In dem Kontrollgremium der Rundfunkanstalt sitzen zu viele Vertreter des Staates. Auch Bürgermeister gelten nun als staatsnah. Bis zum Sommer 2015 wird das Gremium neu organisiert. Doch nicht alle Betroffenen wollen klaglos ihre Plätze räumen.

Stuttgart - Auf der sogenannten Staatsbank im Verwaltungsrat des SWR wird es eng. Dort sitzen die Vertreter des Landtags und der Landesregierung. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Frühjahr müssen nun auch Vertreter von Kommunalen Spitzenverbänden sowie Bürgermeister und Oberbürgermeister dazu gerechnet werden. Der öffentlich rechtliche Rundfunk soll aber staatsferner werden. Daher haben die Verfassungsrichter am Beispiel des ZDF verfügt, dass die staatsnahen Vertreter nicht mehr als ein Drittel eines Rundfunkgremiums ausmachen dürfen.

 

Damit beginnt das Gerangel um die Plätze im Verwaltungsrat des SWR. Von den 15  Plätzen in dem Kontrollorgan sind sieben der Staatsbank zuzurechnen. Dort sitzen zwei Regierungsvertreter aus Baden-Württemberg und einer aus Rheinland-Pfalz. Dazu vier Landtagsabgeordnete, drei aus Baden-Württemberg und einer aus dem Nachbarland.

Allein das wären schon zu viele Staatsvertreter. Nach dem Verfassungsgerichtsurteil werden künftig außerdem auch Roger Kehle, der Präsident des baden-württembergischen Gemeindetags und Theresia Riedmaier von Landkreistag Rheinland-Pfalz zu den staatsnahen Vertretern gezählt. Sie wurden vom Rundfunkrat in den Verwaltungsrat entsandt.

Die Medienministerin Silke Krebs (Grüne) – selbst Mitglied im Verwaltungsrat – erklärt, der erst 2013 unterzeichnete Staatsvertrag müsse angepasst werden. Das Staatsministerium sei bereits dabei, das Werk verfassungskonform zu machen. Am Donnerstag geht die erste Information an den Ständigen Ausschuss des Landtags.

„Vertreter von Kommunalen Spitzenverbänden und hauptberufliche Bürgermeister dürfen nicht mehr von Rundfunkrat in den Verwaltungsrat gewählt werden“, ist die Position von Krebs. Kehle und Riedmaier müssten also raus. Das ist das eine.

Ein Regierungsmitglied soll verzichten

Damit das vom Verfassungsgericht vorgeschriebene Kräfteverhältnis stimmt, will auch die baden-württembergische Landesregierung auf einen Sitz verzichten. Dann verblieben sechs Plätze auf der Staatsbank, das Gremium wird von 15 auf 18 Mitglieder aufgestockt und der geforderte Drittelanteil wäre hergestellt.

Wer den Verwaltungsrat verlassen werde, „ist völlig offen“, sagt Silke Krebs. Treffen könnte es sie selbst oder den SPD-Bundesratsminister Peter Friedrich. In Verwaltungsratskreisen heißt es, die Regierung könnte sich an Rheinland-Pfalz orientierten. Das Nachbarland hat einen Regierungsvertreter. Schickt Rheinland-Pfalz einen Grünen, würde Baden-Württemberg wohl den SPD-Mann Friedrich im Gremium belassen, kommt ein Sozialdemokrat aus Rheinland-Pfalz, könnte Krebs vermutlich bleiben.

Auch Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) ist laut Krebs von der Änderung betroffen. Er sitzt für den Volkshochschulverband im Rundfunkrat des SWR. Nach dem Urteil dürfen laut Krebs auch Verbände keine Kommunalvertreter mehr benennen. Im Sommer 2015 soll der Staatsvertrag unter Dach und Fach sein.

Kommunale verstehen sich nicht als staatsnah

Für Krebs ist das Teil der notwendigen Umsetzung des Verfassungsgerichtsrurteils. Die Kommunalvertreter selbst hegen Zweifel an der Definition der Richter. Der Gemeindetagspräsident Roger Kehle findet es nicht sachgerecht, Vertreter von kommunalen Spitzenverbände als staatsnah zu definieren.

„Man muss die Entscheidung des Verfassungsgerichts respektieren“, sagt dagegen Günther-Martin Pauli, der Landrat des Zollernalbkreises. Er sitzt als CDU-Landtagsabgeordneter im SWR-Verwaltungsrat und hält den Regierungsvorschlag für „grob ungeschickt“. Die Kommunalvertreter würden vor den Kopf gestoßen, der Rundfunkrat in seinen Auswahlmöglichkeiten eingeschränkt. Pauli schlägt vor, es bei 15 Verwaltungsräten zu belassen, und nur noch vier Mitglieder über die Landtage zu benennen. Dabei könnten die Abgeordneten durchaus auch ein Regierungsmitglied entsenden, findet Pauli, eigene Regierungsvertreter hält er indes nicht für notwendig. Mit dem jetzigen Vorschlag sei der Ärger programmiert, „man könnte das kreativer und intelligenter machen“ sagt Pauli hofft auf das jetzt beginnende parlamentarische Verfahren.

Verwaltungsrat

Der Verwaltungsrat des SWR zählt 15 Mitglieder, acht von ihnen wählt der Rundfunkrat, sieben entsenden die Landtage und Regierungen von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Der Verwaltungsrat legt den Haushaltsplan des Senders fest und überwacht die Geschäftsführung des Intendanten. In Programmangelegenheiten beraten die 74 Rundfunkräte den Intendanten.

Der Staatsvertrag des SWR ist seit Januar 2014 in Kraft. Der Landtag soll soll nach dem jetzigen Zeitplan im März 2015 darüber beraten und den Vertrag im April verabschieden.

Grundsatzurteil

Das Bundesverfassungsgericht hat den Einfluss von Politikern auf öffentlich-rechtliche Sender im März in einem Grundsatzurteil etwas eingeschränkt. Auslöser war die Vertragsverlängerung des ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender, die 2009 durch den Verwaltungsrat des ZDF verhindert worden war.