Am dritten Prozesstag im Mordfall Katharina K. geht es um das mutmaßliche Mordmotiv. Das spätere Mordopfer erfuhr nur durch einen Zufall, wie Daniel E. sie bei den Behörden verleumdet hatte, um an das gemeinsame Sorgerecht zu kommen.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Backnang/Stuttgart - Perfide, aber nicht perfekt. So lässt sich beschreiben, wie der Angeklagte im Mordfall Katharina K. Behörden und Gerichte an der Nase herumgeführt hat. Am dritten Tag des Prozesses vor dem Landgericht Stuttgart ging es vor allem um den Sorgerechtsstreit, der im November 2017 das Motiv für den Mord an der jungen zweifachen Mutter aus Backnang gewesen sein soll.

 

Im Juli 2017 hatte der Angeklagte Daniel E. ein Verfahren angestrengt, um das gemeinsame Sorgerecht für den damals elf Monate alten gemeinsamen Sohn zu bekommen. Er beschuldigte K., sich nicht um die Kinder zu kümmern, den Haushalt verwahrlosen zu lassen und dem Kleinen laktosefreie Milch, die er benötige, nicht zu geben. Gegenüber dem Jugendamt, Gerichten und einer Diplom-Sozialpädagogin, die als Verfahrensbeistand die Interessen des Kindes vertreten sollte, trat der heute 25-Jährige aber offenbar vertrauenswürdig auf.

So führte der Angeklagte die Behörden hinters Licht:

„Ich mache normalerweise immer Hausbesuche – Herrn E. ist es aber gelungen, mich zu überzeugen, zu mir zu kommen. Er sagte, bei ihm zuhause könne man nicht ungestört reden“, berichtete die Sozialpädagogin. Und: „Er hat mich total hinters Licht geführt.“ Der souverän auftretende junge Mann gab ihr und den Behörden angebliche Kontaktdaten seiner Exfreundin – und die Sozialpädagogin gab ihm einen Zettel mit, auf dem sie einen Hausbesuch bei der jungen Mutter in Backnang ankündigte.

Dort stand sie vor verschlossenen Türen. Auf Anrufe reagierte K. nicht. Kein Wunder: von dem ganzen Verfahren wusste sie nichts, nach der Trennung im Juni war sie für einige Zeit ausgezogen und lebte in Steinheim bei ihrem Vater. Ihr Exfreund fing an der alten Adresse offenbar Briefe ab, leitete den besagten Zettel nicht weiter. Auf manche Schreiben antwortete Katharina K. vermeintlich per E-Mail.

Doch die gmail-Adresse nutzte sie schon lange nicht mehr, wie sich später herausstellen sollte. Statt dessen soll Daniel E. sich als sie ausgegeben haben. „Wir hatten den Eindruck, die Mutter kümmert sich um nichts“, schilderte die Sozialpädagogin vor Gericht. K. hatte ein gemeinsames Sorgerecht aber nie gewollt – vor allem nicht, nachdem E. zu einer Haftstrafe wegen erwerbsmäßigen Betrugs verurteilt worden war.

Katharina K.: „Ich dachte, der bringt mich um“

Dass der Schwindel aufflog, verdankte K. nur einem Zufall: Als E. im August 2017 gerade im Urlaub war, hatte eine Nachbarin Post angenommen, die an K. adressiert war, und sie der jungen Frau gegeben. In den Umschlägen steckte unter anderem der Gerichtsbeschluss, nach dem E. ein gemeinsames Sorgerecht eingeräumt wurde. Die Unterschrift unter einem der Dokumente stammte angeblich von K. – doch sie kam ihrer Anwältin seltsam vor: „Sie sah aus wie hineinkopiert, wie ein Stempel.“ K. und ihre Anwältin legten Rechtsmittel ein und beantragten Akteneinsicht.

Ende September – K. war inzwischen mit den Kindern wieder in die Backnanger Wohnung gezogen und E. lebte in Leutenbach-Weiler zum Stein – kam es tatsächlich zu einem Treffen von K. und der Sozialpädagogin. Dort erwiesen sich E.s Anschuldigungen als haltlos: „Die Wohnung war in einem guten Zustand, Frau K. hatte einen guten Draht zu den Kindern“, sagte die Pädagogin.

Während K. auf andere Behördenmitarbeiter und ihre Anwältin einen taffen Eindruck gemacht hatte, zeigte sie sich der Sozialpädagogin gegenüber anders, als sie über den Grund für die Trennung sprach. Im Mai hatte sich das Paar gestritten, weil K. nicht in einen Urlaub mitfahren wollte. E. soll sie angegriffen und ihre Bankkarte zerschnitten haben. „Als sie das erzählte, waren ihre Augen angsterfüllt. Sie sagte: Ich dachte, der bringt mich um“, schilderte die Fachfrau vor Gericht.