Der Chef des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sieht sich schweren Vorwürfen ausgesetzt. Zuvor hatte Jan Böhmermann in seiner Sendung „ZDF Magazin Royale“ eine mögliche Verbindung zum russischen Geheimdienst aufgedeckt.
Jan Böhmermann hat mit seiner Sendung „ZDF Magazin Royale“ für ordentlich Wirbel gesorgt. Der Moderator thematisierte in seiner Show eine mögliche Verbindung des Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, mit dem russischen Geheimdienst. Die Politik reagiert nun auf die Vorwürfe.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will Schönbohm Medienberichten zufolge abberufen. Das berichten „Bild“ und das „Handelsblatt“ unter Berufung auf Regierungskreise. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums wollte auf dpa-Anfrage die Berichte nicht kommentieren. Aus Ministeriumskreisen hieß es, dass die ursprünglich für Donnerstag geplante Vorstellung des BSI-Lageberichts verschoben werden soll.
Innenministerium prüft Vorwürfe
Schönbohm steht wegen der von Böhmermann aufgedeckten möglichen Kontakte zu russischen Geheimdienstkreisen über den umstrittenen Verein „Cyber-Sicherheitsrat Deutschland“ in der Kritik. Ein Sprecher erklärte, das Innenministerium gehe den Sachverhalten nach und prüfe diese genau. „Alle Optionen werden geprüft und wie mit der aktuellen Situation umgegangen werden soll.“
Wegen der Bestimmungen des Beamtenrechts kann der Behördenchef nicht einfach entlassen werden. Die „Bild“ berichtete, nach der Abberufung werde für Schönbohm so schnell wie möglich eine neue Verwendung und für das BSI ein Nachfolger gesucht. Das BSI antwortete auf eine Anfrage der dpa nicht.
Schon länger Unmut über die Rolle von Schönbohm
Der Verein „Cyber-Sicherheitsrat Deutschland“ steht unter anderem wegen der Mitgliedschaft der Berliner Cybersecurity-Firma Protelion in der Kritik. Das Unternehmen firmierte bis Ende März unter dem Namen Infotecs GmbH. Dabei handelt es sich um ein Tochterunternehmen der russischen Cybersecurityfirma O.A.O.Infotecs, die nach Informationen des Recherchenetzwerks Policy Network Analytics von einem ehemaligen Mitarbeiter des russischen Nachrichtendienstes KGB gegründet wurde.
Bereits seit Längerem soll es nach dpa-Informationen im Innenministerium Unmut über Schönbohms Rolle im und seinen Umgang mit dem Cyber-Sicherheitsrat geben. Die neuerlichen Vorwürfe und Schönbohms Besuch beim Jubiläum des Vereins haben das Fass nun offenbar zum Überlaufen gebracht.
Ausschuss befasst sich am Mittwoch damit
Die digitalpolitische Sprecherin der Links-Fraktion im Deutschen Bundestag, Anke Domscheit-Berg, erklärte am Samstag auf Twitter, sie habe beantragt, dass sich der Digitalausschuss am kommenden Mittwoch mit dem Thema befasst. Was Jan Böhmermann an Verbindungen zwischen russischen Nachrichtendiensten, „einem dubiosen Cybersicherheits-Verein, seinen Mitgliedern sowie dem BSI“ öffentlich gemacht habe, sei unfassbar.
Schönbohm ist einer der Mitgründer des „Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V.“, der unter anderem in der Kritik steht, weil er zu bestimmten Anlässen wie eine vermeintliche staatliche Institution aufgetreten ist. Im Jahr 2019 hatte außerdem Vereins-Präsident Hans-Wilhelm Dünn gegenüber dem ARD-Magazin „Kontraste“ und der Wochenzeitschrift „Die Zeit“ Kontakte zu russischen Geheimdienststellen eingeräumt.
Schönbohm war nach dpa-Informationen mehrfach nahegelegt worden, sich von dem „Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V.“ zu distanzieren. Anfang September trat der Behördenchef allerdings bei dem Verein auf, um ihm öffentlich zum zehnjährigen Bestehen zu gratulieren.