Die Preise für Mahlzeiten in den Schul- und Kita-Mensen in Ludwigsburg sollen angehoben werden – das Rathaus will damit die finanziellen Verluste eindämmen. Doch die Stadträte sträuben sich.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg – Die Ludwigsburger Stadtverwaltung ist mit ihrem Vorstoß, die Preise in den Schul- und Kita-Mensen anzugeben, vorerst gescheitert. Bei der Abstimmung im Bildungsausschuss am Mittwoch kam es zu einem Patt – sechs Stadträte stimmten gegen den Vorschlag und sechs dafür, womit er als abgelehnt gilt. Das letzte Wort hat indes der Gemeinderat, der am 28. Oktober erneut über das Thema debattiert und nicht an das Votum des Ausschusses gebunden ist.

 

Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Rat ist der Ausgang kaum zu prognostizieren. Am Mittwoch votierte die Mehrheit des bürgerlichen Lagers aus CDU, Freien Wählern und FDP für die Anhebung, während Grüne, SPD und Linke mit Nein stimmten. Das Konzept der Verwaltung sieht vor, die Monatspauschale in Kindertagesstätten zum Jahreswechsel von 60 Euro auf 66 Euro und in Schulen von 49 Euro auf 53 Euro anzuheben.

Die Kosten der Mensen sind viel höher als die Einnahmen

Analog dazu sollen die Preise steigen, wenn Kinder und Schüler nur manchmal die Mensa nutzen: ein Einzelessen soll statt drei künftig 3,30 Euro kosten. Dass die Pauschale in Kitas höher ist als in Schulen, liegt daran, dass Schüler länger Ferien haben. Generell gilt: Familien mit niedrigem Einkommen müssen deutlich weniger zahlen.

Die Verwaltung begründet ihren Vorstoß mit den steigenden Kosten. So wurden im Jahr 2014 an den Schulen zwar fast 600 000 Euro Essensgeld eingenommen, aber mehr als 900 000 Euro ausgegeben – nur für die Caterer der 17 Mensen. Die tatsächlichen Kosten sind deutlich höher, da noch erhebliche Beträge für Strom, Gebäudeunterhalt oder Personal hinzukommen.

19 Prozent der Schüler essen in einer Mensa

19 Prozent der Schulkinder essen inzwischen mittags in einer Mensa, das sind täglich mehr als 1700 Schüler, Tendenz steigend. Im Kita-Bereich ist die Situation ähnlich. „Die Beteiligung der Eltern an den Ausgaben ist nicht kostendeckend“, argumentiert die Stadt. Weil die Nachfrage ständig steige, steige auch der Anteil der Kosten, „die durch Steuermittel gedeckt werden müssen“.

Auf 120 000 Euro Mehreinnahmen hofft die Verwaltung, wenn der Gemeinderat die Preiserhöhung beschließt. „Wir halten das für richtig, denn es handelt sich um eine maßvolle Anhebung, und die Qualität des Essens ist sehr gut“, sagt der CDU-Fraktionschef Klaus Herrmann. „Und ich glaube nicht, dass wegen einer Erhöhung um 30 Cent künftig mehr Schüler in die Dönerbuden rennen.“

Die Gegenseite sieht das anders. „Die Belastungen für Eltern in Ludwigsburg sind hoch“, sagt Eberhard Daferner (SPD). Immobilien und Mieten würden immer teurer, die Nebenkosten stiegen. Vor diesem Hintergrund wäre eine Anhebung der Essensbeiträge für viele Eltern schmerzhaft. „Wir wollen doch eine kinderfreundliche Stadt sein“, appelliert Daferner.

Kommentar Pro: Qualität kostet

Was oft zitiert wird, ist deshalb noch lange nicht unwahr: Man ist, was man isst. Es gibt einen Zusammenhang zwischen Ernährung und dem Leben, das man führt. Das gilt natürlich auch für Kinder. Nicht immer sind sie von guten Vorbildern umgeben. Denn bei nichts versuchen die Deutschen noch immer so hartnäckig zu sparen, wie bei dem, was sie verzehren. Dieses Denken belegt das Abstimmungspatt im Sozialausschuss, bei dem eine moderate Erhöhung des Essens in den Schul- und Kita-Mensen auf der Tagesordnung stand.

Denn die Frage muss in diesem Zusammenhang gestellt werden: Wo bekommt man noch ein vollwertiges Mittagessen zum Preis von 3,30 Euro? Jeder Döner kostet heutzutage schon mehr. Das kann also kein Argument sein. Ja, Eltern sind vielerlei finanziellen Belastungen ausgesetzt. Aber gleichzeitig schreitet der Trend zur Nachhaltigkeit auch bei der Ernährung voran. Und dann ist es eben nicht vereinbar, in den Streichelzoo zu gehen und dort Tiere zu liebkosen – und gleichzeitig Fleisch von Tieren aus nicht artgerechter und deshalb kostengünstigerer Haltung zu essen. Auch das ist eine Botschaft, die vom Schulessen ausgehen kann. ilo

Kommentar Kontra: Falsches Signal

Alle Argumente der Stadt sind schlüssig, daran gibt es nichts zu rütteln. Es ist auch richtig, den Kostendeckungsgrad bei öffentlichen Leistungen im Blick zu behalten und sorgsam mit Steuergeld umzugehen. Trotzdem kommt an dieser Stelle ein dickes Aber: Denn ausgerechnet die Preise fürs Mittagessen anzuheben, wäre das falsche Signal zur falschen Zeit. Studien beweisen immer wieder, dass sich zu viele Kinder und Schüler in Deutschland ungesund ernähren. Dies zu ändern, liegt in erster Linie in der Verantwortung der Eltern. Aber wenn der Unterschied zwischen Happy-Meal und ausgewogenem Mahl preislich immer geringer wird, erliegen die Pennäler leider noch schneller Pommes, Döner, Mayo und Chickenwings.

Die Mensen werden zwar inzwischen besser genutzt, aber von vielen noch konsequent gemieden. In Ludwigsburg ist jeden Mittag zu beobachten, wie Hunderte Jugendliche in die Fastfood-Ketten, Billig-Bäckereien oder Dönerläden strömen. Das Essen in den Mensen ist gesünder, aber das allein reicht nicht: Auch der Preis muss ein starkes Argument für die Schüler sein, nicht die Imbissbude zu wählen. Und deshalb wäre die geplante Erhöhung ein Schritt in die falsche Richtung. tim