Am letzten Musikfestwochenende spielte das renommierte Auryn-Quartett Haydn und Schönberg in der Staatsgalerie. Die Hörer waren beeindruckt.

Stuttgart - Auf Wunsch der Domherren zu Cadiz schreibt Joseph Haydn zum Karfreitag des Jahres 1785 eine Passionsmusik für großes Orchester: „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“. Diese Musik über die letzten Dinge im Angesicht des Todes, so scheint es, bedarf unbedingt des begleitenden, des lenkenden Wortes. Doch Haydn legt 1787 eine Streichquartettfassung vor, durchaus ökonomisch motiviert zwar, aber auch seiner kompositorischen Kraft sicher, diesen heiklen Stoff ohne Worte nur in Tönen transportieren zu können.

 

Diese schmerzlich nach innen gewandte Musik über Tod und Erlösung wurde nun beim Musikfest Stuttgart vom Auryn-Quartett im Vortragssaal der Staatsgalerie auf ihren Gehalt befragt: eindringlich meist, mit einem Ohr für die feinen Nuancen der sieben Sätze. Dass das nun kein leichtes Unterfangen ist, lässt sich allein schon an den Satzbezeichnungen ablesen. Von der Introduktion und dem theatralisch hochfahrenden „Terremoto“ einmal abgesehen, heißt es in dem engen Kreis von Vortragsbezeichnungen wie Largo, Grave oder Adagio differenziert die expressive Spannung zu halten. Das Auryn-Quartett sollte diesen musikalisch schweren Gang fast bis zum Ende auf hohem Spannungsniveau halten, beinahe im Geiste Beethovens, beim Ringen um die Wortmächtigkeit dieser Passion ohne Worte.

Als weltliches Pendant zu Haydns Opus hatte man Arnold Schönbergs zweites Streichquartett gewählt, mit den vertonten George-Gedichten im dritten und vierten Satz über lodernden Weltschmerz und der Sehnsucht nach Entrückung, nach „Luft von anderem Planeten“. Auch das ein heikles Stück, schießt hier doch die Idee der klassischen Form mit einem hohen expressionistischen Kunstwillen zusammen. Das Auryn-Quartett hatte dieses so intrikat geflochtene Tongefüge in Sachen Agogik offenkundig auf der Goldwaage austariert. Ruth Ziesak, diese durch und durch integre Musikerin, gewichtete das zart glänzende Metall in ihrem Sopran nach allen Regeln der Gesangskunst und traf mit kundiger Stimme tief in das Herz dieser Musik.