Die beiden Oberbürgermeister Palmer und Belz plädieren für eine reine Bodensteuer. Sie wollen ran an die „Enkelestückle“.

Stuttgart - Die beiden grünen Oberbürgermeister Boris Palmer (Tübingen) und Stefan Belz (Böblingen) haben sich für eine allein am Grundstückswert ausgerichtete Reform der Grundsteuer ausgesprochen. In einem gemeinsamen Antrag für den Landesparteitag ihrer Partei an diesem Samstag heißt es: „Wir halten den Vorschlag, künftig nur noch den Wert des Grundstücks selbst für die Berechnung der Grundsteuer heranzuziehen, für besonders prüfenswert.“

 

Die Grundsteuer würde dann als reine Bodensteuer unabhängig von der Bebauung erhoben. Insbesondere Palmer setzt sich schon lange für dieses Modell ein, weil die Bodensteuer eine ökologische Lenkungswirkung entfaltet: Wenn, wie von Palmer und Belz vorausgesetzt, die Reform in der Summe aufkommensneutral gestaltet wird, steigt die Steuerbelastung von unbebauten Grundstücken. Das könnte als Anreiz dienen, innerörtliche Flächen für eine Bebauung freizugeben. Nicht selten handelt es sich um so genannte „Enkelestückle“, die in der Familie gehalten werden – für eine künftige Bebauung oder auch als wertbeständiger Vermögenswert.

14 Milliarden Euro für die Kommunen

Am 10. April hatte das Bundesverfassungsgericht die Grundsteuer in ihrer derzeitigen Form für verfassungswidrig erklärt. Seit 1964 gibt es keine systematische Aktualisierung der Werte der bebauten Grundstücke in Westdeutschland, im Osten basieren die Werte auf Erhebungen aus dem Jahr 1935. Für Städte und Gemeinden stellt die Grundsteuer die zweitwichtigste eigene Einnahmequelle dar. Das Aufkommen beläuft sich in diesem Jahr auf etwa 14 Milliarden Euro. Der Gesetzgeber steht nun unter Zugzwang: Bis Ende des kommenden Jahres, so verlangen die Richter, muss eine Neuregelung her. Andernfalls entfällt die Steuer. Das aber wäre fatal. Allein in Baden-Württemberg kämen 1101 Städte und Gemeinden in schwere finanzielle Schwierigkeiten, schreiben die beiden grünen Kommunalpolitiker Palmer und Belz – mit Auswirkungen auf Kinderbetreuung, Nahverkehr und andere kommunale Aufgaben. Entscheidend ist ihrer Ansicht nach, die Grundsteuerberechnung zu entbürokratisieren. Genau dies sei der Grund dafür, dass die Steuer in die Verfassungswidrigkeit gelaufen sei: Der Aufwand für eine regelmäßige Aktualisierung der Werte der bebauten Grundstücke war zu groß. „Die Grundsteuer muss in Zukunft einfach und gerecht sein“, sagt Palmer.

Als Eckpunkte für eine Reform nennen die beiden Oberbürgermeister: Die Grundsteuer müsse bundeseinheitlich geregelt werden: „Eine Länderkompetenz hätte einen erhöhten Bürokratieaufwand zur Folge und würde die gesellschaftliche Akzeptanz der Wertermittlung gefährden.“ Deshalb müssten die Länder kompromissbereit sein. Wohnen dürfe nicht teurer werden, die durchschnittliche Belastung durch die Grundsteuer solle nicht erhöht werden. Jedoch seien Belastungsverschiebungen für einzelne Grundbesitzer unvermeidlich.

Um Flächen für den Wohnungsbau zu mobilisieren, sei auch eine Grundsteuer C denkbar. Eine solche ist auch im neuen Koalitionsvertrag von CDU und SPD im Bund verankert. Bisher gibt es eine Grundsteuer A für landwirtschaftliche Flächen sowie eine Grundsteuer B für alle übrigen Flächen. Eine neue Grundsteuer C würde die Kosten für unbebaute Grundstücke erhöhen. Sie hatte es bereits in den 1960er-Jahren kurzzeitig gegeben, war aber wirkungslos geblieben, weil die Grundstückseigentümer ihre Flächen dennoch nicht in die Bebauung gaben. In dem Papier der beiden Oberbürgermeister heißt es: „Wer sein Grundstück bebaut, muss heute mehr Grundsteuer zahlen. Eine zeitgemäße Grundsteuer sollte den Leerstand von Baulücken nicht mehr auf diese Weise begünstigen.“