Am Wochenende fiel der Startschuss für den Messeherbst in Stuttgart. Den Auftakt machte am Freitag die Messe Mineralien, Fossilien, Schmuck. Am Samstag war am meisten los bei der Haustiermesse Animal, während die Familie und Heim mit einem Naschmarkt punkten konnte.

Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)

Stuttgart - Der Stuttgarter Messeherbst ist an diesem Samstag eindeutig auf den Hund gekommen. Wer ohne Vierbeiner zur Landesmesse gereist ist, stellt eindeutig eine Minderheit dar. Die Haustiermesse Animal ist traditionell ein Besuchermagnet und zeigt auf verschiedenste Art und Weise, dass viele Deutschen mehr von Vierbeinern als von Zweibeinern zu halten scheinen.

 

Und das mit gutem Grunde, schließlich sind Hunde nicht nur die besseren Menschen, sondern auch die besseren Tänzer, wie sich beim Nations Cup im Dogdance recht eindrucksvoll zeigt.

Bei diesem Rahmenprogramm der Animal steigen Hund- und-Frauchen-Teams aus der ganzen Welt in den Ring und kämpfen um Trophäen, zum Beispiel in der Kategorie Freestyle. „Die Ausführung und die Geschicklichkeit bei den verschiedenen Fußstellungen ist am wichtigsten, die Tricks spielen eine eher geringere Rolle“, erklärt eine Preisrichterin, ehe das nächste tierisch-menschliche Traumpaar in den Ring steigt.

Hund hält sich am Frauchen fest

Aus den Boxen jault die Gruppe Revolverheld „Halt dich an mir fest, wenn dein Leben dich zerreißt“, und der Hund hält sich tatsächlich an seinem Frauchen Nathalie Ritsch fest, deren Leggins aus einem schwarzen und einem weiße Hosenbein bestehen und die mit diesem gewagten Outfit farblich perfekt mit dem schwarz-weiß gefleckten Border Collie mit dem überraschenden Namen Collin harmoniert.

Wie kommt man darauf, einen Hund zum Tanz auszuführen? „Ich habe einen Unterordnungs-Kurs mit ihm gemacht. Der Hund war danach so gehemmt, dass ich etwas gesucht habe, was seine eigene Kreativität wieder anregt. So bin ich auf den Hundetanz gekommen“, erklärt Nathalie Riztsch. Für den ersten Tanz habe die 26-Jährige noch ein halbes Jahr üben müssen, mittlerweile habe der achtjährige Hund seine Schritte schon nach vier Wochen drauf, erklärt Ritsch, die für den Tanz extra aus dem Saarland angereist ist.

Auf der Animal gibt es nichts, was es nicht gibt. Die Produktpalette reicht vom Hundekorb fürs Fahrrad über Leckerlis aller Art - darunter Rinderohren mit Muschel XXL, laut Schild in deutscher Qualität für 1,20 Euro das Stück, zehn gibt es für einen Zehner – bis hin zu Tierbekleidung in sämtlichen Varianten.

Das erfolgreichste Werbemittel stammt an diesem Tag vom Tierkrematorium Schwarzwald. Die Einrichtung scheint es sich zum Ziel gesetzt zu haben, jedem Messebesucher einen blauen Eimer in die Hand zu drücken. Jedenfalls sind jede Menge Eimer unterwegs, schließlich gehört auch der Tod zu einem Tierleben dazu.

Sehr lebendig, wenn auch hundemüde, wirkt dagegen Hund Roxy, der sein neues Hundebett vor den Augen seines Herrchens Ralph Wagner exzessiv ausprobiert. Wagner ist für die Messe extra aus der Nähe von Ulm angereist. „Das neue Hundebett war dringend nötig, zusammen mit den anderen Messen ist das ja auch ein gutes Angebot“, erklärt Wagner, der für sich auch eingekauft hat – einen neuen Esstisch aus Massivholz für 3000 Euro.

Bei Familie und Heim ist weniger los

Womit wir elegant zur nächsten Messe übergeleitet hätten. In den Hallen der Familie und Heim ist deutlich weniger los als bei der Animal. Wäre die Messe eine hippe Angelegenheit, sie hätte sich Stuttgarts größtes Pop-up-Möbelhaus genannt, denn nichts anderes ist diese Veranstaltung, ein Stelldichein der Küchenhersteller, eine Roadshow deutscher Wohnzimmerträume und von deutscher Esszimmereleganz - die Messeküche an der Ecke gibt es zum Mitnahmepreis von 9900 Euro.

Erstmals findet während der Familie und Heim der süddeutsche Naschmarkt statt, der hier dankenswerter Weise nicht South German Streetfood Market heißt. Das würde auch gar nicht zum Publikum passen, das einen Querschnitt durch alle Gesellschaftsschichten darstellt.

Ein bisschen gesunder Zeitgeist darf dann aber auch beim Naschmarkt nicht fehlen. Zsuzsanna Bánvölgyi-Stadler aus Waiblingen bietet unter ihrem Label „Leckerschmecker Küchenfee“ vegane Süßwaren feil. „Ich liebe Süßigkeiten und möchte mit meinem Angebot zeigen, dass vegan nicht gleichbedeutend mit Verzicht ist“, so Bánvölgyi-Stadler. Und tatsächlich, die Donuts und Kuchen sehen köstlich aus, eine unabhängige Stichprobe ergibt, dass sie auch so schmecken. „Man merkt aber schon, dass das Publikum hier eher zurückhaltend ist. Viele schrecken vielleicht auch meine Preise ab“, sagt die Küchenfee, bei der ein Stück Kuchen über vier Euro kostet, während sich einige Schritte weiter am Stand eines Tiefkühlpizzaherstellers eine lange Schlange gebildet hat – hier gibt es das Stück Pizza für zwei Euro.

Schmuckmuseum zum Anfassen

Ebenfalls großer Beliebtheit erfreut sich die Massagestation eines Produzenten von Massagesesseln – so ein Tag auf dem Messeherbst schlaucht eben ungemein. Zum Endspurt geht es auf die Messe Mineralien, Fossilien, Schmuck, die keine Esoterikschau ist, sondern eine Art ausgewachsenes Schmuckmuseum zum Anfassen und Kaufen. Es gibt Smaragde aus Kolumbien, Elfenbein und Böttinger Marmor.

Beim Ketten-Workshop am Stand von Ursula Walch sieht man Besucher ihre eigenen Perlenketten knüpfen. „Heute morgen war es sehr ruhig, freitags war mehr los, weil da nur diese Messe stattgefunden hat. Da bringen die Leute gezielt ihre kaputten Ketten mit, um sie bei mir wieder zu reparieren“, erklärt Walch. Die Pforzheimerin ist seit drei Jahren auf Messen unterwegs. Das schmucke Geduldsspiel hat es der gelernten Bankkauffrau hobbymäßig angetan.

Und nicht nur ihr: „Diese zwei Stammgäste kommen jedes Mal“, sagt sie und zeigt auf ein Pärchen, das konzentriert Perle um Perle aufreiht. Die einen kümmern sich um die tänzerische Fußarbeit ihres Hundes, die anderen um die feinmotorische Handarbeit beim Schmuck: Beim Messeherbst scheint für jeden etwas dabei zu sein.

Der Messeherbst geht noch bis zum 22. November, am kommenden Wochenende findet unter anderem erstmals die Genussmesse „veggie & frei von“ statt.