Die Kritiken waren gut, die Premierengäste begeistert – „Ghost“ fehlt dennoch das Publikum. Als die Stage-Chefin jetzt eine Show besuchte, verschenkte man 100 Karten, um die Leere im Saal zu kaschieren. Werden die Vampire zu den Rettern?

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Steuert die Stage Entertainment nach „Chicago“ und „Rocky“ auf einen weiteren Flop in Stuttgart zu? Weil die Verkaufszahlen für „Ghost“ im Palladium-Theater weit hinter den Erwartungen liegen, hat der Marktführer reagiert: Von Januar an wird die Anfang November auf den Fildern gestartete Show nicht mehr achtmal pro Woche gespielt, wie bei Stücken kurz nach der Premiere üblich, sondern nur noch siebenmal. Einen Ruhetag mehr gibt’s.

 

„Auf den Portalen der Zuschauerbewertungen bekommt ,Ghost‘ so gute Noten, dass uns das aktuelle Ticket-Verkaufsniveau etwas erstaunt und wir in der Tat damit nicht zufrieden sind“, hat Stephan Jaekel, der Hamburger Stage-Unternehmenssprecher, unserer Zeitung gesagt.

Die Verunsicherung in den Stuttgarter Musicalhäusern ist groß

Stage-Deutschlandchefin Uschi Neuss kam diese Woche nach Stuttgart, um an ihrem zweitwichtigsten Standort nach Hamburg mit den verunsicherten Mitarbeitern zu sprechen. Die Verunsicherung ist groß, seit im Oktober bekannt geworden ist, dass die Stage im März 2020 ihr Theater in Oberhausen schließt. Auswirkungen auf Stuttgart werden befürchtet. Wie bei Vor-Ort-Terminen üblich, besuchte die Chefin eine Show. Beim Blick auf den Belegplan des Saals sind die Stuttgarter Stage-Leute wohl ziemlich erschrocken.

Am vergangenen Mittwoch wies das Palladium große Lücken auf, wie dies seit der Premiere immer wieder geschieht. Eilends versuchte man, für „Ghost“ zu mobilisieren. Kurzfristig konnten 100 Freunde des Musicals mit Freikarten angelockt und diese so geschickt platziert werden, dass die Kulisse im Saal für die Chefin nicht so trostlos aussah. Uschi Neuss kennt den Umsatz natürlich selbst am allerbesten. Ihr Unternehmenssprecher Jaekel stellt die Kartenschenkaktion anders dar: „Wir wollte weniger Uschi Neuss als dem ,Ghost‘-Fanclub etwas Gutes tun – denn so was Nettes machen wir dann und wann, übrigens an allen Standorten.“

„Die Stage hat ,Ghost’ aufgegeben, bevor die Show richtig gestartet ist“

Die Musicalfirma ist nach dem Aus für Oberhausen in Unruhe geraten. Etliche Mitarbeiter haben gekündigt. Ob Pressesprecher Matthias Pusch oder Jürgen Marx, der bisherige Stage-Direktor für den Südwesten – bis dato wichtige Stützen des Unternehmens sind weg, ebenso wie der langjährige Sprecher Christof Schmid in Hamburg, der einst auch für Stuttgart zuständig war.

„Die Stage hat ,Ghost‘ bereits aufgegeben, bevor die Show richtig gestartet ist“, sagt ein Musicalinsider, „marketingmäßig passiert nicht viel.“ Dies sei sehr schade, meint er, weil die Inszenierung richtig gut sei, theatermäßig und ungewöhnlich, eben anders als die meisten Musicals. Flops sind in der Entertainmentbranche nicht zu vermeiden. Wichtig ist, ob das Unternehmen finanzstark genug ist und damit umgehen kann. Äußerst zufrieden ist die Stage mit dem Vorverkauf für „Tanz der Vampire“, „Tina“ und „Aladdin“. Jaekel: „Bei diesen Shows liegen wir über den Plankurven.“

Der neue Krolock in Stuttgart wird Filippo Strocchi

Was Fans der Vampire immer umtreibt und zu hitzigen Debatten führt: Wer ist der beste Krolock? In Stuttgart wird Filippo Strocchi diese Rolle übernehmen. In Oberhausen spielt der 37-jährige Italiener gerade diese Hauptrolle. Fast die gesamte Cast wechselt vom Ruhrgebiet nach Stuttgart. Eine weitere Personalie: Andreas Künne ist der neue Head of PR und folgt Matthias Pusch, der zu einer leitenden PR-Stelle in Fulda wechselt.

Die im März endende Spielzeit der Vampire im Ruhrgebiet wird von Demos der Theaterbelegschaft begleitet. Mit dem Slogan „Unsterblich verliebt in Oberhausen!“ wirbt die Stage für die Show. Die Musicalmacher müssen deshalb Spott ertragen. Denn sie selbst sind nicht unsterblich verliebt in Oberhausen. Dass dieser Standort wegfällt, dürfte mit ein Grund sein, warum Sprecher Pusch und Direktor Marx gegangen sind. Bisher waren sie für zwei Städte zuständig, nur allein für Stuttgart wäre eine klare Herabstufung ihrer Tätigkeit.

Wird Polanskis Erfolgsmusical in Möhringen an die alten Triumphe anknüpfen? „Irgendwann müssten auch eingefleischte Vampir-Fans feststellen, dass die Show seit Jahren immer schlechter wird“, sagt ein Musicalsänger. Die Stage spart bei der Besetzung, beim Orchester und beim Aufwand der Kulissen. Nichtsdestotrotz: Die Vorfreude auf die Rückkehr der steilen Zähne ist in Stuttgart groß. Sehr viele Fans sind scharf darauf, die unstillbare Gier zu feiern. Der schaurig-scharfe Krolock singt vom Hunger, der nie aufhört. Im Süden wird viel gearbeitet. Das macht hungrig – und man liebt dazu den Blutdurst der Nacht!