Wer Möbel kauft, sollte aufpassen, denn in der Branche herrschen zuweilen raue Sitten. Die Wettbewerbszentrale hat bei einer Untersuchung innerhalb von drei Monaten 266 Rechtsverstöße festgestellt.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Die eigene Wohnungseinrichtung ist den meisten Deutschen lieb und teuer. Rund 40 Milliarden Euro geben sie jedes Jahr für Möbel, Teppiche und Leuchten aus. Um auf dem hart umkämpften Markt zu bestehen und Kunden in ihre Läden zu locken, steckt die Branche viel Geld in die Werbung. Manche Sonderangebote halten allerdings nicht, was sie verprechen, einige sind sogar rechtswidrig.

 

Die Untersuchung

Das zeigt eine Untersuchung der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs in Bad Homburg. Die gemeinnützige Selbsthilfeorganisation der Wirtschaft, der mehr als 1200 Unternehmen und gut 800 Kammern und Verbände angehören, hat drei Monate lang die Branche durchleuchtet. Das Ergebnis ist erschreckend: Bei 244 geprüften Werbemaßnahmen wurden sage und schreibe 266 Rechtsverstöße festgestellt. Nur zwei der untersuchten 20 Anbieter hielten sich demnach an Recht und Gesetz und warben komplett wettbewerbskonform.

Die Wettbewerbszentrale hat wegen der Verstöße zahlreiche Unternehmen abgemahnt. Mit einigen Anbietern gab es darüber außergerichtliche Einigungen. Diese Möbelhändler gaben Erklärungen ab, die gesetzeswidrigen und unfairen Aktionen zu unterlassen. Andere blieben hartnäckig. Deshalb bereiten die Juristen der Wettbewerbszentrale Gerichtsklagen gegen einige Möbelhäuser vor.

Die Beschwerden

Das Geschäftsgebaren schwarzer Schafe in der Branche sind Verbraucherschützern seit vielen Jahren ein ständiges Ärgernis. Aber auch innerhalb der Branche ist der Unmut über unseriöse Angebote groß, mit denen Anbieter Kunden locken. „Seit geraumer Zeit haben die Beschwerden über irreführende und intransparente Aktions- und Preiswerbungen im Möbelhandel zugenommen“, heißt es in Bad Homburg. Offensichtlich herrscht die dickste Luft innerhalb der Branche: Besonders von Wettbewerbern gebe es Beschwerden über allzu vollmundige Werbeversprechen der Konkurrenz.

Offenbar scheren sich auch Branchenriesen wenig darum, ob ihre Werbung korrekt ist. Neun der zehn größten Anbieter rechnet die Wettbewerbszentrale 154 Verstöße zu, das entspricht 58 Prozent der Aktionen, die sie in ihrem Vierteljahres-Test als wettbewerbswidrig eingestuft hat. Fast die Hälfte aller Verstöße betrifft Formen unzulässiger Werbung mit Preisen und mit Sonderangeboten.

Die Mondpreise

Allein 121 Fälle irreführender Preiswerbung stellte die Wettbewerbszentrale fest. Zum einen wird mit Scheinrabatten geworben. Das heißt, eine angeblich brandneue Preisreduzierung wird angepriesen, obwohl die Möbel in Wirklichkeit schon länger zum ermäßigten Preis erhältlich sind. Auch der Klassiker aller Verkaufstricks kommt in der Möbelbranche immer wieder zum Einsatz: die Mondpreise. Bisher 3000, heute nur 999 Euro – manche Prospekte, Inserate oder Plakate wimmeln vor solchen Scheinangeboten. Um Produkte hochwertiger erscheinen zulassen, werden viel zu hohe und oft auch falsche unverbindliche Preisempfehlungen des Herstellers angegeben, die in Wahrheit niemals verlangt wurden – und die auch kaum jemand bezahlen würde. So soll der Kunde glauben, dass er ein Qualitätsprodukt besonders günstig bekommt, eine glatte Irreführung.

Die Werbung mit Preisen, die es in Wahrheit so gar nicht gegeben hat, ist in Deutschland verboten. Verbraucherzentralen mahnen Anbieter deshalb ab, Verstöße kann man ihnen oder der Wettbewerbszentrale melden.

Der Sternchen-Trick

Noch ein Klassiker unter den Verkaufstricks: die Sternchen-Werbung. Ganz groß werben einige Möbelhäuser mit Riesenrabatten, ganz winzig aber steht im Kleingedruckten, dass viele begehrte Markenprodukte davon ausgenommen sind. Allein 85 solcher Fälle ermittelte die Wettbewerbszentrale innerhalb von drei Monaten. Besonders unverfroren: Ein Möbelhaus warb auf allen Prospektseiten, es gebe „elefantastische Geburtstagsangebote und 20 % auf fast alles!“. Nur in der Fußnote war der Hinweis verborgen, dass alle Angebote in diesem und allen anderen Prospekten davon ausgenommen seien. „Eine klare Irreführung“, urteilt die Wettbewerbszentrale. In einem ähnlichen Fall habe das Landgericht München schon vor Jahren entschieden, dass es besser heißen müsste: Rabatt auf fast gar nichts.

Der Kaufdruck

Auch Aktionswerbung der Möbelbranche haben die Experten aus Bad Homburg in 58 Fällen als irreführend eingestuft. Beliebter Trick: Es wird eine kurze Laufzeit des Sonderangebots zu besonderen Anlässen suggeriert, wie bei Jubiläums- oder Geburtstagsrabatten.

Besonders zu sogenannten Aktionstagen am Wochenende wird mit Sonderangeboten, günstigen Finanzierungen, kostenloser Altmöbelentsorgung und Gutscheinen für den Besuch im hauseigenen Restaurant nach dem Einkauf geworben. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Regelwidrig wird es, wenn der Anlass nur vorgetäuscht ist, die Aktion länger oder unbefristet läuft.

Unter Kaufdruck setzen lassen sollte man sich als Kunde keinesfalls, raten Verbraucherschützer. Schließlich werden Möbel im Durchschnitt neun Jahre genutzt, also bleibt in der Regel genug Zeit, die Anschaffung vorzubereiten – nicht zuletzt durch ausgiebige Angebotsvergleiche.

Der Vergleich

Zum sorgfältigen Preisvergleich rät auch Thomas Grothkopp, Geschäftsführer des Handelsverbands Möbel und Küchen in Köln. „Verbraucher sollten auf Qualität und Endpreise achten und sich weniger von Rabatten und Werbeversprechen leiten lassen“, sagt der Branchenexperte. Als Hauptgrund für die Häufung von Abmahnungen gegen Möbelanbieter sieht Grothkopp die extrem harte Konkurrenz in der Branche. Mit ihren qualifizierten Juristen und notfalls auch Klagen sorge die Wettbewerbszentrale dafür, dass die Spielregeln von den Unternehmen eingehalten werden.