Die Stadtteilbibliothek Münster feiert am Wochenende ihr 60-jähriges Bestehen.

Münster - Münster ist der kleinste Stadtbezirk Stuttgarts. Da erscheint es folgerichtig, dass Münster auch die kleinste Stadtteilbibliothek Stuttgarts hat. Doch für deren Leiter Tom Ahlers ist das kein Grund für Bescheidenheit: „Wir sind die Kleine, Feine neckarabwärts“, sagt er mit einem breiten Lächeln. Am Wochenende begeht diese kleine Stadtteilbibliothek nun ihren 60. Geburtstag. Seit 1953 versorgt sie die Münsterer mit Lesestoff.

 

Dass die Bücherei im Kultur- und Sportzentrum sich mit Fug und Recht als fein bezeichnen darf, liegt sicher auch an Tom Ahlers. Er hat früher lange Zeit als Buchhändler im niedersächsischen Göttingen gearbeitet, und die Liebe zu den Büchern merkt man ihm an. Mit großem Einsatz arbeitet er daran, dass möglichst viele Menschen sich Bücher, aber auch mal eine Musik-CD oder einen Film auf DVD mit nach Hause nehmen. „Wir hatten 2012 mehr als 40 000 Entleihungen“, sagt Ahlers. „Damit sind wir zufrieden.“ Das war nicht immer so, erinnert er sich. Seit 2002 leitet er die Bibliothek in Münster, und die Entleihungen stiegen nur langsam. „Erst mit dem Neubau 2006 zog der Betrieb richtig an.“ Ahlers freut sich über die freundliche Atmosphäre und die große Fensterfront, die viel Licht zwischen die Regale lässt. „Im Sommer kann man draußen sitzen, Zeitung oder Bücher lesen und dazu Kaffee trinken.“

Durch den Neubau des Kultur- und Sportzentrums vor sieben Jahren hat die Bibliothek auch an Fläche gewonnen – aber nicht zu viel. Für die Bezirksvorsteherin Renate Polinski spielt gerade die überschaubare Größe eine wichtige Rolle. „Der Herr Ahlers kennt seine Leser persönlich“, sagt sie. Er leiste deshalb eine sehr gute Beratung, und wenn es sein müsse, sei auch einmal ein längeres Gespräch möglich. „Die Bibliothek ist eine richtige Anlaufstelle für alle Generationen.“

Die blutrünstigste Stadtteilbibliothek Stuttgarts

Für alle Leseratten soll ein Angebot dabei sein. Neben dem Internetführerschein für Kinder und den Bibliotheksführungen für Schulklassen gibt es in Münster zum Beispiel die „Hörzeit“. Die Stadtteilbücherei, der Bezirksbeirat und das Pflegezentrum Münster brachten diese neue Veranstaltung vor einem Jahr gemeinsam auf den Weg: Alle zwei Monate lesen professionelle Rezitatoren selbst gewählte Texte der Weltliteratur zu be-stimmten Themen. „Da es in Münster viele ältere Menschen gibt, machen wir das montags um 17 Uhr“, erläutert Ahlers. „Wir sind immer zwischen 30 bis 50 Personen“, berichtet er stolz. Seit die Münsterer Musiklehrerin Susanne Kraft manchem ihrer Schüler bei der „Hörzeit“ erste öffentliche Auftritte ermöglicht, erklingt neben den Worten auch Musik.

Für die zweite Jahreshälfte ist etwas Besonderes geplant: Künftig soll in Münster mehr möglich sein, als dass die Leser die Büchern holen müssen. Die Bücher sollen auch zu den Lesern kommen. „Wir arbeiten an der aufsuchenden Bibliothek“, erklärt Ahlers. „Wir wollen den Menschen, die nicht mehr so mobil sind, die Bücher nach Hause bringen.“ Bislang hat Ahlers das ab und zu selbst gemacht. Im Herbst will er diesen Lieferservice gemeinsam mit dem Bezirksrathaus und Ehrenamtlichen ausbauen – das kleine Münster als Pilotprojekt fürs große Stuttgart.

Bleibt die letzte Frage: Was liest man in Münster? Ahlers hat Verschiedenes aus-probiert. „Fantasy geht in Münster gar nicht“, weiß er mittlerweile. Da hat er es mit einem seiner Spezialgebiete versucht: Krimis und Thriller. Regelmäßig hole er interessante und manchmal auch ausgefallene Neuheiten ins Haus, sagt Ahlers. Und er muss lachen, als er neben „klein und fein“ noch etwas über seinen Arbeitsplatz zu sagen weiß: „Wir sind wohl die blutrünstigste Stadtteilbibliothek Stuttgarts.“