Rom kämpft derzeit mit einer Menge Probleme: Müll auf den Straßen, Korruption und streikende Busfahrer. Bürgermeister Ignazio Marino will aufräumen – doch ihm bleibt dafür wenig Zeit.

Stuttgart - Überfüllte U-Bahnen, Müllberge auf den Straßen und Chaos am Flughafen: Italiens Hauptstadt ächzt derzeit nicht nur unter der schlimmsten Sommerhitze seit Jahren, sondern auch unter einem Berg von Problemen. Der öffentliche Nahverkehr steht vor dem Kollaps, die Müllabfuhr kommt kaum hinterher und die Verwaltung kämpft mit Korruption. Der Bürgermeister Ignazio Marino scheint mit dem Chaos zunehmend überfordert und gerät immer stärker in die Kritik.

 

Seit seinem Amtsantritt 2013 hat der Transplantationschirurg die größten Baustellen der Stadt nicht beheben können. „Das Hauptproblem in den vergangenen zwei Jahren war, Dinge wirklich umzusetzen“, sagt der Stadtrat Riccardo Magi. Nach Ansicht von Paolo Conti, der beim „Corriere della Sera“ die Leserbriefe empörter Römer sichtet, hat Marino die Prioritäten falsch gesetzt und sich etwa um Umweltschutz bemüht, anstatt drängende Fragen anzugehen.

An den Straßenecken stapelt sich der Müll

Probleme und Chaos sind die Römer zwar gewohnt, doch nun eskaliert die Situation. „Zwei Jahre Skandale und Defizite in der Politik und Verwaltung haben ausgereicht, um 3000 Jahre universeller Bewunderung für Rom zu ruinieren“, schimpfte die Zeitung „Il Messaggero“. Das Bild, das Rom derzeit abgibt, ist in der Tat kein besonders gutes. Viele Straßen und Parks sind in einem desolaten Zustand, an den Straßenecken stapelt sich der Müll. Die Müllabfuhr kommt mit dem Abtransport nicht mehr hinterher, längst haben sich neben den Containern Berge angesammelt. Menschen stochern nach etwas Brauchbarem, Möwen verteilen den stinkenden Inhalt.

Dazu kommt die Situation im öffentlichen Nahverkehr. Das Transportunternehmen ATAC steht vor dem Ruin. Seine Mitarbeiter streikten wegen angekündigter Reformen, völlig überfüllte Busse und Bahnen ohne Klimaanlagen strapazieren in der Sommerhitze die Nerven von Touristen und Römern. Auch der Flughafen Fiumicino macht seit Wochen Probleme. Nach einem Großbrand im Mai wurde die Kapazität reduziert, zuletzt behinderten Waldbrand oder Stromausfall den Flugverkehr.

Der Kampf des Bürgermeisters zeigt kaum Erfolg

Viele der Probleme sind eine Folge des Systems der langen Vetternwirtschaft, das unter Marinos Vorgänger Gianni Alemanno blühte. Ende vergangenen Jahres flog die Mafia-Unterwanderung der Stadt auf, Dutzende Politiker und Geschäftsleute wurden festgenommen. Sie hatten jahrelang bei der Vergabe lukrativer öffentlicher Aufträge in die eigene Tasche gewirtschaftet. Danach wurde Rom immer wieder von neuen Enthüllungen erschüttert, die zeigten, wie tief die Stadt im Sumpf aus Mafia, Betrug und Korruption steckt.

Marinos Kampf gegen dieses System ist kaum erfolgreich. Zwar ist der Bürgermeister selbst nicht in den Skandal verwickelt, dennoch trauen ihm die meisten Römer nicht mehr zu, in der Stadt aufzuräumen. Selbst Regierungschef Matteo Renzi steht nicht mehr uneingeschränkt hinter seinem Parteifreund. Doch einen Rücktritt lehnt Marino ab. „Für Veränderungen braucht es Monate. Ich hoffe, dass die Bürger von Rom in einem Jahr sehen werden, was wir alles geschafft haben“, erklärte er. Zuletzt baute er die Verwaltung der Stadt um und versprach Reformen, etwa beim Verkehr. Auch mehr Reinigungskräfte und Mülleimer soll es in Zukunft geben.

Denn die Lösung der Probleme ist dringender denn je. Im Dezember beginnt das von Papst Franziskus ausgerufene außerordentliche Heilige Jahr, mehr als 30 Millionen Pilger und Touristen werden erwartet. „Gebt mir etwas Zeit, um den Patienten zu kurieren“, bat Marino zuletzt. Noch kann er sich im Amt halten, doch im Innenministerium wird Berichten zufolge darüber diskutiert, ob der Stadtführung die Macht entzogen und an eine externe Kommission übergeben werden sollte. Es wäre eine weitere Blamage für die Ewige Stadt.