Müllabfuhr im Kreis Ludwigsburg Wenn die Tonne mal wieder voll bleibt

Wird die Gelbe Tonne diesmal geleert? Für Nihat Küçük ist es ein Glücksspiel. Foto: Andreas Essig

Seit gut einem Jahrzehnt hat eine Familie aus Pattonville das Problem, dass ihre Mülltonnen häufig nicht geleert wird. So extrem wie in diesem Jahr war es aber noch nie.

Ludwigsburg: Anne Rheingans (afu)

Wenn Nihat Küçük abends eine volle Mülltonne an die Straße gestellt hat, geht für ihn und seine Familie zugleich das bangen Rätseln los: Wird das Gefäß am nächsten Tag tatsächlich geleert oder schon wieder vergessen? Dass die Tonnen der fünfköpfigen Familie aus Pattonville von den Abfuhrunternehmen einfach stehen gelassen werden, ist mittlerweile nämlich kein Einzelfall mehr.

 

Die ersten Jahre, in denen die Familie in dem Haus in der Vermontstraße wohnte, gab es keinerlei Probleme. „Vor zehn Jahren fing es an“, erinnert sich Nihat Küçük. Seitdem werde es immer schlimmer, sagt er. Erst blieb nur gelegentlich mal eine Mülltonne beim Abfuhrtermin ungeleert. Dann verschärfte sich das Problem. Seit Anfang 2023 sei es besonders häufig vorgekommen. Im aktuellen Jahr hat der Pattonviller 16 Beschwerdemails verfasst, um auf vergessene Leerungen hinzuweisen. „Und dabei habe ich noch nicht einmal jedes Mal reklamiert“, betont er. Nur etwa jedes zweite Mal habe er überhaupt eine Nachleerung angefordert.

Volle Tonnen ziehen Passanten an

Beim Restmüll und Glas sind die Teams, die die Tonnen in Pattonville leeren, nach Erfahrung der Familie Küçük zuverlässig. Beim Bioabfall und beim Papier bleiben die Tonnen immer wieder einmal ungeleert. Mehrfach hat Nihat Küçük daher schon Wege zum Wertstoffhof unternommen, um seinen Papier- und Kartonmüll loszuwerden. Auch auf dem heimischen Komposthaufen konnte er schon Abfälle unterbringen.

Besonders oft wird allerdings die Gelbe Tonne für Leichtverpackungen, für die das Unternehmen PreZero im Kreis Ludwigsburg zuständig ist, stehen gelassen. Mindestens bei jedem zweiten Abfuhrtermin komme dies vor, zuletzt sogar deutlich häufiger. In solchen Fällen hat die Familie nicht nur das Problem, dass sie nicht mehr weiß, wo sie ihren Müll entsorgen soll, sondern auch ein weiteres: „Unsere Tonnen stehen dann tagelang auf der Straße, sodass sie manchmal umkippen und der Müll auf Gehweg und Fahrbahn verteilt wird“, erklärt Nihat Küçük. Außerdem verleite die volle Tonne Passanten dazu, ihren eigenen Abfall dort ebenfalls zu entsorgen. Sogar Hundekot, für den es nur wenige Meter weiter an einem Fuß- und Radweg eigens Behältnisse gibt, werde hineingeworfen, sagt der Pattonviller.

Entsorger bestätigt nur zwei Reklamationen

Besonders ärgere er sich darüber, dass sich trotz seiner Beschwerden die Situation nicht bessert. „Meine Reklamationen werden nicht ernst genommen. Ich bin mittlerweile ein bisschen verzweifelt“, sagt er. Tagelang sei bei PreZero telefonisch niemand erreichbar. Beschwerden per E-Mail wegen der ungeleerten Gelben Tonne würden nur mit zeitlichem Verzug bearbeitet. „Manchmal bekomme ich auch gar keine Antwort“, sagt Küçük. Zwar werde die geforderte Nachleerung meistens ausgeführt, aber oft eben erst nach mehreren Tagen.

PreZero bestätigt im Fall der Familie auf Anfrage nur zwei Reklamationen in diesem Jahr. Man gehe von einem individuellen Versehen aus, teilt der Pressesprecher mit. „Entweder wurde der Behälter nicht rechtzeitig herausgestellt oder unser Team hat die Tonne übersehen.“ PreZero werde die Teams im Hinblick auf die Adresse sensibilisieren. „Wir bedauern mögliche Unannehmlichkeiten.“

„Landkreisweit gesehen Durchschnitt“

Auch das Landratsamt Ludwigsburg verweist auf PreZero. Der Entsorger sammele einerseits Leichtverpackungen ein. Andererseits kümmert sich PreZero im Auftrag der Abfallverwertungsgesellschaft im Landkreis Ludwigsburg (AVL) zudem in Pattonville um Papier, Pappe und Kartonage. „Hier lag die Zahl in den vergangenen 17 Monaten bei 28 Beschwerden“, teilt die Pressestelle des Landratsamtes mit. Das sei ist landkreisweit gesehen Durchschnitt. Zur Abfuhr von Leichtverpackungen und Glas lägen der AVL keine Daten vor. Sie habe keine Möglichkeit des Einwirkens auf die Privatwirtschaft.

Und wie sieht es hinsichtlich der Zuverlässigkeit bei der sonstigen Abfuhr im Landkreis aus? „Die Leistung, die im Auftrag der AVL erbracht wird, kann derzeit als auf normalem Niveau bezeichnet werden“, heißt es.

Gründe erschließen sich ihm nicht

Für Nihat Küçük sind solche Antworten unbefriedigend. Er versteht nicht, woran es liegen könnte und was er besser machen kann, um weitere Probleme zu vermeiden. Weil die Familie in einer der vielen Stichstraßen Pattonvilles wohnt, achtet er darauf, dass die Tonnen gut am Straßenrand sichtbar sind. Er kann zudem ausschließen, dass die Gefäße zu spät hinausgestellt werden und dass der Weg zu seinem Grundstück für die Müllfahrzeuge zu schmal ist. Schließlich hat er beobachtet, dass es in einigen Fällen funktioniert hat. „Ich weiß einfach nicht mehr, was ich noch machen soll.“

Bei seinen direkten Nachbarn, die nicht in dem Stichweg, sondern an der breiteren Straße wohnen, klappt die Abfuhr nach Beobachtung der Familie Küçük besser. Der Pattonviller kann sich mit Blick auf das verzweigte Wegenetz im Kornwestheimer Stadtteil jedoch nicht vorstellen, dass er der einzige Betroffene sein soll. Er hat sich nun vorsichtshalber aber eine zweite Gelbe Tonne bestellt.

Zwei Systeme

AVL
 Die Abfallverwertungsgesellschaft des Landkreises Ludwigsburg (AVL) kümmert sich um das Verwerten und Beseitigen des privaten und gewerblichen Mülls. Sie ist eine Tochter des Landkreises. Die Beschäftigten holen Bio-, Papier-, Rest- und Sperrmüll ab. Zudem betreibt die AVL unter anderem mehrere Wertstoffhöfe.

Dual
 Neben der öffentlich-rechtlichen Entsorgung gibt es die dualen Systeme. Darüber werden Verkaufsverpackungen eingesammelt. Im Kreis Ludwigsburg steht dafür die Gelbe Tonne zur Verfügung. Finanziert wird es dadurch, dass beim Kauf von Waren die Kundinnen und Kunden das Entsorgen der Verpackung anteilig zahlen.  

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