Wer Anne und Nikolaus Schneider trifft, kann sich vorstellen, mit welcher Lust am Austausch von theologischen wie auch gesellschaftspolitischen Argumenten bei den beiden der Tag schon am Frühstückstisch beginnt. „Wir sind uns einig, dass zu der Formel ,Wir sind Kirche‘ auch gehört, wichtige Gefühle öffentlich zu teilen und auch persönliche Antworten darauf zu geben, was Gott will, dass wir tun.“ Damit sei man sofort bei politischen Themen, sagt Anne Schneider. Sie hat wie ihr Mann Theologie studiert und bis zum Umzug von Düsseldorf nach Berlin vor dreieinhalb Jahren als Realschullehrerin gearbeitet. Gemeinsam schreiben die beiden Bücher. Auch über das Sterben und den Tod ihrer Tochter Meike, die mit 22 Jahren 2005 an Leukämie gestorben ist.
Einem Schön-Wetter-Glauben reden die beiden dabei nicht das Wort. „Wenn ich einen missionarischen Drang habe, dann den zu verdeutlichen, dass der Glaube das Leben nicht einfach so vereinfacht“, sagt Anne Schneider. Man müsse auch über die eigenen Zweifel Rechenschaft ablegen, auch und besonders in solch exponierter Position.
Das Sterben und der Weg dorthin ist eines dieser Themen. Nach den beiden Interviews zu Anne Schneiders Erkrankung habe das EKD-Presseamt entschieden, dass Nikolaus Schneider nur noch ohne seine Frau zur Sache sprechen solle. Sie begann in dieser Zeit ihre Therapie.
„Die Prognose damals war schlecht“, sagt Nikolaus Schneider. Seine Frau war an entzündlichem, einer äußerst aggressiven Form von Brustkrebs erkrankt. Der behandelnde Arzt nimmt sie in ein Forschungsprogramm auf. Als sie sagt, sie wolle angesichts des Sterbens ihrer Tochter, der die Chemotherapie nicht geholfen habe, keine machen, fragt er sie ganz direkt: „Wollen Sie sterben?“ Das will sie nicht. „Ich wollte dann auch kämpfen.“
Und wie geht es ihr heute?„Es geht mir richtig gut“, sagt sie, ohne lange nachzudenken. Alle drei Monate gehe sie nun zu Kontrolluntersuchungen. Es sei nicht so, dass sie denke, es wird nichts sein. „Aber ich empfinde das jetzt schon als total geschenkte Zeit. Es ist einfach toll, wie es ist.“ Sie hat Chemotherapie, Bestrahlung und eine Operation hinter sich – das ganze Programm mit allen Höhen und Tiefen. Ihr Haar, das einmal blond war, ist nach der Chemotherapie, dem Haarausfall und den Chemo-Locken nun brünett nachgewachsen. Ihr Mann hat in den „hammerharten Zeiten der Chemotherapie“ wie versprochen Wadenwickel gegen das Fieber gemacht und aus der Zeitung vorgelesen. Zusammen haben sie TV-Serien wie „Borgen“ und „House Of Cards“ geschaut – und extra einen großen Fernseher dafür gekauft.
„Mir war es wichtig, diese Diskussion in Respekt zu führen. Es ist nicht nur eine Position theologisch möglich“, sagt Nikolaus Schneider noch heute. Damals waren für viele Kritiker die Positionen des Kirchenmannes und die des Privatmannes nicht klar voneinander getrennt. „Ich sehe sehr wohl die Plausibilität anderer Positionen“, sagt er. Ihnen mit Respekt zu begegnen „war ein wichtiger Beitrag, den die Kirche in einer solchen Situation leisten kann“. Im November 2015 hat der Bundestag das Wirken von Sterbehilfevereinen für strafbar erklärt.
Die Diskussion, wie sie einmal sterben wollen, ist für die Schneiders damit nicht beendet. Eine Vorsorgevollmacht wollen sie demnächst abfassen.
Anne Schneider: „Es geht mir richtig gut“
Wer Anne und Nikolaus Schneider trifft, kann sich vorstellen, mit welcher Lust am Austausch von theologischen wie auch gesellschaftspolitischen Argumenten bei den beiden der Tag schon am Frühstückstisch beginnt. „Wir sind uns einig, dass zu der Formel ,Wir sind Kirche‘ auch gehört, wichtige Gefühle öffentlich zu teilen und auch persönliche Antworten darauf zu geben, was Gott will, dass wir tun.“ Damit sei man sofort bei politischen Themen, sagt Anne Schneider. Sie hat wie ihr Mann Theologie studiert und bis zum Umzug von Düsseldorf nach Berlin vor dreieinhalb Jahren als Realschullehrerin gearbeitet. Gemeinsam schreiben die beiden Bücher. Auch über das Sterben und den Tod ihrer Tochter Meike, die mit 22 Jahren 2005 an Leukämie gestorben ist.
