Offener Konflikt ersetzt Kooperation. Präsident Enrique Peña Nieto sagte am Donnerstagvormittag sein für Dienstag geplantes Treffen mit dem neuen US-Präsidenten in Washington ab. Er teilt das seinen Landsleuten per Twitter mit.

Korrespondenten: Klaus Ehringfeld (ehr)

Washington - Die Beziehungen zwischen den USA und Mexiko sind schon eine Woche nach dem Amtsantritt von Donald Trump auf einem Tiefpunkt angelangt. Offener Konflikt ersetzt Kooperation. Präsident Enrique Peña Nieto sagte am Donnerstagvormittag sein für Dienstag geplantes Treffen mit dem neuen US-Präsidenten in Washington ab. Dieses Mal wählte der Staatschef nicht die Ansprache an die Bevölkerung per Fernsehen, es reichte eine kurze Mitteilung über den Kurznachrichtendienst Twitter.

 

„Heute Morgen haben wir das Weiße Haus davon informiert, dass ich nicht zu dem Arbeitsbesuch am kommenden Dienstag reisen werde“. Die Entscheidung, die eine tiefe diplomatische Krise zwischen den beiden Staaten einläutet, ist eine Zäsur im Verhältnis der Nachbarn.   Die Entscheidung hatte sich abgezeichnet, nachdem Trump am Mittwoch nicht nur das Dekret zum Mauerbau unterzeichnet, sondern auch vollmundig erklärt hatte, Mexiko werde für die Mauer bezahlen. Daraufhin war der Druck in der Heimat auf den mexikanischen Präsidenten stark gestiegen, das Treffen abzusagen.

Ein Angriff auf die Ehre Mexikos

Zumal der Affront besonders groß war aus mexikanischer Sicht, denn während Trump das Dekret firmierte, befanden sich gerade die Minister für Äußeres und Wirtschaft, Luis Videgaray und Ildefonso Guajarado, zu Gesprächen mit Trumps Beratern quasi im Büro nebenan. Das war die eine Demütigung zu viel.   Die Entscheidung stellt nun alle Abkommen in Frage, die Mexiko in den Bereichen Handel, Grenzsicherheit, Migration und Drogenbekämpfung geschlossen haben. Insbesondere die Zukunft der 23 Jahre alten Nordamerikanischen Freihandelszone NAFTA ist düster. Genau über dieses Handelsabkommen, das die Basis für Mexikos Wirtschaft ist, wollten Trump und Peña Nieto am 31. Januar eigentlich sprechen.

Enrique Peña Nieto war zuletzt daheim unter Druck geraten. Politiker aller Couleur, Intellektuellen und Aktivisten hatten unisono verlangt, dass der Präsident seine Reise nach Washington absagt. Mit dem Dekret zum Mauerbau habe Trump eine rote Linie überschritten, war der allgemeine Tenor.   „Eine würdevolle Haltung Mexikos kann eigentlich nur bedeuten, den Besuch abzusagen,“ sagte der einflussreiche Linkspolitiker und Ex-Senator Cuauhtémoc Cárdenas. Die Ehefrau des früheren Präsidenten Felipe Calderón und mögliche Präsidentschaftskandidatin für die Rechtspartei PAN, Margarita Zavala, schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter: „Die Ankündigung der Mauer vor dem Besuch von Peña Nieto ist eine Beleidigung für Mexiko. Man sollte den Besuch überdenken.“

Washington braucht Mexiko an anderer Stelle

Der Präsident war zunächst zurückhaltender. Noch am Mittwoch wandte er sich in einer   Fernsehansprache an seine Bevölkerung. Darin erwähnte er seinen geplanten Besuch bei Trump nicht, bedauerte aber die Entscheidung des US-Staatschefs, die Grenzanlagen wirklich bauen zu wollen. „Mexiko glaubt nicht an Mauern“, betonte Peña Nieto und ergänzte: „Ich habe bereits mehrfach gesagt, dass wir für keine Mauer aufkommen werden.“ Trump hatte zuvor betont, das Nachbarland werde für den Grenzwall bezahlen, auch wenn die USA das bis zu zwölf Milliarden Dollar teure Bauwerk zunächst aus der Staatskasse finanzieren müssten.  

  Wie das gehen soll, ist aber unklar. Mexiko kann den angekündigten Bau nicht stoppen, wenn er auf Seiten der USA realisiert wird. Allerdings könnte die Regierung in Mexiko-Stadt als Strafmaßnahme jegliche Kooperation mit Washington beim Thema Migration und Kampf gegen den Drogenhandel beenden. Bis heute versucht Mexiko beispielsweise auf Druck Washingtons, den Zustrom zentralamerikanischer Migranten Richtung USA schon in Mexiko zu stoppen. Künftig könnten die Mexikaner die Menschen aus Honduras, El Salvador und Guatemala einfach durchwinken. Zudem könnte Peña Nieto die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Rauschgiftlieferungen in den Norden aufkündigen.   Inzwischen mehren sich in Mexiko die Stimmen derer, die nicht um jeden Preis an der Nordamerikanischen Freihandelszone NAFTA festhalten wollen.