Als Comedian ist Bülent Ceylan (48) seit vielen Jahren eine Bank. Jetzt feiert der Mannheimer eine Art spätes Coming Out als Musiker und veröffentlicht das Heavy-Metal-Album „Ich liebe Menschen“. Ein Gespräch über seine Metal-Liebe, den Aufstand gegen Nazis und Roland Kaiser.

Bülent Ceylan macht auf seinem Album „Ich liebe Menschen“ ordentlich Krach. Und verzichtet in seinen Songtexten keineswegs auf klare Kante gegen Rechts.

 

Für langjährige Freunde Ihrer Kunst ist es keine totale Sensation, dass Sie jetzt ein Hardrock- und Metal-Album gemacht haben, immerhin waren Sie auch schon zwei Mal – mit Ihrem Comedy-Programm – beim Festival in Wacken. Aber wie kam es konkret zu der Idee?

Für mich geht damit ein Jugendtraum in Erfüllung. Als Teenager spielte ich in einer Band, aber dann hatten wir andere Interessen, es ging auseinander, ich verbrachte mehr und mehr Zeit mit Comedy. Aber die Musik war immer in mir drin. Natürlich habe ich mein ganzes Leben sehr viel Metal gehört, Metallica, Korn, Rage Against The Machine, Tool. Und dann habe ich 2019 bei der ersten Staffel von „The Masked Singer“ mitgemacht und kam mit meinen Rocksongs bis ins Finale. So ist dann die Idee entstanden, weil mich auch viele Fans meiner Comedyshow seit vielen Jahren danach fragen, ob es nicht mal ein ganzes Album von mir gibt. Jetzt kriegen die Leute, was sie wollten. Und vielleicht kann ich nebenbei das typisch deutsche Schubladendenken aufbrechen.

Wie meinen Sie das?

Niemand muss sich entscheiden, ob er Comedy oder Rockmusik macht. Es geht beides.

Was ist der Unterschied ?

Als Comedian habe ich das oberste Ziel, die Leute zum Lachen zu bringen. In der Musik kann ich auch mal eine Liebesballade singen wie „Engel landen weich“. Dieses Album, das ist Bülent pur.

Im Song „Yallah Hopp“ schildern Sie, wie Sie morgens um 6 Uhr aufstehen und Ihren Kindern Frühstück machen. Realität oder eine Wunschvorstellung?

(lacht) Kommt ganz auf den Tag an. Heute war es meine Frau, die den Hunger der Kinder gestillt und sie zur Schule gebracht hat. Der frühe Morgen ist meist nicht so meine Zeit, ich hole sie dafür häufig wieder ab.

Sie haben Kinder im Grundschulalter. Wie witzig waren Sie selbst in Schule?

Naja, ich habe vielleicht mal meine Mutter zum Lachen gebracht, aber sonst war ich eher zurückhaltend. Ich habe als Schüler Mobbing erlebt, mich oft als Außenseiter gefühlt, das war alles nicht so schön.

Denken Sie, für ein Kind mit Migrationshintergrund ist es heute leichter als zu Ihrer Zeit in den 70ern und 80ern?

Ich denke, der Rassismus, den es früher gab, war schlimmer und extremer als der, den es heute gibt. Meine Mutter ist Deutsche, mein Vater war Türke. Als die beiden sich kennenlernten, war das Problem nicht so sehr die Religion. Er war nicht der Moslem, er war der „Türk“. Heute, so zumindest ist meine Überzeugung, sind die meisten Menschen in Deutschland gastfreundlich, tolerant und weltoffen. Sie mögen nicht immer glücklich mit der aktuellen Regierung sein, aber die ganz große Mehrheit ist nicht rechtsextrem und will mit Nazis nichts zu tun haben.

Diese Menschen gibt es allerdings auch. Sie singen gegen sie an. „Klopf Klopf“, „Rüstung aus Hass“ und „Lieder gegen Nazis“ richten sich gegen Internethetze, Faschismus, Hass und Spaltung. Ist eine konstruktive, klare Haltung für einen Künstler aktuell wichtiger denn je?

