19-jährige Prostituierte hat den Stein ins Rollen gebracht.  

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Nach mehrmonatigen Ermittlungen hat die Esslinger Polizei drei mutmaßliche Menschenhändler festgenommen. Ein 25-jähriger Mann, dessen 23-jährige Freundin und ein weiterer 36-jähriger Mann sollen mehrere junge Frauen, die teilweise unter 21 Jahre alt sind, zur Prostitution von Rumänien nach Deutschland gebracht haben. Der 36-Jährige pendelte dazu zwischen Rumänien und Deutschland hin und her.

 

Der Fall, sagt die Esslinger Polizeipressesprecherin Christine Menyhart, habe in den rumänischen Medien für gehöriges Aufsehen gesorgt. Kein Wunder, denn der hauptverdächtige 36-jährige Rumäne stand selbst im Polizeidienst. Er war im Bereich organisierter Kriminalität zur Bekämpfung des Menschenhandels eingesetzt. Daher musste er exzellente Kontakte zu möglichen Opfern gehabt haben. Er wurde schon am 10. Juni auf Ersuchen der Esslinger Polizei in Rumänien festgenommen, nachdem die Stuttgarter Staatsanwaltschaft einen europäischen Haftbefehl erwirkt hatte. Am 21.Juni wurde der 36-Jährige von den rumänischen Behörden nach Deutschland ausgeliefert. Hier erwartet ihn und das verhaftete Pärchen ein Gerichtsverfahren wegen gemeinschaftlichen schweren Menschenhandels und wegen Zuhälterei.

Die Frauen müssen die Hälfte ihrer Einnahmen abliefern

Auf die Spur des Trios ist die Polizei durch die Aussage einer 19-jährigen Frau gekommen, die in einem FKK-Club in Leinfelden-Echterdingen beschäftigt war. Sie hatte von dem rumänischen Polizisten Prügel erhalten, weil sie nicht den geforderten Anteil des Hurenlohns aufbringen konnte. Nach Angaben der Polizei mussten die Frauen die Hälfte ihrer Einnahmen abliefern. 25 Prozent gingen an die rumänischen Menschenhändler, weitere 25 Prozent an die deutschen. "Außerdem mussten die Frauen einen Mindestbetrag einnehmen", sagt Christine Menyhart. Als die 19-jährige nicht genug Geld verdiente, habe es die Schläge gegeben.

Aufgrund der Hinweise der 19-Jährigen kam die Polizei auf die Spur des 25-jähriger Mannes und dessen 23-jähriger Freundin. Sie wurden Anfang Juni in Augsburg festgenommen. Die 23-Jährige ist selbst Prostituierte und ist in einem FKK-Club in Augsburg ihrem Gewerbe nachgegangen. Bei einer Wohnungsdurchsuchung hätten die Ermittler belastendes Material gegen die mutmaßlichen Menschenhändler gefunden, teilt die Polizei mit.

Die Polizei ermittelt die genauen Hintergründe

Dass sich auch eine Frau an dem Handel mit Prostituierten beteiligen habe, sei absolut nichts Ungewöhnliches, sagt dazu die Esslinger Polizeipressesprecherin. Derzeit ermittelt die Polizei noch die genauen Hintergründe der Taten, "deswegen haben wir den Fall noch nicht an die Staatsanwaltschaft weitergegeben", berichtet Christine Menyhart weiter.

Auch die ehemalige Chefin des umstrittenen Flatrate-Bordells Pussy-Club in Fellbach hatte junge Frauen aus Rumänien angeworben und prostituiert. Der Prozess gegen die damals 25-jährige Patricia F. wegen Menschenhandels und Zuhälterei wurde im vergangenen Jahr eröffnet, ein Urteil wird im Herbst erwartet.

Der FKK-Club in Leinfelden-Echterdingen, in dem die 19-jährige Verdächtige gearbeitet haben soll, ist erst vor wenigen Jahren eröffnet worden, damals um dem erwarteten Bedarf wegen der Neuen Messe gerecht zu werden. Für den Club und für ein weiteres Bordell hatte die Stadt Leinfelden-Echterdingen extra eine Sperrbezirksverordnung erlassen müssen. Im Gegenzug erhob sie jedoch eine Vergnügungssteuer, die rund 180000 Euro in die Stadtkasse bringt. Dass für die Prostituierten ihr Job nicht vergnügungssteuerpflichtig ist, haben die jüngsten Ereignisse gezeigt.