Nach „Quotenschwarzer“-Nachricht Jens Lehmanns rassistischer Fehlschuss ins Abseits

Jens Lehmann muss seinen Posten im Aufsichtsrat von Hertha BSC räumen. Foto: dpa/Sven Hoppe

Der Ex-Nationaltorwart bezeichnet den TV-Experten Dennis Aogo als „Quotenschwarzen“ – mit weitreichenden Folgen.

Sport: Gregor Preiß (gp)

Stuttgart - Am Ende lieferte Jens Lehmann den Verantwortlichen von Hertha BSC die perfekte Steilvorlage. Schon länger war der Ex-Nationaltorwart in seiner Funktion als Aufsichtsrat vielen beim Fußball-Bundesligisten ein Dorn im Auge. Mit dem Formulieren sportlicher Ziele hatte er beim selbst ernannten Big City Club immer wieder für Störfeuer gesorgt. Weshalb die Clubführung und der mächtige Hertha-Investor Lars Windhorst wohl nur die nächstbeste Gelegenheit abpassten, um dem 51-Jährigen den Stuhl vor die Tür setzen zu können.

 

Lehmann hat sie nun selbst geliefert. Seine rassistische Äußerung in Richtung des TV-Experten Dennis Aogo, den er als „Quotenschwarzen“ bezeichnete, ließ den Berlinern keine andere Wahl. „Wir haben den Beratervertrag aufgelöst. Damit ist auch seine Tätigkeit im Aufsichtsrat von Hertha BSC beendet“, teilte die Tennor Holding von Windhorst mit. „Solche Einlassungen entsprechen in keiner Weise den Werten, für die Hertha BSC steht“, ergänzte Präsident Werner Gegenbauer.

Dennis Aogo antwortet: „WOW dein Ernst?“

Dem Schritt war eine rassistische Entgleisung von Lehmann vorausgegangen. Am Dienstagabend hatte der 34-jährige Dennis Aogo, wie Jens Lehmann einst in Diensten des VfB Stuttgart, eine Whatsapp-Nachricht des 51-Jährigen öffentlich gemacht. „Ist Dennis eigentlich euer qotenschwarzer?“, hieß es darin in eigentümlicher Orthografie. Bestimmt war Lehmanns Nachricht offensichtlich für einen anderen Adressaten als den TV-Experten Aogo, der auf die fehlgeleitete Mail im virtuellen Beisein seiner 81 000 Follower auf Instagram prompt und knapp antwortete: „WOW dein Ernst?“

Die Aufregung im Netz ließ nicht lange auf sich warten. Der streitbare Ex-Torhüter hatte schon im vergangenen Jahr mit Äußerungen, in denen er Covid-19 verharmloste, Ärger verursacht. Nun stellt er sich mit seinem rassistischen Fehlschuss ins Abseits. „Nicht nur die Sprache ist das Erschreckende, sondern auch das Denken, das dahintersteckt“, kritisierte Jimmy Hartwig, Botschafter des Deutschen Fußball-Bundes.

Lehmann bemüht sich, die Wogen zu glätten

Lehmann selbst war bemüht, die Wogen zu glätten. Seine Erklärung bei Twitter: „In einer privaten Nachricht ist ein Eindruck entstanden, für den ich mich im Gespräch mit Dennis entschuldigt habe. Als ehemaliger Nationalspieler ist er sehr fachkundig und hat eine tolle Präsenz und bringt bei Sky Quote.“ Gegenüber der „Bild“-Zeitung schob der 51-Jährige nach: „Die Äußerung war überhaupt nicht so gemeint, sondern positiv. Es war von mir unglücklich ausgedrückt.“ Aogo hat Lehmanns Entschuldigung inzwischen angenommen. „Ich habe ihm das abgenommen, dass es ihm leidtut, und somit ist für mich dieses Thema erledigt.“

Dennoch lässt Lehmanns Wortschöpfung nur wenig Spielraum für Verständnis. In seiner Vergangenheit ist der 61-fache Nationalspieler diesbezüglich zwar noch nie aktenkundig geworden. Allerdings ist die Liste anderer Verfehlungen lang. Vor allem auf dem Platz fiel der gebürtige Essener häufig negativ auf und eckte mit seinem Verhalten an. Immer wieder geriet Lehmann mit Gegnern, Schiedsrichtern und Mitspielern aneinander. Selbst Fotografen, Balljungen und Fans waren vor den Aussetzern des Torhüters nicht sicher, der während seiner Londoner Fußballzeit einst den Spitznamen Mad Jens verpasst bekam. Sein früherer Mitspieler Karsten Baumann twitterte am Mittwoch: „Du warst schon damals ein Vollidiot!“

Die Fernsehsender Sky und Sport 1 wollen Lehmann nicht mehr einladen

Lehmanns Wirken auf dem Platz war ein steter Wandel zwischen Exzentrik und Egozentrik. Sein Denkmal als WM-Held von 2006 hat er selbst demontiert. Seine Versuche, nach der aktiven Karriere im Fußballgeschäft Fuß zu fassen, ob als TV-Experte oder nun als Berliner Aufsichtsrat, waren nicht von Erfolg gekrönt. Am Mittwoch erklärten die Fernsehsender Sky und Sport 1, den Ex-Profi nicht mehr einladen zu wollen. Seine verbale Entgleisung dürfte den endgültigen Abpfiff für Lehmann bedeuten.

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