Mit Worten und Musik will der Eltinger Pfarrer Dennis Müller die Menschen zum Fest virtuell erreichen.

Leonberg - In der Michaelskirche leuchtet der Weihnachtsbaum, drei Sängerinnen proben festliche Lieder. Die Vorbereitungen für Heiligabend laufen bei der evangelischen Kirchengemeinde Eltingen auf Hochtouren. Doch irgendetwas passt nicht in das weihnachtliche Ambiente des Gotteshauses: die Videokameras auf der Empore. Dabei sind sie von zentraler Bedeutung, um die Gottesdienste an Heiligabend und den Feiertagen überhaupt zu ermöglichen. Denn statt in der Kirche werden die Menschen diesmal daheim vor den Bildschirmen und Rechnern sitzen.

 

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Die Eltinger sind die einzigen in der Gesamtkirchengemeinde Leonberg, die das Weihnachtsfest ausschließlich virtuell begehen. Denn jeder einzelnen Gemeinde ist freigestellt, wie sie mit dem Thema umgeht. In der Stadtkirche gibt es Präsenzgottesdienste mit Beschränkungen, die Gemeinden in den Stadtteilen weichen zum Teil nach draußen aus.

Schutz von Leib und Leben

„Wir möchten damit Mitverantwortung übernehmen für unsere Gesellschaft, aus Nächstenliebe, zum Schutz der Alten und Kranken und um eine Überlastung unseres Gesundheitssystems zu verhindern“, begründet der Eltinger Pfarrer Dennis Müller den Verzicht auf „echte“ Weihnachtsgottesdienste. „Damit wollen wir unseren Beitrag zum Schutz von Leib und Leben unserer Gemeindeglieder leisten“, erklärt der Geistliche den gerade an Weihnachten alles andere als einfachen Schritt. „Gottesdienste sind natürlich Veranstaltungen, in denen viele Kontaktmöglichkeiten gegeben sind, bei denen Menschen sich trotz Hygienemaßnahmen anstecken können.“

Doch niemand muss auf den gewohnten Ablauf verzichten. Um 15 Uhr gibt es an Heiligabend auf der Homepage www.ev-kirche-leonberg.de/eltingen/ einen Familiengottesdienst, um 18 Uhr dann die Christvesper.

Diese wird von acht Bläsern der Lyra Leonberg und mehreren Sängerinnen der Chorgemeinschaft Eltingen gestaltet. Dennis Müller wird die Weihnachtspredigt halten. „Ich werde direkt in die Kamera hineinsprechen“, sagt der Pfarrer. „Ich habe da eine gewisse Erfahrung.“ Denn schon der Gottesdienst am vierten Advent fand ohne Gemeinde statt und wurde im Netz übertragen.

Musik gibt es nicht nur an Weihnachten

Wobei das virtuelle Weihnachtsfest nicht das erste Online-Projekt des Geistlichen ist, der gleichermaßen begeistert Piano spielt. Sein Christmas-Jazz-Konzert war im vergangenen Jahr auf sehr große Resonanz gestoßen. Diesmal gibt es keinen Liveauftritt, dafür aber einen Youtube-Videomitschnitt mit Müller am Piano und der Pforzheimer Sängerin Katrin Bürk, die in Mainz Jazzgesang studiert.

In der Michaelskirche gibt es nicht nur an Heiligabend Musik. Beim Weihnachtsgottesdienst treten am ersten Feiertag um 10 Uhr die Sängerin Marion Wahl mit ihrem Singteam und der Posaunenchor auf. Der ist auch beim Altjahrgottesdienst an Silvester um 16.30 Uhr zu hören. Und am Dreikönigstag, 6. Januar, tritt um 10 Uhr Julia Mangold auf. Alle Gottesdienste sind auf der Homepage abrufbar.

Der jazzende Pfarrer

„Mir selbst ist diese Entscheidung sehr schwer gefallen, weil ich sehr gerne Gottesdienste in unserer Michaelskirche feiere. Auch die Weihnachtsgottesdienste der letzten Jahre habe ich als gelungen und wohltuend empfunden“, sagt Dennis Müller und stellt klar, dass die Videoübertragungen keine ausschließliche Alternative für den Präsenzgottesdienst sind.

„Aber ich freue mich über die Möglichkeit, eine neue digitale Form von Gottesdiensten zu feiern. Die Kirchenmusik kann sehr dabei helfen, Emotionen auch über den Bildschirm zu vermitteln“, betont Müller, der in Leonberg längst den Ruf des „jazzenden Pfarrer“ hat.

Auch sieht Dennis Müller die soziale Komponente: „Als leidenschaftlicher Musiker unterstütze ich damit auch freischaffende Künstler, die in den digitalen Gottesdiensten dennoch mit mir musizieren können. Das ist ein schöner Lichtblick!“