Zwischen 2010 und 2012 fuhren Sebastian Vettel und Michael Schumacher gemeinsam in der Formel 1 – einst nahmen beide am „Preis der Stadt Stuttgart“ teil. Foto: dpa/Jens Büttner
Der „Preis der Stadt Stuttgart“ auf dem Hockenheimring feiert sein 50-jähriges Bestehen. Heinz Weber vom ausrichtenden Motorsportclub Stuttgart ist seit Beginn der Rennleiter. Ein Rück- und Ausblick – und darauf, was jede Minute an traditioneller Stätte kostet.
Wenn an diesem Wochenende die Boliden auf dem Hockenheimring aufheulen, zeichnet der Motorsportclub Stuttgart (MCS) verantwortlich. Dieser feiert das 50-jährige Bestehen des „Preises der Stadt Stuttgart“. Über fünf Dekaden hinweg waren in dessen Rahmen die verschiedensten Rennklassen unterwegs, die unterschiedlichsten Fahrer samt späterer Weltmeister gingen an den Start, und auch die Technik hat sich stets weiterentwickelt. Doch eines blieb bei der Veranstaltung immer gleich: Heinz Weber war stets der Rennleiter, so auch dieses Mal. Ein Rück- und Ausblick mit dem 88-Jährigen aus Riedenberg.
Der Rennleiter Heinz Weber. Foto: Motorsportclub Stuttgart
Autoklassen Über die Jahrzehnte hinweg pfiffen die verschiedensten Autoklassen beim „Preis der Stadt Stuttgart“ über den Hockenheimring, so beispielsweise auch immer wieder Formel-Rennwagen. In diesem Jahr sind diese zwar nicht dabei, dafür treten die Hobbyfahrer in vier verschiedenen Rennserien an. Sie werden in Tourenwagen und Youngtimern sitzen. Letztere sind Autos, die nicht mehr modernem Standard entsprechen, aber auch noch keine Oldtimer sind. Bei sogenannten Gleichmäßigkeits-Wertungsläufen gehen auch Mobile aus dem GT-Sport auf die Strecke.
Vettel und die Schumachers verdienten sich die ersten Sporen
Teilnehmer Bis zu 500 Fahrer können theoretisch an einem Wochenende teilnehmen. Bei der Jubiläumsausgabe werden es zwischen 350 und 400 sein. „Das Fahrerlager wird sehr voll sein“, sagt der Rennleiter Heinz Weber. Für ihn ist das Wichtigste, „dass viele Fahrer am Start sind und die Leute zufrieden sind“. Gedacht ist der „Preis der Stadt Stuttgart“ grundsätzlich für Hobbyfahrer, eine Breitensport-Veranstaltung also. „Es gibt Leute, die fahren 20 Jahre lang in einer Serie mit“, sagt Weber. „Das sind Leute aus allen Schichten, da ist vielleicht ein Flaschner dabei oder ein Rechtsanwalt.“ Doch finden sich in den Starterlisten der Vergangenheit auch Namen, die später große Bekanntheit erlangten.
Prominente Stolz blickt Weber darauf, dass heutige Stars sich unter anderem bei seinem Grand Prix die ersten Sporen verdienten. „Spätere Formel-1-Piloten haben bei mir angefangen, beispielsweise Michael Schumacher, sein Bruder Ralf oder Sebastian Vettel“, erzählt der Rennleiter, der früher selbst Motocross fuhr und an Rallye-Meisterschaften teilnahm. „Junge Fahrer müssen ja irgendwo einsteigen.“ Die Schumachers – Michael wurde bekanntlich siebenmal Formel-1-Weltmeister – sowie Sebastian Vettel (viermaliger Champion der Königsklasse des Motorsports) waren damals in Formel-Boliden kleinerer Klassen unterwegs.
Jahre, in denen solche Toptalente an den Start gingen, waren für Weber Highlights. An den Heppenheimer Vettel erinnert er sich gut: „Ich habe damals schon gesagt, dass er der nächste große Rennfahrer wird. Er war damals das größte Talent.“ Doch neben Motorsportgrößen verschlug es auch den einen oder anderen anderweitig Prominenten zum Stuttgart-Preis, beispielsweise Sven Hannawald. Nach seiner Weltkarriere als Skispringer versuchte er sich als Rennsportler.
Eine Runde auf dem Hockenheimring kostet einiges
Sicherheit Neben Glücksgefühlen und Adrenalin hat der Motorsport leider auch eine Kehrseite. Der bislang letzte Todesfall beim „Preis der Stadt Stuttgart“ datiert vor zwei Jahren. Bei einem Fahrer setzten Herzprobleme ein, während er sich auf der Parabolika befand, einer lang gezogenen Linkskurve – dort, wo die Wagen ihre Höchstgeschwindigkeit erreichen. Die darauffolgende Haarnadelkurve erwischte er nicht und fuhr ungebremst in die Reifenstapel. „Obwohl die Streckenposten innerhalb einer Minute vor Ort waren, kam jede Hilfe zu spät“, erzählt Weber mit bedrückter Stimme. „Das sind Erlebnisse, die schockieren mich auch heute noch.“ Der 88-Jährige hat schon mehrere Unfälle mit tödlichem Ausgang miterlebt, weiß aber: „Die Sicherheitsvorkehrungen, was die Strecke und die Autos anbelangt, sind heutzutage erheblich besser.“
Kosten Ein teures Hobby ist das Rennfahren allemal, auch im Breitensport. „Eine Minute auf dem Hockenheimring kostet aktuell 190 Euro plus Mehrwertsteuer“, weiß Heinz Weber. Diese Summe – mal die gefahrenen Minuten – müssen die Teilnehmer hinlegen, um beim „Preis der Stadt Stuttgart“ an den Start gehen zu dürfen. Wichtig ist dies für den Motorsportclub Stuttgart, weil er die Veranstaltung ohne Sponsoren, sondern nur vom Nenngeld finanziert. Geldgeber suche man vergebens, weshalb der MCS auch einer der letzten Vereine in Deutschland seit, der Rennevents für den Breitensport organisiert. An etwaige Gewinne mag Weber, der Sportleiter beim MCS ist, dabei gar nicht denken. Für seinen Club, der nach Webers Angaben für einen Tag etwa 70 000 Euro an die Betreiber des Hockenheimrings zahlt, ist es am Ende wohl mehr oder weniger eine Null-auf-Null-Rechnung.
Auf dem Hockenheimring wird wieder Gas gegeben. Foto: Motorsportclub Stuttgart
So nah kommt man den Fahrern beim „Preis der Stadt Stuttgart“
Preisgeld Den fehlenden finanziellen Mitteln geschuldet, erhalten die Gewinner der einzelnen Rennen keine Prämien. „Das hat es noch nie gegeben. Wer soll das zahlen?“, sagt Weber. „Es gibt Pokale, man steht auf dem Podest und erhält ein Foto von sich.“ Für die meisten gilt: Dabei sein ist alles.
Zuschauer Der Eintritt an der Rennstrecke kostet zehn Euro. „Wer ein Ticket kauft, kann überall herumlaufen, auch im Fahrerlager“, sagt Weber. „Nirgends anders können sie überall hinkommen. Das ist der Unterschied zwischen Breiten- und Spitzensport.“ Am Samstag sind Autos von 9 bis 19 Uhr auf der Strecke, am Sonntag von 9 bis 18 Uhr.