In der Tat ist es gerade besonders wichtig, klar Flagge zu zeigen gegen die ganze Scheiße. Ich bin selbst überrascht, was für eine Bedeutung ein Stück wie „Rüstung gegen Hass“ gerade bekommt. In meinen Shows sollen alle sitzen und sich wohlfühlen – Juden, Moslems, Christen, große, kleine, dicke oder dünne Menschen, ganz egal. Bei mir regiert nicht der Hass, bei mir herrscht die Liebe.

Auch im Albumtitel. „Ich liebe Menschen“ klingt etwas sarkastisch.

(lacht): Ja, schon. Ich hätte nicht gedacht, dass der Titel den Nerv jetzt so sehr trifft. Das kannst du nicht vorhersagen. Eigentlich ist es traurig, dass man die Nächstenliebe so herausstellen muss, aber es ist notwendig in diesen Zeiten. Ich will ja nicht so der Moralapostel sein, aber die Leute danken es dir, wenn du in der Öffentlichkeit stehst und Gesicht zeigst, sei es gegen rechts, sei es gegen Religionskriege, sei es gegen Kriege überhaupt.

„Sie sind im Grunde noch wie Affen und auf dem Weg, sich abzuschaffen“,heißt es im Titellied. Lieben Sie Menschen gerade weil sie so fehlerhaft sind?

Absolut. Dieses Album ist eine Waffe, es ist meine Liebeswaffe. Weil viele so krass hassen, halte ich umso stärker dagegen. Man hört ja nur noch schlechte Nachrichten, Krieg, Klimawandel, AfD. Ich muss aber doch meinen Kindern ein bisschen Optimismus einpflanzen, eine grundsätzliche Zuversicht in diese Welt und in ihre Zukunft.

Ihre Haltung wird gerade von Hunderttausenden geteilt, die auf die Straße gehen, um gegen Rechtsextremismus und Hass zu demonstrieren.

Das ist die Liebeswaffe in groß. Ich unterstütze diese Proteste zu hundert Prozent. Sie sind speziell für die Leute, die Migrationshintergrund haben, ein wichtiges Zeichen. In meinem Bekannten- und Freundeskreis herrschen gerade viele Ängste. Ich habe eine deutsche Mama, ich liebe dieses Land, ich liebe die Menschen. Ich will hier nicht weg.

Und wie findet Ihre Mutter die Platte?

(lacht): Sie sagt „Bülent, dass du das aushältst, immer dieser Lärm“. Aber bei „Wenn Metaller traurig sind“ hat sie gelacht und generell findet sie als katholische, die Nächstenliebe sehr hochhaltende Frau die Texte sehr gut.

Ist sie froh, dass mit Peter Maffay, der mit Ihnen „Anders gleich“ singt, ein Musiker aus ihrer Generation dabei ist?

Klar, aber noch lieber hört die Mama Roland Kaiser.

-Wollt ihr nicht mal zusammen singen?

Das machen wir jetzt! Ich bin in seiner Jubiläumsshow „Giovanni Zarrella präsentiert: 50 Jahre Roland Kaiser“ (am 24. Februar im ZDF) dabei. Wir präsentieren „Santa Maria“ zusammen, er singt wie immer, ich singe Hardrock. Ich finde es toll, dass Roland sich darauf eingelassen hat. Es wird Zeit, die Rockmusik in Deutschland wieder salonfähiger zu machen. In Island geht sogar der Präsident auf ein Metal-Festival. Stell dir mal Olaf Scholz in Wacken vor (lacht).

Termine

Album
 „Ich liebe Menschen“ ab 1. März

Bülent Ceylan mit Band
20.4.24 Stuttgart, Im Wizemann, 21.4.24 Frankfurt – Zoom, 24.4.24 Hamburg – Große Freiheit, 25.4.24 Berlin – Astra, 27.4.24 Hannover – Capitol, 28.4.24 Köln – E-Werk.

Comedy
Seit Februar tourt Bülent Ceylan mit seinem Bühnenprogramm „Yallah Hopp!“ durch Deutschland. Termine unter https://buelent-ceylan.de/comedy/