Die Beschäftigte von Ikea wollen gleiche Rechte in allen Ländern, in denen das Möbelhaus vertreten ist. Der Konzern zeigt sich aufgeschlossen.

Istanbul - Billy heißt Billy, wo auch immer die Ikea-Kunden das Regal in ihren Einkaufswagen legen, und das Sofa heißt Klippan, von Älmhult bis Bangkok, von Sindelfingen bis Santa Domingo. Doch bei den Arbeitsbedingungen und den Rechten der Arbeitnehmer klaffen Abgründe zwischen den Zuständen im skandinavischen Mutterhaus und den Filialen in China, den Vereinigten Staaten oder der Türkei. Dies wollen die Gewerkschaften nun ändern. In Istanbul trafen sich die Mitarbeitervertreter aus 14 Ländern zur Gründung einer globalen Allianz, und die Ikea-Leitung nimmt das Projekt wohlwollend auf. „Wir sind stets offen für einen konstruktiven Dialog“, sagte Albert Martens, Ikeas Chef für Personalfragen.

 

„So wie man weiß, dass die Köttbullar gleich schmecken, egal, welches Ikea-Haus man betritt, so soll man auch wissen, dass die grundlegenden Rechte der Mitarbeiter überall eingehalten werden“, sagt David Eklind, der internationale Sekretär der schwedischen Handelsgewerkschaft. Die Angestellten müssten das Recht haben, sich zu organisieren, und die Gewerkschaften das Recht, über Kollektivverträge zu verhandeln. Das ist heute selbstverständlich in vielen der 41 Länder, in denen Ikea aktiv ist, aber undenkbar in anderen. „Wir müssen erkennen, dass wir global zusammenarbeiten müssen, wenn die Unternehmen global sind“, meint James Stark von der dänischen Gewerkschaft HK. „Wir beginnen mit Ikea, weil das ein Konzern mit Gewissen ist, mit dem man reden kann“, sagt der Gewerkschaftssekretär.

„Wir haben nichts gegen Gewerkschaften, sie sind Teil der Gesellschaft“, sagt Martens. Doch dies ist keine Liebesgeschichte. Erst kürzlich beschuldigten die Arbeitnehmervertreter in Frankreich den Konzern, Mitarbeiter und Kunden zu bespitzeln. In den USA verweigerte die Ikea-Tochter Swedwoods den Angestellten lange das Organisationsrecht: diese seien daran gar nicht interessiert, hieß es.

In der Türkei werden gewerkschaftlich aktive Mitarbeiter entlassen

Als sie endlich darüber abstimmen durften, votierten drei von vier mit Ja. Lohndumping und unbezahlte Überstunden zählen zu den stets wiederkehrenden Vorwürfen. In der Türkei wurden gewerkschaftlich aktive Mitarbeiter entlassen. „Das Signal war klar: wenn ihr euch organisiert, werdet ihr gefeuert“, sagt Eyüp Alemdar von der Gewerkschaft Koop-is. In der Türkei müssen 50 Prozent der Mitarbeiter Mitglieder sein, ehe über Kollektivverträge verhandelt werden kann. „Ikea hat die Tendenz, sich auf dem niedrigsten Niveau des jeweiligen Landes einzupendeln“, sagte Alke Bössinger vom internationalen Gewerkschaftsverband UNI bei einem vorbereitenden Treffen in Stockholm. Gemeinsam sind die weltweit 131 000 Ikea-Mitarbeiter stärker, sagt Stark, auch wenn in Istanbul vor allem jene Länder vertreten waren, in denen die Probleme am geringsten sind. „Mit der Firmenleitung ins Gespräch zu kommen ist in Skandinavien leichter, wo der soziale Dialog verankert ist. Aber die Rechte müssen für alle gelten, von Stockholm bis Singapur.“

„Wir halten es für wichtig, dass alle Mitarbeiter das Recht haben sollen, sich einer Arbeitnehmerorganisation anzuschließen oder dies bleiben zu lassen, ohne Repressalien oder Drohungen fürchten zu müssen“, sagt Ikea-Sprecherin Ylva Magnusson. Für Franchise-Unternehmen, die wie in der Türkei –Ikea-Häuser betreiben, könne sie sich jedoch nicht äußern. Es sei „dumm, eine Politik in Europa und eine andere außerhalb“ zu führen, sagte der Arbeitsmarktforscher Henning Jørgensen der Zeitung „Politiken“. Wenn man sich vernünftig anstelle, könne die Allianz mit den Gewerkschaften Ikeas Zukunftsbild zeichnen, wenn nicht, riskiere man Unruhe und Personalflucht.

Für die Handels-Internationale ist Ikea ein Versuchsballon. Wenn die gemeinsame Plattform der Angestellten ihre Ziele erreicht, stehen andere multinationale Gesellschaften wie die Kleiderketten Zara und H&M oder die Supermärkte von Tesco im Fokus der Gewerkschafter und auf längere  Sicht selbst „harte Nüsse“ wie die für ihre Antigewerkschaftspolitik berüchtigte US-Kette Wal-Mart.