Einem Schön-Wetter-Glauben reden die beiden dabei nicht das Wort. „Wenn ich einen missionarischen Drang habe, dann den zu verdeutlichen, dass der Glaube das Leben nicht einfach so vereinfacht“, sagt Anne Schneider. Man müsse auch über die eigenen Zweifel Rechenschaft ablegen, auch und besonders in solch exponierter Position.
Das Sterben und der Weg dorthin ist eines dieser Themen. Nach den beiden Interviews zu Anne Schneiders Erkrankung habe das EKD-Presseamt entschieden, dass Nikolaus Schneider nur noch ohne seine Frau zur Sache sprechen solle. Sie begann in dieser Zeit ihre Therapie.
„Die Prognose damals war schlecht“, sagt Nikolaus Schneider. Seine Frau war an entzündlichem, einer äußerst aggressiven Form von Brustkrebs erkrankt. Der behandelnde Arzt nimmt sie in ein Forschungsprogramm auf. Als sie sagt, sie wolle angesichts des Sterbens ihrer Tochter, der die Chemotherapie nicht geholfen habe, keine machen, fragt er sie ganz direkt: „Wollen Sie sterben?“ Das will sie nicht. „Ich wollte dann auch kämpfen.“
Und wie geht es ihr heute?„Es geht mir richtig gut“, sagt sie, ohne lange nachzudenken. Alle drei Monate gehe sie nun zu Kontrolluntersuchungen. Es sei nicht so, dass sie denke, es wird nichts sein. „Aber ich empfinde das jetzt schon als total geschenkte Zeit. Es ist einfach toll, wie es ist.“ Sie hat Chemotherapie, Bestrahlung und eine Operation hinter sich – das ganze Programm mit allen Höhen und Tiefen. Ihr Haar, das einmal blond war, ist nach der Chemotherapie, dem Haarausfall und den Chemo-Locken nun brünett nachgewachsen. Ihr Mann hat in den „hammerharten Zeiten der Chemotherapie“ wie versprochen Wadenwickel gegen das Fieber gemacht und aus der Zeitung vorgelesen. Zusammen haben sie TV-Serien wie „Borgen“ und „House Of Cards“ geschaut – und extra einen großen Fernseher dafür gekauft.
Alt werden bei den Freunden im Ruhrgebiet
Die beiden kennen sich seit einem halben Jahrhundert. Die liebevolle Verbundenheit, die sie ausstrahlen, sei natürlich gewachsen, sagt Nikolaus Schneider – und unter Tränen erarbeitet, wie er sagt. „Das ist eine Mischung aus Beziehungsarbeit und Glück“, erklärt Anne Schneider. Es ist eine Liebe, die sie immer noch auch nach außen spürbar trägt.
Die neue Wohnung in Berlin-Friedenau ist für vier Jahre gemietet. Zwölf mal sind sie schon umgezogen. „Ich wollte ja etwas mit Aufzug“, sagt die Hausherrin. „Aber es ist ja nur für die nächsten vier Jahre“, fügt sie dann fröhlich hinzu. „Und was ist, wenn ich in den vier Jahren sterbe?“, nimmt sie eine weitere Frage vorweg. Dann will sie im Familiengrab in Düsseldorf-Kaiserswerth beerdigt werden. Dort, wo die Familie vor zwölf Jahren die jüngste ihrer drei Töchter begraben hat.
Die Schlussphase ihres Lebens, so haben die beiden entschieden, wollen sie dort zubringen, wo 90 Prozent ihrer Freunde leben, mit denen sie über kirchliche, politische oder schulische Zusammenhänge verbunden sind, „mit denen ein Grundverständnis über Glaube und politisches Engagement besteht“, mit denen sie alles Private geteilt haben – bis hin zu Trennungen und Sterbefällen: in Duisburg, im Ruhrgebiet. Da wo beide herkommen.
Nikolaus Schneider: „Es kann auch sein, dass da gar nichts ist“
Aber jetzt ist erst mal Umzug Nummer zwölf geschafft. Die Möbel stehen, die Bilder hängen. Im Flur wacht ein meterhoher Schutzengel. Gemütlich ist es hier zwischen vielen Erinnerungen eines erfüllten Lebens. Sie haben einen dreiwöchigen Föhr-Urlaub mit Töchtern, Schwiegersöhnen und Enkeln hinter sich, am Wochenende hat Nikolaus Schneider sein jüngstes Enkelkind getauft. Demnächst steht eine zweimonatige Reise durch Italien an. Keine Frage: Die Schneiders machen Pläne für die Zukunft. „Nach der Italienreise fällt uns schon wieder was Neues ein“, sagt Nikolaus Schneider und schaut seine Frau mit einem wachen und liebevollen Lächeln an.