Hans-Georg Schellinger kommt aus Reutlingen und ist zweimal Deutscher Meister in Monopoly geworden. Doch er gewinnt nicht jedes Spiel.

Reutlingen - Der Meister isst Salat. Schwarzes T-Shirt, Jeans, die braunen Haare hängen ihm über die Schultern. Im Gesicht wuchert der Bart, am rechten Handgelenk spannt ein Haargummi. Auf einem Motörhead-Konzert würde Hans-Georg Schellinger nicht auffallen.

Wie fast jeden Mittwochabend sitzt der 46 Jahre alte zweifache Deutsche Monopoly-Champion im Erdgeschoss des Reutlinger Hauses der Jugend: Bistrotische, Sofaecke, Hobbyküche. Unter dunklen Deckenbalken wirbt ein Wandplakat für ein Schülerbandfestival. Einmal die Woche treffen sich hier Freunde des gepflegten Brettspiels. Heute sind rund 15 Leute erschienen - vorwiegend männlich und Mitte vierzig -, um sich in "Stone Age", "Notre Dame" oder "Das Zepter von Zavandor" zu messen.

Man muss "schnell möglichst viel kaufen"


"Monopoly muss ich nicht mehr trainieren", sagt Schellinger, zieht das Haargummi vom Handgelenk und bändigt seine Mähne. Man müsse einfach wissen, wie es funktioniert. Neben ihm sitzt sein Spielfreund Kay Kuchelmeister, Deutscher Monopoly-Vizemeister 92. "Am Anfang ist es entscheidend, schnell möglichst viel zu kaufen. Das ist dann alles Verhandlungsmasse", sagt er. Deals um Grundstücke sind später besonders wichtig, da doch nur derjenige Häuser bauen darf, der ein komplettes Straßenset besitzt - ein Monopol. Das Spiel beginnt ...

Der Meister macht den ersten Zug. Poststraße. Gekauft. Der Vizemeister von einst landet auf einem Ereignisfeld und streicht ein paar Scheinchen ein. Ich rücke vor bis zur Elisenstraße. "Kaufen, keine Diskussion!", befiehlt der Meister. Ich gehorche.

Als Kind habe er häufig Monopoly gespielt, sagt Hans-Georg Schellinger. Später dann eher Backgammon, Skat. Erst Kumpel Kuchelmeister, der einen eigenen Monopoly-Club gegründet hatte, brachte ihn wieder ans grüne Brett. "Meine Frau und meine drei Kinder spielen auch gerne", sagt er. Großvater sei er auch schon.

Der Rat des Meisters: "Geld sortieren!"


Abseits von Würfeln und Karten arbeitet Schellinger als Kälteanlagenbauer und war jobbedingt schon in vielen Ecken der Erde unterwegs: China, Nigeria, Japan, Litauen. Demnächst geht es vielleicht für fünf Wochen nach Südafrika.

Westbahnhof, Hafenstraße, Opernplatz - alles wird sofort gekauft. Die Monopoly-Maschinen laufen warm. Scheine wechseln in Windeseile den Besitzer. Zeit ist Geld. Wenig erinnert an das gemächliche Spiel aus Kindertagen. Ich verliere schnell den Überblick. "Erst mal die Kohle sortieren", rät der Meister beim Anblick meines wirren Geldbündels. "Die ist eh gleich weg", sagt der Vize.

Sein erstes Monopoly-Turnier habe er im Jahr 2000 gespielt, sagt Schellinger. "Nicht gerade erfolgreich." Bei der DM 2004 stand er schon ganz oben auf dem Siegertreppchen. Die "Bild"-Zeitung kürte ihn damals zum "Gewinner des Tages".

Das erfolgreichste Brettspiel aller Zeiten


Bereits 1935 wurde Monopoly in den USA vom arbeitslosen Heizungsbauingenieur Charles Darrow erfunden. Nach Angaben der Herstellerfirma Parker wurde das erfolgreichste Brettspiel aller Zeiten bis heute mehr als 260 Millionen Mal verkauft und ist mittlerweile in 80 Ländern, 26 verschiedenen Sprachen und zahlreichen Sondereditionen erhältlich.

1973 trafen sich in New York zum ersten Mal die besten Spieler, um den Weltmeister zu ermitteln. Seitdem gab es dreizehn Titelträger. "Den Titel verteidigen konnte keiner", sagt Schellinger. Ihn einmal zu gewinnen, würde ihm aber reichen.

Der Vize krallt sich die Museumstraße und merkt an, dass das Haus der Jugend zufällig in derselben Straße steht. "Ha, ist mir noch gar nie aufgefallen", entfährt es dem Meister. Dann bietet er mir einen Deal an: seinen Rathausplatz (grün, teuer) gegen Elisen- und Chausseestraße (hellblau, günstig). Zwei Monopole. Ich gehe darauf ein. Der Meister sagt: "Ich halte das hellblaue Set für stärker." Er baut sofort zwölf Häuser.