Die Region Stuttgart sucht Wege, wie man künftig mit heißen Sommern und feuchten Wintern umgehen soll.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Die Region Stuttgart wird überdurchschnittlich stark vom Klimawandel betroffen sein - daran ließ Stefan Siedentop von der Universität Stuttgart bei einem kleinen Klimagipfel in Ludwigsburg keinen Zweifel. Zum Abschluss des zweijährigen Modellprojektes "Klimamoro" in der Region waren fast 100 Planer, Wissenschaftler und Politiker ins Kulturzentrum Ludwigsburg gekommen.

 

Siedentop wurde sehr konkret. In den Sommern regnet es bis 2050 immer weniger und das Thermometer steigt immer häufiger über 30 Grad, was angesichts der Wasserknappheit und der erosionsanfälligen Böden in der Region Probleme für die Landwirtschaft mit sich bringen wird. Im Winter nimmt der Regen dagegen um bis zu 13 Prozent zu - große Hochwasser kommen dann häufiger vor. Das neue Klima belastet auch die Menschen: Stefan Siedentop rechnet damit, dass Krankheiten wegen der hohen Schadstoffbelastung und wegen der großen Hitze zunehmen.

Wie sollen wir auf den Klimawandel reagieren?

In dem Modellvorhaben "Klimamoro", an dem neben Stuttgart sieben weitere Regionen in Deutschland teilgenommen haben, sollten mögliche Handlungsansätze entwickelt werden. Wie hält man kühlende Grünflächen von der Bebauung frei? Wie passt man die Fruchtfolge auf den Feldern dem neuen Klima an? Wie reduziert man den Klimastress für den Wald? Und wie verändert man den Hochwasserschutz? Solchen Fragen gingen der Verband Region Stuttgart (VRS) und Siedentops Institut für Raumordnung und Entwicklungsplanung nach, ohne allerdings schon abschließende Antworten gefunden zu haben.

Regionalpräsident Thomas Bopp nannte drei Felder, in denen der VRS seinen Teil zum Klimaschutz beitragen könne. Erstens will der Verband weiter darauf achten, dass Neubau- und Gewerbegebiete an bestimmten Achsen in der Region konzentriert werden. So sollen die Wege für die Menschen kurz bleiben und Grünflächen geschützt werden - das spart Kohlendioxid. Zweitens sollen im derzeit entstehenden Regionalverkehrsplan alle neue Ansätze der Mobilität berücksichtigt werden; alle Maßnahmen sollen erstmals auch auf den Aspekt der CO2-Verringerung hin geprüft werden. Drittens schließlich müsse der Nahverkehr weiter ausgebaut werden.

Ludwigsburg und Esslingen sind Klimahauptstädte

Vorreiter in Sachen Klimaschutz sind bereits heute die Städte Ludwigsburg und Esslingen, die der Bund als Klimahauptstädte geadelt hat. Beide testen derzeit neue Verfahren und neue Planungsinstrumente. In Ludwigsburg steht beispielsweise das bundesweit größte Biomasse-Heizkraftwerk. Esslingen hat in einer Studie herausgefunden, dass die Verwaltung nur mit einem Prozent zum CO2-Ausstoß in der Stadt beiträgt. "Das hat unser Konzept verändert", sagte Esslingens Erster Bürgermeister Wilfried Wallbrecht: "Wir versuchen jetzt nicht mehr, auch in der letzten Schule die allermodernste Heizung einzubauen - vielmehr wollen wir möglichst viele Bürger und Unternehmen zum Mitmachen bewegen." Wie schwierig es ist, die Klimaziele überhaupt zu erreichen, erläuterte Bernhard Bauer vom Landesumweltministerium: Um den Temperaturanstieg bis zum Jahr 2050 auf zwei Grad zu begrenzen, dürfe jeder Einwohner künftig nur noch zwei Tonnen pro Jahr an CO2 produzieren - derzeit sind es sieben Tonnen.

Hanno Osenberg vom Bundesverkehrsministerium verwies trotz vieler freundlicher Worte auf einige Schwachpunkte in der Region. So vermisste er innerhalb des Modellprojektes konkrete Zielsetzungen des Verbandes. Auch Pilotprojekte habe der VRS nicht gestartet. Bernhard Bauer forderte die Region zudem auf, neue Standorte für Windkraftanlagen auszuweisen - im Moment sind alle Gebiete, in denen solche Anlagen erlaubt sind, belegt. Regionaldirektorin Jeannette Wopperer machte in diesem Punkt erstmals Hoffnung: "Wir werden sicher in der nahen Zukunft über dieses Thema diskutieren", sagte sie.

Mehr Informationen unter www.klimamoro.de.

Ballungsraum Stuttgart braucht mehr Grünflächen

Modellprojekt

Neben der Region Stuttgart haben sieben weitere Regionen, wie der Nordschwarzwald, Südhessen oder Vorpommern, an dem Modellprojekt „Klimamoro“ teilgenommen. Jede Region hat eigene Akzente gesetzt.

Schwerpunkte

Die Region Stuttgart hat drei Klimathemen besonders bearbeitet: Auswirkungen auf Wasserhaushalt, Land- und Forstwirtschaft sowie Gesundheit. Die Uni Stuttgart hat das Projekt begleitet; Partner waren Ludwigsburg und Esslingen.

Wasser

Die Universität Stuttgart hält es für notwendig, angesichts der zu erwartenden starken Hochwasser ein regionales Schutzkonzept zu entwickeln. Dazu könnte gehören, die Überschwemmungsflächen zu vergrößern.

Landwirtschaft

Die Bauern müssen sich auf steigende Temperaturen und ausbleibenden Regen einstellen. So sollten neue Formen der Bewässerung geprüft, bodenschonende Techniken eingeführt und neue Pflanzen angebaut werden.

Gesundheit

Um die Zahl der starken Hitzetage nicht zu sehr ansteigen zu lassen, müssten laut der Studie mehr Grünflächen geschaffen werden – gerade im Ballungsraum Stuttgart wäre das der Gesundheit der Menschen förderlich.