Sogar aus dem Berner Oberland sind die Akteure angereist: Am Samstag haben die Mountainboarder ihre offenen deutschen Meisterschaften ausgetragen – am Skilift beim Freizeitzentrum im beschaulichen Großerlach.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Großerlach - Jörg ist eigens aus der Schweiz angereist, zusammen mit vier befreundeten Eidgenossen aus dem Berner Oberland. „Wir haben zwar Berge, aber keine Pisten“, sagt der 32-Jährige, der im normalen Leben Servicemonteur für Flugzeugturbinen ist. Überhaupt stecke die Schweizer Mountainboarder-Szene noch in den Kinderschuhen. Sein Kumpel habe zwar schon vor deutlich mehr als 15 Jahren mit dem Querfeldeinfahren auf einem mit Schubkarrenrädern umgerüsteten Skateboard begonnen, aber „außer uns gibt es auch heute noch nicht viel mehr, die das machen.“ Großerlach findet Jörg „super. Das Grashügelchen mit dem kleinen Lift ist klasse, die Stimmung auch.“

 

Piste erst einen Tag zuvor fertig geworden

Dabei ist die Piste, auf der am Samstag die All-Terrain-Boarding-Association die offene Deutsche Meisterschaft im Mountainboarden ausgetragen hat, gerade erst einen Tag zuvor fertig geworden. „Wir haben uns ein bisschen verschätzt, aber es ist ja noch alles gut gegangen“, sagt Philipp Heinle. Der 27-jährige Mountainboarder aus Schwäbisch Hall war vor etwa zwei Jahren auf den von Frieder Mauß betriebenen Skilift am Freizeitzentrum von Großerlach aufmerksam geworden. Damals waren mehrere Longboarder, Skateboarder mit langen Brettern und kleinen Rollen, den asphaltierten Weg neben der Wiese hinuntergesaust. Heinle wandte sich an Mauß, ob sich dieser vorstellen könne, auf der Skipiste auch eine Strecke für die geländegängigen Boards einzurichten. Und der war angesichts der zuletzt doch eher schneearmen Winter Feuer und Flamme.

Zusammen mit einer weiteren Zufallsbekanntschaft, dem 29-jährigen Leutenbacher Mountainbiker Robin Suk, der ebenfalls auf Streckensuche für Bergab-Fahrradfahrer war, machte sich Heinle an die Planung. Doch die zog sich länger hin als gedacht. Modell bauen, Baugenehmigung einholen, das waren für den Elektro- und den Ledertechniker nicht gerade vertraute Tätigkeitsfelder. Und der erste Umsetzungsversuch mit einem gemieteten Bagger ging ziemlich in die Hose. Dann aber fanden sie in dem Kirchheimer Erdbauunternehmen Feess nicht nur einen kompetenten Partner, sondern auch einen, der die Sache erschwinglich machte. „Erde gegen gegen Baumaschine und Arbeiter“ erläutert Robin Suk die vereinbarte Formel, dank der die ehrenamtlichen Streckenplaner kein Geld überweisen müssen.

Bis zum nächsten Jahr mit „Brechsand“

Wie erwähnt, ist die rund 500 Meter lange Piste mit Bodenwellen, Steilkurven und kleinen Hindernissen, die das Boarderherz höher schlagen lassen, gerade noch rechtzeitig zum ersten großen Event fertig geworden. Doch vollbracht wird das Werk allerdings wohl erst im kommenden Jahr sein. Auch die Mountainbiker sollen auf einer separaten Piste samt Startrampe noch auf ihre Kosten kommen. Außerdem wolle man sich mit einem Belag aus „Brechsand“ von langen Wartezeiten nach Regenschauern unabhängig und die Strecken so alltagstauglich machen.

Die „Profis“ hingegen waren schon mit den Bedingungen am Wochenende hochzufrieden. Zum Sieg hat es für Jörg aus der Schweiz zwar nicht gereicht, den teilten sich punktgleich nach allen drei Disziplinen (siehe „Mountainboarden“) der Bayer Christian Bergmann und Marcel Bender aus dem Ruhrgebiet. Doch auf die Platzierung komme es auch gar nicht an. Das Wochenende in Großerlach war „super“ und jetzt freue er sich, noch ein paar Tage in der Gegend Urlaub zu machen – wenn auch, wie Jörg einräumt, mit leichten sturzbedingten Schmerzen.

Mountainboarden

Sportgerät
: Ein All-Terrain- oder Mountainboard ist eine Mischung aus Skate- und Snowboard, das mit luftbereiften Rädern ausgestattet ist, um es auf jedem Untergrund benutzen zu können. Das Mountainboard hat nicht nur andere Reifen als ein Skateboard, es ist auch größer und hat eine Bindung. Die häufigste Art sind steife Schlaufen, in die die Füße hineingeschoben werden und die es dem Fahrer erlauben, bei Bedarf seitlich abzuspringen.

Disziplinen:
Die Funsportszene, die in den 1990er-Jahren in Amerika entstanden ist, misst sich überwiegend in drei Disziplinen: Beim „Downhill“ wird auf einer vorgegebenen Strecke allein gegen die Uhr gefahren. Im „Boarder-X“ treten mindestens zwei Fahrer im K.O.-Sytem gegeneinander an. Und beim „Freestyle“ geht es um Tricks und Sprünge. Die dabei verwendeten oder einbezogenen Hindernisse, Schanzen und Halfpipes werden unter dem Oberbegriff Obstacle zusammengefasst.