Schüler des Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums führen im Theaterhaus am Pragsattel die Kinderoper „Brundibár“ von Hans Krása auf.

Feuerbach - Wenn sich am Donnerstag, um 19 Uhr der Vorhang im Theaterhaus an der Siemensstraße hebt, zeigen Schüler des Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums die Kinderoper „Brundibár“ von Hans Krása. Dazu ein Gespräch mit Musiklehrer Dirk Siegel.

 
„Brundibár“ ist ein märchenhafter Stoff und eine Hymne auf die Freundschaft, mit einem Schuss Erich Kästner, was die soziale Härte der Zeit hineinbringt. Frösteln macht nicht zuletzt der zeitgeschichtliche Hintergrund, die Aufführungsgeschichte im Ghetto Theresienstadt. Wie ist es Ihnen damit ergangen?
Mir wurde das Stück vor 20 Jahren auch durch den historischen Hintergrund bekannt, der natürlich sehr berührt. Der Hintergrund wirkt aber auch wie ein Ballast, durch den ich mich durcharbeiten musste, um zum Kern dieses Stücks zu kommen. Es ist ein Lehrstück fast Brechtscher Art. Das kommt durch vieles zum Tragen. Durch die soziale Härte, aber auch durch die neue Rolle der Kunst auf dem Markt: Musik als Ware. Es geht auch um die Kommerzialisierung des gesamten Alltags. Das ist eine Kernaussage, die wir ernst nehmen.
Wie gehen Sie denn mit der Nazi-Zeit und der Judenvernichtung um, die ja die Rezeptionsgeschichte bestimmt?
„Brundibár“ ist natürlich eine große Chance, sich mit der Thematik zu beschäftigen. Nur sollte das Stück nicht darunter begraben werden. Ich habe auch schon Aufführungen gesehen, in denen die Kinder Judensterne trugen. Das finde ich zu eindimensional.
Wie aber machen Sie dann den historischen Kontext deutlich?
Der Geschichtskurs der Kursstufe 1 hat sich damit befasst und in Zusammenarbeit mit dem „Haus der Heimat“ und Hannelore Brenner-Wonschick, einer ausgewiesenen Brundibár-Expertin, Texte gesichtet, ausgesucht und erarbeitet, die rezitiert werden. Außerdem gibt es ein Klezmer-Stück als musikalische Ouvertüre. Die Inszenierung aber spielt heute, denn diese Problematik der Kommerzialisierung ist virulenter denn je.
Was war denn Ihre Motivation, „Brundibár“ mal wieder auf die Bühne zu bringen?
Ausgangspunkt war eine Anfrage des Hauses der Heimat, über die wir uns gefreut haben. Auch, weil das Stück eine überragende musikalische Qualität hat, was man nicht von vielen Kinderstücken behaupten kann. Die Musik ist richtig durchkomponiert, auch Szenarium und Text sind sehr kunstvoll. In der Übersetzung geht zwar manches von der ursprünglichen Schärfe verloren, wir haben aber versucht, diese Schärfe in unsere heutige Zeit zu transportieren. Brundibár hat bei uns zum Beispiel keinen Leierkasten mehr, sondern...
… kriegt die Musik durch Streaming...!
Das wäre vielleicht auch eine Idee. Wir haben uns gefragt, was sind heute die Maschinen, die Musik allzeit und überall und auch laut genug verfügbar machen. Wir haben eine Art Musicbox, und um das sichtbar zu machen, haben wir zwei Tänzerinnen, die Brundibárs Marionetten sind und seinen Einkaufs-Walzer vorführen.
Sie spielen mit großem Chor – und vermutlich mit einer Orchesterfassung...
Wir führen die Theresienstädter Fassung auf, letzter Hand. Mit 13 Instrumentalisten, von Oberstufenschülern gespielt, denn die Partien sind für Profis gemacht. Die vokalen Solopartien übernehmen Kinder der Klassen 5 und 6. Außerdem werden teilweise Schüler, die Musik-Mentoren sind, die einfacheren Stücke dirigieren.
Sind die jungen Leute denn aufgesprungen auf die Thematik?
Wie gesagt, „Brundibár“ ist da ein guter Einstieg. Es sind aber auch gut gebaute Szenen. So kam schnell die Lust am Spielen und Machen, und die Musik ist einfach hinreißend. Das hat gewirkt. Und dieser Marsch am Schluss, „Ihr müsst auf Freundschaft bauen“, ist zu einer Art Hymne geworden.
Das macht dann endgültig Gänsehaut?
Schon möglich! Es ist ein großes Glück, dass das Stück gerettet wurde. Die Kinder haben schon begriffen, dass sie da in einer langen Tradition stehen. Entscheidend ist aber die Qualität des Stückes. Die Begeisterung dafür ist bei allen spürbar.