Ein „Nabucco“-Gastspiel, das in der Göppinger Stadthalle hätte stattfinden sollen, wurde abgesagt. Rudolf Klose wartet immer noch auf die Erstattung des Geldes für die Karten. Jetzt geht er gegen die Firma Marketing & Kommunikation vor – er ist nicht der Einzige.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Göppingen - Es hätte ein unterhaltsamer musikalischer Abend werden sollen. Die Verdi-Oper „Nabucco“ stand auf dem Veranstaltungsprogramm der Göppinger Stadthalle. Doch als die erwartungsfrohen Besucher am 6. Februar dort eintrudelten, gab es lange Gesichter. Die Aufführung war „krankheitsbedingt“ kurzfristig abgesagt worden. „Dumm gelaufen, so was kann vorkommen“, so lautete zu diesem Zeitpunkt noch der allgemeine Tenor, zumal Mitarbeiterinnen der Stadt einige „Trostgetränke“ ausschenkten.

 

Der richtige Ärger kam dann in den Tagen danach, zumindest bei Rudolf Klose, der am Ticketschalter der Göppinger Lokalzeitung drei Eintrittskarten für insgesamt gut 150 Euro erworben hatte. Als sie der Rechberghäuser zurückgeben wollte, wurde ihm erklärt, dass man ihm seine Auslagen nicht erstatten könne. Das Geld sei bereits an den Veranstalter weitergereicht worden. Er müsse sein Anliegen dort vortragen. Das wiederum gestaltete sich schwierig. Denn die Agentur Marketing & Kommunikation mit Sitz in Bad Krozingen (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) war auf keinem Kommunikationskanal erreichbar.

„Marketing & Kommunikation“ nicht erreichbar

Der 59-Jährige versuchte auf anderem Weg sein Glück und wurde bei den Ticketportalen Reservix und Rhein Neckar Ticket vorstellig, über die der Vertrieb der Karten gelaufen war. Doch der Erfolg blieb aus. Wieder wurde er an den Veranstalter verwiesen, der bereits ausbezahlt worden sei. Die Reihe der Gelackmeierten wurde stetig länger. Denn so, wie Klose seinem Geld hinterher rennen musste, mussten die schuldlosen Zwischenhändler etliche böse Anrufe entgegen nehmen – und zwar nicht nur aus Göppingen.

Nach den Recherchen der StZ gibt es mindestens sechs vergleichbare Absagen: in Augsburg, Heidelberg und Würzburg wurde „Nabucco“ ebenfalls gecancelt, in Mannheim, Mainz und Wetzlar platzte Verdis „Aida“ – stets aus den gleichen Gründen, und immer trat Marketing & Kommunikation als Veranstalter auf. Eine Stellungnahme von Marta Braschi-Aberle, die beim Bad Krozinger Gewerbeamt als Geschäftsführerin eingetragen ist, war allerdings nicht zu bekommen. Unzählige Versuche der Stuttgarter Zeitung, über die verschiedensten Kanäle Kontakt mit Braschi-Aberle aufzunehmen, scheiterten ebenso wie die von Rudolf Klose zuvor.

Die Ermittlungen der Polizei laufen

Klose geht inzwischen fest davon aus, „dass das eine Masche ist, um die Leute abzuzocken“, weshalb er bei der Polizei Anzeige gegen den Veranstalter erstattet hat. Im Göppinger Raum ist Klose damit bis jetzt zwar der einzige. In ganz Baden-Württemberg sind es der Polizei zufolge aber mittlerweile schon gut drei Dutzend Betroffene, die sich betrogen fühlen. Die Ermittlungen laufen. Ergebnisse oder anderweitige Erkenntnisse, dass Marketing & Kommunikation auf dubiose Geschäftspraktiken setzt, liegen aber nicht vor.

Für Rudolf Klose gibt es dafür allerdings klare Indizien. So sei der eigentliche Veranstalter weder auf den Eintrittskarten noch auf den Ankündigungen erwähnt. „Außerdem mutet es im Nachhinein etwas seltsam an, dass man nirgends lesen konnte, welches Orchester und welche Darsteller bei ‚Nabucco’ denn eigentlich auf der Bühne stehen sollten.“ In der Tat sind in einer Ankündigung lediglich ein Dirigent und zwei weitere Akteure namentlich erwähnt, mehr aber nicht. Gerüchteweise hatte Rudolf Klose im Vorfeld gehört, dass ein italienisches Ensemble die Oper hätte präsentieren sollen. „Danach hieß es dann, dass es sich um eine Truppe aus Rumänien handelt. Für mich sieht das jedenfalls so aus, als ob das alles Methode hat“, ergänzt er.

„Zwischenhändler“ prüft rechtliche Schritte

So weit wollen sich die Verantwortlichen bei den nun zumindest in ihrem Image geschädigten Verkaufsportalen zwar nicht aus dem Fenster lehnen. Konsequenzen gezogen hat man aber doch. „Wir wickeln die Veranstaltungen mit Frau Braschi-Aberle noch ab, die wir im Programm haben, danach ist Schluss“, sagt Marius Brenner, der Geschäftsführer von Rhein Neckar Ticket. Ihm tue es in erster Linie für die Kunden leid, die sich geprellt fühlten. „Wir selbst haben keine rechtlichen Schritte eingeleitet, aber natürlich prüfen wir das gerade“, fügt er hinzu.

Boris Kauth, der Pressesprecher von Reservix, erklärt, „dass wir als Dienstleister zwischen dem Veranstalter und den Vorverkaufsstellen jetzt im konkreten Fall alarmiert sind.“ Es gebe immer wieder mal solche Fälle, in denen mit dem Vertrauen von Konzertbesuchern Schindluder getrieben werde, auch wenn diese Vorgänge sich nicht häuften, fährt er fort. Aufmerksamkeit scheint dennoch geboten. So blieben, wie berichtet, erst jüngst auch Kartenkäufer auf ihren Tickets sitzen, die eine große Pyjamaparty im Glaspalast in Sindelfingen (Kreis Böblingen) hatten besuchen wollen.