Der Trend zum Tablet birgt für Microsoft eine Herausforderung - war Windows doch bislang auf die Steuerung per Maus und Tastatur ausgelegt. Aber der Bedeutungsverlust des stationären PCs bringt die Firma in Zugzwang.

Los Angeles - Der Trend zum Tablet-PC birgt für den Softwarekonzern Microsoft eine zentrale Herausforderung. War Windows bislang fast ausschließlich auf die Steuerung per Maus und Tastatur ausgelegt, gilt es nun, auf eine komfortable Bedienung mit den Fingern direkt auf dem Bildschirm umzustellen. Mit Windows Phone, dem Betriebssystem für Smartphones, hat der Konzern bereits im Kleinen gezeigt, dass er das kann. Die Lösung für die PC- und Tablet-Welt ist nun die Benutzeroberfläche Metro. Das Bedienkonzept, wie man es vom klassischen Desktop-PC her kennt, wird zu einer Anwendung von vielen.

 

Schon länger experimentiert Microsoft mit neuen Steuerungstechniken. Mit Kinect, zunächst erprobt auf der Spielkonsole Xbox 360, hielt die Sprach- und Gestensteuerung Einzug in Windows. Windows 8 soll nun aus den unterschiedlichen Ansätzen eine organische Einheit machen. Microsoft sieht das Tablet als Bühne für Windows 8.

Es ist ein kluger Schachzug von Microsoft

Microsoft ist es gewohnt, Softwarelösungen für die Geräte anderer Hersteller bereitzustellen. Geht dabei etwas schief, wird in der Regel Windows dafür verantwortlich gemacht. Indem man nun eigene Geräte präsentiert, kann man künftig immer darauf verweisen, dass es bei den eigenen Modellen ja durchaus klappt. Das ist ein kluger Schachzug in einer Situation, die Microsoft zuletzt immer mehr unter Zugzwang gebracht hat.

Mit Android besitzt der Konkurrent Google eine Software, die von diversen Hardwareherstellern teilweise bis zur Unkenntlichkeit den jeweiligen Anforderungen entsprechend zurechtgebogen wird. Mit diesem Konzept, umgesetzt auf dem Kindle Fire, ist Amazon in den USA gerade extrem erfolgreich. Letztlich führt dieser Weg aber zu einer verwirrenden Vielfalt von Betriebssystem-Varianten und im Extremfall zu Inkompatibilität zwischen Anwendungen und Hardware. Die Folge sind frustrierte Entwickler und verärgerte Nutzer. Die Vielfalt von Android ist also Vorzug und Nachteil gleichermaßen. Bei Apple ist es dagegen die unauflösbare Verbindung von Hard- und Software, die zwar Zuverlässigkeit gewährleistet, von vielen Anwendern aber als Zwang empfunden wird.

Der weltgrößte Software-Konzern muss sich neu aufstellen

Sich zwischen diesen beiden Ansätzen positionieren zu können, ist die große Chance, die Microsoft jetzt wittert. Die damit verbundenen Aufgaben sind alles andere als trivial. Doch der weltgrößte Software-Konzern muss sie meistern, wenn er im Zuge der allmählich schwindenden Bedeutung stationärer Computer und des damit einher gehenden zunehmenden Gewichts mobiler Endgeräte nicht selbst unter die Räder kommen will. So zeichnete sich im vergangenen Jahr diesbezüglich eine echte Zäsur ab: laut einer Studie des Marktforschungsinstituts Canalys wurden 2011 weltweit erstmals mehr Smartphones (488 Millionen) als Personalcomputer (415 Millionen) verkauft.