Musikfest Stuttgart Abschlusskonzert mit viel Glanz

Die Bühne ist proppevoll: eine Szene vom Abschlusskonzert Foto: Holger/neider

Das Musikfest Stuttgart endet glanzvoll mit Robert Schumanns „Das Paradies und die Peri“.

Zu Lebzeiten des Komponisten ein internationaler Hit, dann lange aus dem Konzertsaal verbannt, heute zum Glück – wenn auch selten – wieder aufgeführt: Robert Schumanns „Das Paradies und die Peri“ ist ein ungeheuer wirkungsvolles und in den Hörsog ziehendes Werk. Das zeigte sich jetzt auch im Beethovensaal, wo Hans-Christoph Rademann, musikalischer Chef der Bachakademie, mit diesem Werk und einem Großaufgebot an Mitwirkenden das zweiwöchige Musikfest Stuttgart zu einem glanzvollen Abschluss brachte.

 

In diesem chorsinfonischen Stück geht es um einen Luftgeist der persischen Mythologie, die Peri, einen gefallenen Engel, der auf Teufel komm raus zurück will ins Paradies. Das Libretto spart nicht an Kuriositäten: Die Peri muss, um sich ihren Platz im Paradies zurückzuerobern, „des Himmels liebste Gabe“ bringen. Aber der letzte Blutstropfen eines sterbenden Freiheitskämpfers und der finale Atemhauch einer jungen Frau, die freiwillig ihrem Geliebten in den Tod folgt, reichen nicht. Erst die Reuetränen eines Verbrechers öffnen ihr die Pforte zum Himmel. Das Werk ist weniger ein Oratorium als vielmehr eine Folge inhaltlich miteinander verknüpfter Orchesterlieder. Rezitativisches geht auf in Lyrischem, der melodische Fluss scheint unendlich, auch der Chor ist ihm – unter Verzicht barockisierender Kontrapunktik – unterworfen.

Die Gaechinger Cantorey, mit exzellenten Frauenstimmen in ihren Reihen, von denen einige auch kleine Solopartien übernahmen, blühte in diesem Konzert auf in romantischer Farbenpracht, setzte all die changierenden Effekte zwischen den Stimmgruppen plastisch um, harmonisierte auch perfekt mit dem oft synchronisierten Solistenquartett. Die farbige, durch exotische Mixturen angereicherte Orchesterpartitur war beim Sinfonieorchester Basel in guten Händen, die Balance zwischen Streichern und Bläsern, die mit herrlichen Soli aufwarteten, ausgewogen.

Chen Reiss war der ideale Sopran für die Peri: kräftig genug ihre Stimme, um sich gegenüber romantischer Klangmassierung durchzusetzen, andererseits luftig und leicht genug, um die ätherische Seite des mystischen, sehnsuchtsvollen Wesens zu verkörpern. Zu Beginn noch etwas angestrengt, erklomm Reiss die Höhen immer perlender und klangschöner, um im euphorischen Erlösungsfinale das von Schumann genau kalkulierte hohe C sicher zu treffen. Fantastisch auch der Tenor Benjamin Bruns, der mit sattem, attraktivem Timbre und eloquent-geschmeidiger Phrasierung in die Märchenerzählung hineinzog, oder die Altistin Dorottya Láng, die mit warmem, kraftvollem Timbre und großer Empathie für sich einnahm, alles perfekt ergänzt durch Sopran Catalina Bertucci und Bass Tobias Berndt. So wundert es nicht, dass das apotheotische Ende dieses berauschenden Erlösungsdramas geradewegs in tosenden Applaus mündete.

Zahlen und Daten zum Festival

Festival
 39 Veranstaltungen, darunter 24 Konzerte, gut 460 Mitwirkende: Das war das Musikfest 2022, das am Sonntagabend im Stuttgarter Beethovensaal zu Ende ging. Im Zentrum standen in sechs Konzerten unterschiedliche „Sichten auf Bach“. 2021 hatte das Festival pandemiebedingt noch hybrid mit Präsenzveranstaltungen und Streamingangeboten stattgefunden.

Publikum
Mit gut 4200 verkauften Karten blieben die Besucherzahlen weit hinter den Erwartungen zurück. „Mit dieser Zahl“, so die Pressesprecherin der Bachakademie, Ute Harbusch, „sind wir natürlich nicht glücklich – wohl jedoch mit der Qualität und der Vielgestaltigkeit des Festivals.“ Die genauen Gründe für die verhaltene Resonanz will man noch analysieren.

Vorschau
 Das nächste Musikfest Stuttgart findet vom 16. Juni bis 2. Juli 2023 statt. Das Motto: „Natürlich“.

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