Wenn bei Marbach die rote Sonne im Fluss versinkt, dann fühlt man sich manchmal fast wie im Süden. Und wenn man dann noch mit einem Tuktuk zum Aussichtsplatz gefahren ist, stellt sich vollends Urlaubsgefühl ein. Das sind Touren für echte Genießer.

Was ist ihre persönliche Lieblingstour für Genießer? Christa Schultheiß von den Marbacher Tuktuk-Tours muss bei der Frage nicht lange überlegen: „Der Gipfel des Genusses ist die Tour in den Sonnenuntergang.“ Sie führt aus der Marbacher Altstadt nach oben in die Weinberge, wo es auch ein leckeres Getränk gibt – als Sundowner im wahrsten Sinn des Wortes. Aber ganz ehrlich: Eigentlich ist jede Tour mit dem Tuktuk ein Genuss. Für Einsteiger, die Marbach noch nicht oder nicht gut kennen, empfiehlt sich die Tour „Altstadt und Weinberge“, die Fachwerkidyll und schöne Aussicht miteinander kombiniert.

 

Zwei der dreirädrigen Fahrzeuge nennt Schultheiß ihr Eigen. Das rote heißt Chilli, das schwarze Pepper. Und die Namen passen nicht nur wegen der Farbe perfekt zu den auffallenden Gefährten, die in Thailand als Taxi weitverbreitet sind. Sie haben mit dem nahezu geräuschlosen, also akustisch „tuktukfreien“ 7-Kilowatt-Elektroantrieb nämlich auch erstaunlich viel Pfeffer unter der Haube. Selbst die steilsten Gassen in der Marbacher Altstadt schaffen sie scheinbar mühelos in flottem Tempo. Da weiß man auch, warum im Tuktuk, so wie in einem normalen Auto, Anschnallpflicht herrscht.

Gechillt unterwegs mit Chilli und Pepper

Chilli mit dem doppelten L könnte aber auch dafür stehen, dass man in den Fahrzeugen ganz entspannt, neudeutsch gechillt, durch die Gassen und die Weinbergwege gleitet. Nach einer der Touren, die je nach Motto anderthalb oder auch zwei Stunden dauern, ist man tiefenentspannt. Dabei hat das Gehirn in der Zwischenzeit ordentlich Futter bekommen. Denn Christa Schultheiß, die eigentlich aus Tübingen stammt, weiß viel über Marbach und teilt ihr Wissen gern mit den Fahrgästen. „Marbach ist viel mehr als nur Schiller“, betont sie, und recht hat sie, obwohl das viele nicht wissen, selbst wenn sie in der näheren Umgebung wohnen. Schon bei Tobias Mayer, dem zweiten berühmten Sohn der Stadt, einem Astronomen, ohne den es kein Navigationsgerät gäbe, hört das Wissen bei den meisten auf. Auf der Tour kommt man an seinem Geburtshaus vorbei, das vor wenigen Jahren durch einen modernen Museumsanbau ergänzt worden ist. Und wer, der nicht in Marbach wohnt, hat denn schon einmal von den Holdergassen gehört oder den Mauergärten? Dabei kann man sich etwas Idyllischeres als die drei schmalen, von gepflegten Fachwerkhäusern gesäumten Gassen – obere, mittlere und untere Holdergasse – kaum vorstellen. Vereinzelt rankt noch an den Hauswänden ein Weinstock in die Höhe und gibt einen Hinweis darauf, dass es sich um ehemalige Wengerterhäuschen handelt. Schnuckelige Lädchen gibt es hier ebenso wie eine Brauerei.

Zum Erkunden bleibt keine Zeit, aber das kann man ja nach der Runde im Tuktuk noch machen. Weiter geht’s mit ganz sanftem Schnurren zu den Mauergärten. Die liegen auf der Innenseite der dort noch erhaltenen Stadtmauer und dienten nicht nur der Selbstversorgung, sondern boten auch einem gewissen Schutz vor allem, was in früheren Zeiten von Angreifern über die Mauer geschossen wurde, weil die Bebauung erst dahinter anfängt. Davor, dass Marbach im pfälzischen Erbfolgekrieg Ende des 17. Jahrhunderts nahezu völlig abbrannte, konnten sie die Stadt allerdings auch nicht bewahren. Heute sind die Gärten ein kleines, sehr gepflegtes Paradies voller Blumen und Gemüse – und natürlich nicht öffentlich zugänglich. Aber schon der Blick hinein ist eine Augenweide.

Idyllische Gassen und Gärten als Pufferzone

Sehenswert auch der Blick von der Alexanderkirche aus, die im ältesten Teil Marbachs auf einem zweiten Hügel steht. Schon zur Zeit der Karolinger gab es hier eine Urkirche, weiß Schultheiß zu berichten. Heute geht es von dort aus auf kurzem Weg mitten in die Weinberge, vorbei an Wengerterhäuschen und einer Aussichtsplattform mit grandiosem Blick in Richtung Benningen. Auch der sogenannte Galgen, die letzte Station auf dieser Tour, bietet einen schönen Ausblick, bei dem man glatt vergisst, dass hier einmal die Hinrichtungsstätte war. Heute ist dort ein beliebtes Freizeitgelände.

Wer mit dem Tuktuk auf Tour geht, der bekommt nicht nur viel zu sehen, er muss auch damit rechnen, dass er gesehen wird. Denn immer wieder bleiben Passanten stehen, um einen Blick auf das ungewöhnliche Fahrzeug und damit auch die Fahrgäste zu werfen. Und so manch einem glaubt man den Wunsch von den Augen ablesen zu können, auch einmal damit zu fahren.

Unterwegs in der Region

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Die Touren sind für jeden außer Rollstuhlfahrern geeignet, auch Kinder haben erfahrungsgemäß Spaß an der Fahrt mit dem ungewöhnlichen Gefährt. Start der Touren ist in der Regel am Marbacher Rathaus. Buchbar sind die Touren, die je nach Motto zwischen anderthalb und zweieinhalb Stunden dauern und zwischen 42 und 64 Euro je Person kosten (Kinder zahlen weniger), ab zwei Personen. Mit zwei Tuktuks können maximal neun Personen befördert werden – wenn eine davon nach Einweisung selbst fährt. Mehr unter tuktukmarbach.de