Die Stadt Markgröningen kritisiert, dass der Kreis auf seinen Deponien auch Asbestmüll aus Italien ablagert. Doch die Forderung, das zu ändern, dürften ins Leere laufen.

Schwieberdingen/Vaihingen - Beim Thema Müllabfuhr gibt es ein paar Dinge, über die sich der Markgröninger Bürgermeister Rudolf Kürner richtig aufregen kann. Schrottpiraten zum Beispiel, jene dubiosen Gestalten, die bei Sperrmüllterminen mit Transportern herumfahren und den wertvollen Elektroschrott klauen. Nicht minder brisant ist für Kürner das Thema Mülltourismus. Dass die AVL, die Abfallverwertungsgesellschaft des Kreises, auf der Deponie Froschgraben im Nachbarort Schwieberdingen Asbestmüll ablagert, der zudem noch großteils aus Italien stammt, will Kürner nicht akzeptieren. „Ich habe gehört, was da für Zeug angekarrt wird“, sagt er, „da sind wir strikt dagegen.“

 

Folglich spielte sich unlängst im Technischen Ausschuss des Markgröninger Gemeinderats ein kleines Abfallpolitikum ab: Das Gremium forderte von der AVL eine Änderung der Geschäftspolitik. Die Annahme von asbesthaltigen Abfällen aus Norditalien sei zwar aus wirtschaftlichen Gründen nachvollziehbar, hieß es im Beschlussvorschlag. Allerdings verkürze sich dadurch unnötig die Laufzeit der Deponie, weil Müll angenommen werde, für den die AVL gar nicht zuständig ist.

„Es gibt ein gewisses Spannungsfeld“

„Uns ist bewusst, dass es ein gewisses Spannungsverhältnis gibt“, sagt der Vizelandrat und AVL-Geschäftsführer Utz Remlinger. Die Diskussion sei allerdings alles andere als neu. Bereits „um das Jahr 2000 herum“ habe die AVL damit begonnen, Asbestabfälle aus dem Ausland anzunehmen. Anlass für die aktuelle Kritik sei wohl die Beteiligung der Nachbarstadt Markgröningen an der geplanten Erweiterung der Deponiekapazitäten in Schwieberdingen – verbunden mit einer Erhöhung des Geländes um bis zu 23 Meter.

Angeliefert würden großteils Eternitplatten, die sowohl im Schwieberdinger Froschgraben, als auch in der Deponie Burghof im Vaihinger Stadtteil Horrheim abgelagert würden. In den vergangenen gut zwölf Jahren habe die AVL auf den beiden Deponien insgesamt zwischen 200 000 und 240 000 Tonnen Asbest abgelagert. Verglichen mit der Menge der sonstigen Abfälle, also Bauschutt, Bodenaushub und ähnliche Stoffe, wo jährlich rund 600 000 Tonnen in beiden Deponien landen, sei das eher ein kleineres Segment.

AVL macht aus Not eine Tugend

Mit dem Asbestmüll mache die AVL aus der Not eine Tugend, sagt Remlinger. In echter Not seien die Bauunternehmer aus Italien, weil es dort praktisch keine Möglichkeiten gebe, die belasteten Abfälle fachgerecht abzulagern. Eine Tugend sei die Deponierung im Kreis Ludwigsburg einerseits für die Umwelt. Hier würden die Gefahrstoffe so gelagert, „dass von ihnen keinerlei Gesundheitsgefahr mehr ausgeht – auch nicht für unsere Mitarbeiter“, betont Remlinger. Andererseits sei diese Deponierung auch durchaus segensreich für die AVL-Kasse – und somit auch für die Steuerzahler im Landkreis Ludwigsburg.

Wie lukrativ diese Stoffe sind, zeige die AVL-Bilanz für 2012, wo es in der Gesamtmenge und der Menge des Asbestabfalls Rekordzahlen gegeben habe. Von den mehr als 600 000 Tonnen Abfall mache der Asbestmüll rund sieben Prozent aus. Bei den Erlösen seien es jedoch rund 15 Prozent. Die Einnahmen entlasten zwar nicht den Gebührenhaushalt. Aber wenn die AVL damit Gewinne erzielt – und das ist durchaus keine Seltenheit –, dann kommt das dem Kreishaushalt zugute. Das wiederum entlastet die Haushalte der 39 Städte und Gemeinden und somit auch über mehrere Ecken die Bürger im Kreis. „Wenn wir die Abfälle nicht annehmen, verzichten wir auf erhebliche Erlöse“, sagt Remlinger.

„Nicht mit uns abgesprochen“

Im Schwieberdinger Rathaus wundert man sich über den Markgröninger Vorstoß. „Wir hätten uns gewünscht, dass das mit uns abgesprochen wird“, sagt der Schwieberdinger Bürgermeister Gerd Spiegel. Zumal die Gemeinde schon seit zwölf Jahren gut mit der Thematik leben könne.

In Vaihingen ist man gar einen Schritt weiter. Dort verdient die Stadtkasse sogar direkt mit am Mülltourismus. „Wir partizipieren an den Einnahmen“, sagt der Oberbürgermeister Gerd Maisch. Da die Deponie der Stadt gehöre, habe Vaihingen die Höhe der Pacht, die der Kreis zahlt, direkt an die Menge der Abfälle gekoppelt, die aus dem Ausland stammen.