Vor 62 Jahren hat sein Vater einen Herrenmodeladen in Bernhausen eröffnet, nun wird Michael Steeb ihn schließen. Der Inhaber hat das Rentenalter erreicht. Doch das ist nur die halbe Wahrheit.

Das Männermodegeschäft Steeb im Zentrum von Bernhausen schließt. Der Totalausverkauf beim Herrenausstatter hat begonnen, am 12. November wird der letzte Öffnungstag sein. Damit verschwindet wieder ein traditionsreiches Geschäft von der Bildfläche. „Ich selbst habe es 45 Jahre geführt, mein alter Herr hat es vor 62 Jahren gegründet“, sagt Michael Steeb, der Inhaber.

 

Zuletzt schwächelt der Handel in Filderstadt gewaltig. Mehrere alteingesessene Geschäfte haben geschlossen – die Parfümerie Godel und das Mode-Studio in Plattenhardt oder das Schreibwarengeschäft Villa in Bernhausen. Kritik an der Stadtverwaltung gab und gibt es in dem Zusammenhang immer wieder. Die Parksituation sei schlecht, das Ambiente nicht ansprechend, die Unterstützung für die Einzelhändler sei zu gering.

Der ortsteilübergreifende Gewerbeverband DGHI hat bereits vor Monaten Alarm geschlagen, und auch Michael Steeb ist mit manchem unzufrieden. In seinen Augen fehlt für Bernhausen eine Gesamtkonzeption. „Ideen werden gehört, aber es ändert sich nichts.“ Mit jedem geschlossenen Geschäft werde der Branchenmix unattraktiver – ein Teufelskreis. Das geschlossene Parkhaus am Bahnhof habe ihm „den letzten Kick“ gegeben, denn Kundschaft von auswärts sei dadurch weggeblieben.

Die Stadt will dort weitere Büros einrichten

Michael Steeb betont: Die Stadt als seine Vermieterin habe sowieso andere Pläne mit dem Gebäude an der Aicher Straße. Die 200 Quadratmeter große Verkaufsfläche werde für Büros gebraucht. „Wo heute noch hochwertige Männermode verkauft wird, stehen morgen schon weitere Schreibtische der Stadtverwaltung“, sagt er, dieser Umstand habe den Weg für die Suche nach einem Nachfolger verbaut. Er resümiert: „Die Rahmenbedingungen hier sind nicht gegeben.“

Freilich: Nicht alles lässt sich der Stadtverwaltung anlasten. Michael Steeb spricht von einem ganzen Mosaik aus Gründen, warum er sich für die Schließung entschieden hat. „Spätestens seit den letzten zwei Jahren hat der Letzte begriffen, dass sich das Einkaufsverhalten verändert hat“, sagt er. Online-Handel hier, Konsumverzicht dort, und dann der Trend zum Homeoffice, der Businesskleidung für Männer mitunter unnötig macht. Hinzu kommen Lieferengpässe, Preis- und Kostensteigerungen, eine, so sagt er, ausufernde Bürokratie und der Fachkräftemangel, die dem stationären Handel grundsätzlich das Leben schwermachen.

Das Modegeschäft in Rottenburg bleibt

Michael Steeb ist jetzt 65 Jahre alt. Er betreibt ein zweites, kleineres Herrenausstatter-Geschäft in Rottenburg. „Ich wollte sowieso einen Laden schließen, altershalber“, sagt er, und er habe sich für die Weiterführung jenes Standorts entscheiden, wo die Aussichten besser seien – nämlich in Rottenburg. Dort sei der Handel lebendiger, zudem gebe es ein Parkhaus. In diesen Laden will Steeb nun all seine Energie stecken. „Einige Stammkunden haben bereits signalisiert, dass wir uns dort treffen werden.“