Michael Weinmann im Waldhaus Hildrizhausen Vom Jugendhelfer zur Legende
Zäsur im Waldhaus: Michael Weinmann geht in Rente. Doch einer wie er, hört nicht einfach auf, Sozialpädagoge zu sein. Zum Glück.
Zäsur im Waldhaus: Michael Weinmann geht in Rente. Doch einer wie er, hört nicht einfach auf, Sozialpädagoge zu sein. Zum Glück.
Michael Weinmann hat etwas getan, was kaum vorstellbar erscheint: Er hat sich in den Ruhestand verabschiedet. Das heißt, er ist nun nicht mehr eines der prägenden Gesichter der Waldhaus Jugendhilfe in Hildrizhausen. Und offiziell ist er auch nicht mehr Sozialpädagoge. Wobei, so ganz stimmt das nicht. Sozialpädagoge bleibt man wohl immer, zumal einer wie Weinmann. Doch der Reihe nach.
„Chancen entwickeln, wo andere nur Probleme sehen“ – dies ist eine der Leitsätze bei der Waldhaus Jugendhilfe aus Hildrizhausen. Bereits seit 1957 hat sich die Sozialpädagogische Einrichtung der Jugendhilfe dem Schicksal von Jugendlichen im Kreis und über dessen Grenzen hinaus angenommen und für diese neue Perspektiven aufgezeigt. Im Kerngeschäft der stationären Hilfen wurden auch neue Maßstäbe gesetzt, um das Leben von Jugendlichen in Betreuungsangeboten außerhalb ihrer Familien wieder in die richtigen Bahnen zu lenken. Einer, der immer der Maxime dieses Leitsatzes gefolgt ist, ist Michael Weinmann.
Als Bereichsleiter hat er über Jahrzehnte die Angebote, auch für die Schwierigsten in der Gesellschaft so ausgebaut, dass auch diese immer Chancen für ein geregelt Leben bekommen konnten. Welche Fußstapfen Michael Weinmann hinterlassen wird, hat sich nicht nur im Programm der zweistündigen Abschiedsfeier für ihn gezeigt.
Auch die Anwesenheit zahlreicher kommunalpolitischer Größen aus dem Landkreis und Experten der Jugendhilfe aus ganz Deutschland auf dem Waldhaus Stammgelände, unterstrich diesen bedeutsamen Abgang. „Als Legende hat er sich immer gern selbst bezeichnet, heute können wir diesen Mythos aufarbeiten“, sagte Geschäftsführer Hans Artschwager schmunzelnd, der mit Michael Weinmann an der Seite die Geschicke der Einrichtung seit 1985 geleitet hat. „Das wichtigste Einstellungskriterium hat er im Vorstellungsgespräch mit meiner Mutter damals erfüllt – er war Handballer.“
Schreibmaschine schreiben konnte Weinmann zwar nicht, doch die mannschaftsportlichen Kriterien bestachen für die Verantwortlichen des Waldhauses dann doch mehr. Er hat also, um es im Jargon seines Metiers zu formulieren, eine Chance bekommen, obwohl die Voraussetzungen schwierig waren. (Bis zum Schluss forderte ihn jegliche Technik heraus.) Doch kann man auch im Fall von Michael Weinmann von einer Waldhaus-Erfolgsgeschichte sprechen. „Michael war und ist ein Pädagoge, der sich den schwierigsten Jugendlichen stellt und sie auf ihrem Weg begleitet, selbst wenn es steinig wird“, sagte Hans Artschwager.
Der in Esslingen geborene 66-Jährige hat es geschafft, das Waldhaus mit seinem Konzept zur Alternative zu freiheitsentziehenden Maßnahmen, bundesweit bekannt zu machen. Mittlerweile ist der Bereich auf acht Standorte im Landkreis Böblingen ausgebaut, intensivpädagogische Einzelprojekte gibt es zudem auf der schwäbischen Alb und in Griechenland.
Diese beiden Projekte wird Michael Weinmann – der Sozialpädagoge auf Lebenszeit – auch in seiner Rente weiterhin betreuen. „Man kann in diesem Arbeitsfeld nur arbeiten, wenn man viel Herzblut hineinsteckt“, unterstrich er in seiner Abschlussrede. „Dies wird in Zukunft auch immer wichtiger, denn ohne, wird es in den stationären Hilfen nicht gehen.“
Herzblut und Leidenschaft für die Jugendhilfe, das hat ihn am meisten ausgezeichnet. Dies wurde auch in den Beiträgen zahlreicher Weggefährten und Vorträgen deutlich. Ein großes Erbe, was es nun für seine Nachfolgerin anzutreten gilt. Die neue Bereichsleiterin Sarah Hauser wurde gemeinsam mit ihrem künftigen Team von Michael Weinmann persönlich seit einiger Zeit an die kommenden Aufgaben herangeführt. „Die werden das auch weiterhin sehr gut machen“, ist Michael Weinmann überzeugt.
Die Weichen wurden somit gestellt, damit auch weiterhin Chancen für junge Menschen im Waldhaus entwickelt werden können.