Kein Manager für die Showbühne: der neue Chef der Lastwagensparte von Daimler, Wolfgang Bernhard, verlangt größere Anstrengungen zur Verbesserung der Ertragslage.

Wörth - Dass das Entwicklungs- und Versuchszentrum (EVZ) von Mercedes im südpfälzischen Wörth nicht ganz leicht zu finden ist, weiß Wolfgang Bernhard jetzt. Wie einige der Journalisten, denen er sich nach 90 Tagen als Chef der Daimler-Nutzfahrzeugsparte erstmals präsentiert hat, kam auch Bernhard nur auf Umwegen zum Ziel. Um Neugierigen keine Hinweise zu geben, mit welchen Innovationen der Konzern demnächst die Konkurrenz beeindrucken will, fehlen in Wörth Schilder, die auf das EVZ hinweisen.

 

Im dritten Anlauf zum Ziel?

Der Ort ist nicht zufällig gewählt. Denn Bernhard ist kein Manager, der auf der Showbühne auflebt, sondern ein Arbeiter, der sich am liebsten im Gespräch mit Ingenieuren auf der Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten sieht. Im Lastwagengeschäft hat er jetzt die Chance zu beweisen, dass er im dritten Anlauf ins Ziel kommen kann: ein ernsthafter Kandidat für den Daimler-Chefsessel zu sein. Zweimal schon haben ihm die Betriebsräte klargemacht, dass sie mit seinem ruppigen, nicht gerade auf Konsens ausgelegten Führungsstil nicht zurande kommen. 2004, kurz bevor er Chef der Personenwagensparte werden sollte, sorgten sie dafür, dass er Daimler verlassen musste. Er kam wieder, vor allem dank der Unterstützung von Konzernchef Dieter Zetsche, und arbeitete sich erneut hoch, diesmal zum Mercedes-Produktionschef. Wiederum aufgrund des Drucks der Betriebsräte musste Bernhard den Job im April abgeben und mit Nutzfahrzeugvorstand Andreas Renschler das Ressort tauschen – eine auf Vorstandsetagen eher unübliche Rotation.

Dass die Journalisten nach seinem Verhältnis zu den Arbeitnehmervertretern fragen werden (ebenso wie nach seinem Lastwagenführerschein, den er bis zum Sommer machen will), weiß der routinierte 52-Jährige natürlich. „Ich habe bei all meinen Besuchen selbstverständlich mit dem Betriebsrat gesprochen, nicht nur in Deutschland“, sagt der gebürtige Allgäuer und betont, wie wichtig das sei – so als hätte es nie Differenzen gegeben. Er ist schon ziemlich rumgekommen in den letzten drei Monaten, war nicht nur im zentralen Montagewerk in Wörth, sondern auch in Kawasaki/Japan bei der Tochter Fuso und in den USA bei der Tochter Freightliner, ebenso wie im eigenen Werk in Chennai/Indien und in Beijing/China, wo Daimler mit Foton kooperiert. „Ich bin schwer beeindruckt und begeistert von der Kompetenz, dem Einsatz und der Leidenschaft unserer Mitarbeiter weltweit“, fasst er seine Eindrücke zusammen.

Die Erneuerung der Modellpalette ist abgeschlossen

Bernhards „Doppelpartner“ Renschler hat vor wenigen Wochen die Gelegenheit genutzt, sich im Glanz der neuen S-Klasse zu sonnen, die am 20. Juli Händlerpremiere hat. Der neue Lastwagenchef muss auf absehbare Zeit auf vergleichbare Anlässe verzichten. Denn mit der Präsentation des neuen Arocs, die Bernhard aufgrund der beschränkten Bedeutung lediglich mit einem Fototermin abgehandelt hat, ist die Erneuerung der kompletten Modellpalette abgeschlossen – alle Fahrzeuge sind bereits auf die neue Abgasnorm Euro 6 umgestellt, die Anfang 2014 in Kraft tritt.

Für Bernhard ist das einerseits eine hervorragende Startbasis, anderseits eine Hypothek. Der Produktionsfachmann Bernhard weiß, dass umfangreiche Kostensenkungen in der Autoindustrie immer nur im Zuge eines Modellwechsels möglich sind. An dieser Schraube kann er auf absehbare Zeit kaum drehen. Vom Vorgänger übernommen hat er das Effizienz- und Wachstumsprogramm Daimler Trucks Number One, das bis Ende 2014 zu einer Ergebnisverbesserung von 1,6 Milliarden Euro führen soll.

Japanische Laster aus Indien für Afrika

Bei Verbesserungen im Detail, da ist Bernhard ganz in seinem Element. Kaum hat er den Zustand der Nutzfahrzeugsparte gelobt, da sagt er auch schon: „Gleichzeitig dürfen wir nicht locker lassen, um auf dieser Grundlage noch bessere Resultate abzuliefern und um unser Ziel zu erreichen, in jeglicher Hinsicht Spitzenreiter unter den globalen Lastwagenherstellern zu sein.“ Und noch etwas schärfer: „Wir müssen erheblich zulegen, um den schwachen Start zu kompensieren.“ Im ersten Quartal 2013 hat die Sparte nur einen Gewinn vor Zinsen und Steuern in Höhe von 116 Millionen Euro verbucht. Mit einer Umsatzrendite von 1,7 Prozent sind die Nutzfahrzeuge weit von der angepeilten Rendite von acht Prozent entfernt. „Wir sind nicht zufrieden“, sagt er mehr als einmal so energisch, dass er umgehend den Eindruck korrigieren muss, es stünden Einsparungen zu Lasten der Beschäftigten bevor. Es gebe keine Notwendigkeit für einen Stellenabbau, beruhigt er die Belegschaft.

Längerfristig erhebliches Potenzial sieht der Wirtschaftsingenieur in dem Konzept Asia Business Model, mit dem der Konzern größeren Nutzen aus seinen vielen Marken und Standorten ziehen will. So ist unter anderem geplant, Lastwagen der japanischen Marke Fuso im indischen Werk Chennai zu fertigen und diese nach Südostasien und Afrika zu exportieren.